In der heutigen Gründerwelt sind technische Co-Founder mehr denn je gefragt. Sie sind die treibende Kraft hinter der Umsetzung innovativer Ideen, entwickeln Software, implementieren komplexe Lösungen und schaffen die Plattform, auf der das gesamte Geschäftsmodell beruht. Doch während die technische Arbeit von entscheidender Bedeutung ist, zeigt eine immer wieder auftretende Problematik: Nicht selten erhalten technische Mitgründer nur einen Bruchteil der Anteile am Startup, oft im einstelligen Prozentbereich – obwohl sie das Projekt von Grund auf aufgebaut haben. Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht dieses Missverhältnis eindrücklich und bietet wertvolle Erkenntnisse für angehende Gründer und Technikexperten zugleich. Ein technischer Co-Gründer investierte mehr als sieben Monate seines Lebens, baute ein Startup von der Pike auf – von Backend bis Frontend, von Authentifizierungssystemen bis UI/UX, von Hosting bis zu Integrationen.
Alles, was bis zu diesem Zeitpunkt nur eine vage Idee und einige veraltete Konzeptzeichnungen waren, entstand durch seine Hände zu einem funktionierenden Produkt. Dazu zahlte er aus eigener Tasche für notwendige Tools und holte sogar einen weiteren Entwickler hinzu, um sich auf die wesentlichen Kernfunktionen konzentrieren zu können. Trotz dieser immensen Leistungen und persönlichen Investitionen erhielt er bei der offiziellen Gründung nur das Angebot, zwischen zwei Optionen zu wählen: Zwei Prozent Beteiligung mit möglicher Kostenerstattung später oder vier Prozent ohne Kostenerstattung und ohne eine Mitgründerbezeichnung. Diese Situation wirft in mehrfacher Hinsicht Fragen auf: Wie kommt es, dass ein solch zentraler Akteur der technischen Seite für seine Arbeit kaum angemessen beteiligt wird? Warum wird die wesentliche Leistung des Aufbaus eines Startups oft gering bewertet? Und was bedeutet das für die Dynamik zwischen Mitgründern? Die eine Antwort liegt in der Rolle und Wahrnehmung technischer Arbeit in Startups. Häufig tendieren Gründer ohne technischen Hintergrund dazu, den Wert technischer Leistung zu unterschätzen.
Ideen allein gelten manchmal als der Hauptwert des Unternehmens, während die Umsetzung als sekundär betrachtet wird. Doch die Realität sieht anders aus: Ideen sind oft leicht ersetzbar und verlieren ihren Wert, wenn niemand fähig ist, sie in ein funktionierendes Produkt zu verwandeln. Der technische Mitgründer ist daher Herz und Motor eines jeden technologiegetriebenen Startups. Ein weiterer Aspekt ist die unklare oder fehlende Vereinbarung zu Beginn der Zusammenarbeit. Häufig liegt der Grundsatz zugrunde, man wolle alles offen und harmonisch regeln ohne sofort zu förmlichen Verträgen zu greifen.
Dies klingt zwar menschlich und vertrauensvoll, kann jedoch vor allem ohne klare Dokumentation und rechtliche Absicherung zum Nachteil der engagierteren Partei werden. Die Folge sind Streitigkeiten über Anteile, die Anerkennung von Arbeit und Fragen der Haftung, die oft erst dann transparent werden, wenn es zu spät ist. Auch ist das Thema Investition und Risiko entscheidend. In dem geschilderten Fall zahlte der technische Mitgründer selbst für Tools und Ressourcen, während der nicht-technische Gründer keinerlei finanzielle Mittel einbrachte. Dies führte letztlich zu einem Ungleichgewicht, das sich in der Verteilung der Unternehmensanteile nicht widerspiegelte.
Dass der andere Gründer zudem wegen sozialrechtlicher Beschränkungen kein Einkommen beziehen wollte, erklärt zwar die finanzielle Zurückhaltung, rechtfertigt aber keinen Mangel an gemeinsamer Verantwortung oder zumindest einer fairen Kompensation. Die Bereitschaft, persönliche Mittel und Zeit in ein Projekt zu stecken, sollte sich nach Möglichkeit in einem gerechten Anteil widerspiegeln. Ein weiterer Problempunkt war das frühe Marketing und öffentliche Auftreten: Ohne eine eigens gegründete Gesellschaft und ohne Produktstart wurde der Firmenname bereits bei Fundraising-Events und in Marketingmaterialien verwendet – obwohl dies im Widerspruch zu der noch ungesicherten rechtlichen und produktbezogenen Situation stand. Dies zeigt eine gewisse Maßlosigkeit oder Ungeduld, die nicht mit einer geordneten Geschäftsgründung zusammenpasste. Nachdem dem technischen Mitgründer klar wurde, dass sein immenses Engagement nicht adäquat honoriert wird und seine Beteiligung auf ein Minimalmaß reduziert werden soll, entschied er sich, aus dem Projekt auszusteigen.
Er behielt den von ihm erstellten Code und die geistigen Eigentumsrechte für sich, zu denen der andere Gründer keinen Zugang hatte. Diese Entscheidung war nachvollziehbar und zeigte, wie wichtig eine klare Aufteilung der Rechte und Pflichten bei Unternehmensgründungen ist. Besonders eindrücklich war der Vergleich mit einem anderen Gründerpaar aus seinem sozialen Umfeld, das eine ähnliche Idee verfolgte, jedoch mit anderen Prioritäten und Herangehensweisen. Diese Gründer investierten Zeit und persönlichen Komfort, indem sie etwa Zweitjobs annahmen, um die Entwicklung und den Betrieb der Software zu finanzieren. Parallel dazu implementierten sie bezahlte Lösungen wie Stripe zur Zahlungsabwicklung und unterstützten ihre Entwickler aktiv mit internen Dokumentationen und einem organisierten Ansatz.
Dies führte zu einem deutlich größeren Erfolg, schnelleren Fortschritten und mehr Aufmerksamkeit von potenziellen Nutzern. Aus diesen Beobachtungen ergeben sich wichtige Lektionen für Technikexperten in Startups: Vertrauen allein reicht nicht. Trotz persönlicher Sympathie und dem Glauben an eine gemeinsame Vision ist es essenziell, frühzeitig klare Vereinbarungen zu treffen, die den Beitrag, die Risiken und die Rechte jedes Partners definieren. Selbst wenn das Budget für professionelle Beratung begrenzt ist, können kostenlose oder kostengünstige Vertragsvorlagen online genutzt werden, um zumindest grundlegende Absprachen schriftlich festzuhalten. Partnerschaften basieren auf Gegenseitigkeit.
Während technische Gründer oft die Hauptlast der Produktentwicklung tragen, ist es ebenso notwendig, dass andere Partner sich auf finanzielle oder operative Aufgaben konzentrieren und aktiv zum Fortschritt beitragen. Wenn eine Seite überwiegend Aufwand bringt, während die andere Seite minimalen Beitrag leistet und sich finanziell zurückhält, besteht auf Dauer die Gefahr, dass das Gleichgewicht kippt und Konflikte vorprogrammiert sind. Richtiges Vetting von Mitgründern ist ein weiterer Schlüssel zum Erfolg. Es empfiehlt sich, die Motivation, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit potenzieller Partner genau zu prüfen. Das bedeutet auch kleine Aufgaben und Verantwortungen frühzeitig abzustimmen und auf Einhaltung zu achten.
So entsteht Vertrauen auf Basis von bewiesener Leistung und nicht nur auf unverbindlichen Versprechen. Auch wenn formelle Verträge nicht immer angenehm erscheinen und schnell als hinderlich oder misstrauisch interpretiert werden können, verhindern sie oftmals spätere Streitigkeiten und sind ein Zeichen von Professionalität. Ein gut dokumentiertes Gründerabkommen schafft Klarheit, definiert Verantwortlichkeiten und schützt beide Seiten. Die Rolle des technischen Mitgründers ist unverzichtbar für den Erfolg technologiebasierter Startups. Allerdings ist es ebenso wichtig, sich fair entlohnen zu lassen und rechtlich abzusichern.
Die Erfahrungen von technischen Experten zeigen, dass Engagement und Expertise nicht automatisch in anteilsmäßiger Beteiligung resultieren. Frühzeitige, offene Kommunikation, professionelle Dokumentation und das aktive Sicherstellen gegenseitiger Beiträge sind die Grundpfeiler für nachhaltige Gründerpartnerschaften. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Technikbegeisterte, die als Mitgründer einsteigen wollen, wachsam sein sollten und nicht nur das Produkt, sondern auch die Rahmenbedingungen von Anfang an kritisch prüfen müssen. Es ist verlockend, Vertrauen und Idealismus Vorrang vor formellen Absprachen zu geben, doch die Realität bestätigt immer wieder: Generosität ohne Grenzen kann ausgenutzt werden. Um langfristig erfolgreich zu sein und fair behandelt zu werden, empfiehlt es sich, Gegenleistung, Vereinbarungen und ein gemeinsames Verständnis als Basis jeder Zusammenarbeit zu etablieren.
Die Geschichte eines technischen Mitgründers mit nur 4 % Beteiligung ist keine Einzelfallanekdote, sondern eine Mahnung, wie wertvoll eine ausgewogene und klare Partnerdynamik im Startup ist. Die harte Realität schützt nicht nur vor Enttäuschungen, sondern fördert auch das Wachstum solider und vertrauensvoller Unternehmen, in denen Innovation und Fairness Hand in Hand gehen.