Die jüngste Entwicklung in der amerikanischen Politik könnte den Umgang mit Stablecoins grundlegend verändern. Das US-Repräsentantenhaus hat mit dem STABLE Act einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der erstmals einen klaren regulatorischen Rahmen für Stablecoins schaffen will. Stablecoins sind digitale Währungen, die meist an traditionelle Fiat-Währungen wie den US-Dollar gekoppelt sind und deshalb einen stabilen Wert aufweisen sollen. Ihre wachsende Verbreitung in der Kryptoökonomie sowie ihre zunehmende Bedeutung im Zahlungsverkehr haben in den letzten Jahren zu immer lauteren Forderungen nach Regulierung geführt. Der STABLE Act ist ein Ergebnis dieser politischen Bemühungen und signalisiert, dass Washington den Bereich der digitalen Vermögenswerte stärker in den Blick nehmen will.
Das Gesetz, dessen vollständiger Name „Stablecoin Transparency and Accountability for a Better Ledger Economy Act“ lautet, wurde mit einer Mehrheit von 32 zu 17 Stimmen vom Ausschuss für Finanzdienstleistungen des US-Repräsentantenhauses angenommen. Dabei zeigte sich insbesondere eine parteiübergreifende Unterstützung, wenngleich die Mehrheit der Befürworter aus dem republikanischen Lager stammt. Der Entwurf wurde maßgeblich von den Ausschussvorsitzenden French Hill und Bryan Steil eingebracht und soll für mehr Transparenz und Verantwortlichkeit bei Stablecoin-Ausgebern sorgen. Ein zentrales Anliegen des STABLE Act ist es, die Herausgeber von Stablecoins zur Offenlegung genauer Informationen zu ihrem Geschäft, den eingesetzten Reserven und den Sicherheiten zu verpflichten. Dies soll Vertrauen in die Stabilität und Sicherheit dieser digitalen Währungen schaffen und Risiken für Verbraucher und Investoren minimieren.
Viele Stablecoins sind im vergangenen Jahrzehnt rapide gewachsen, werden aber bislang nur unzureichend reguliert. Die anhaltenden Ängste vor mangelnder Deckung, plötzlichen Wertverlusten oder mangelnder Liquidität wurden durch Fälle wie den Zusammenbruch einiger weniger Stablecoins in der Vergangenheit verstärkt. Die Opposition gegen den Gesetzesentwurf kommt vor allem aus den Reihen der Demokraten, wobei führende Figuren wie Maxine Waters schwere Bedenken äußern. Kritiker argumentieren, dass der STABLE Act eine gefährliche Weichenstellung ermögliche, die speziell auf die Interessen bestimmter Akteure zugeschnitten sei. So befürchten einige, dass etwa Mitglieder der Trump-Familie durch ihre Stablecoin-Initiativen profitieren könnten, da das Gesetz potenziell deren Produkt, den World Liberty Financial USD (USD1), begünstigen könnte.
Diese politische Kontroverse unterstreicht, wie sehr das Thema Stablecoins in der US-Politik inzwischen mit wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen verknüpft ist. Interessant ist auch, dass der STABLE Act nicht das einzige regulative Vorhaben im Kongress ist. Parallel läuft die Diskussion um den sogenannten GENIUS Act (Guiding and Establishing National Innovation for US Stablecoins), der weitere Vorschriften zur Aufsicht und zur Sicherstellung von Reserven bei Stablecoin-Anbietern festlegt. Während der STABLE Act bereits vom Repräsentantenhaus verabschiedet wurde, befindet sich der GENIUS Act im US-Senat und hat dort ebenfalls eine breite Unterstützung gefunden. Die beiden Gesetzentwürfe weisen noch Unterschiede auf, doch es wird erwartet, dass im Verlauf der Beratungen ein Angleichungsprozess stattfinden wird, um eine einheitliche Gesetzgebung zu ermöglichen.
Die Hintergründe für diese parallele Gesetzgebung sind vielfältig. Zum einen beabsichtigen die Gesetzgeber, durch eine Kombination verschiedener Initiativen eine umfassende und belastbare Regulierung zu schaffen, die sowohl Innovationen fördert als auch Risiken eindämmt. Zum anderen soll eine politische Konfrontation zwischen den Parteien vermieden werden, weshalb man versucht, die beiden Maßnahmen möglichst aufeinander abzustimmen und Doppelarbeit zu vermeiden. Sollte dies gelingen, wäre der STABLE Act zusammen mit dem GENIUS Act ein historisches Paket, das klare Rahmenbedingungen für Stablecoins in den USA schafft. Stablecoins können im Finanzsystem enorme Vorteile bieten.
Als digitale, an Fiat-Währungen gekoppelte Token ermöglichen sie schnelle, kostengünstige und grenzüberschreitende Transaktionen ohne erhebliche Volatilität. Aus diesem Grund interessieren sich nicht nur Privatpersonen und Unternehmen für sie, sondern auch staatliche Behörden. So wird berichtet, dass das US-Wohnungsministerium Ideen zum Einsatz von Stablecoins bei der Verwaltung sozialer Wohnprogramme prüft, was ein Indiz für das wachsende Vertrauen in diese Form von digitalen Zahlungsmitteln ist. Gleichzeitig mahnen Kritiker und Experten, dass eine fehlende Regulierung zu systemischen Risiken führen könnte, etwa wenn eine plötzliche Zahlungsunfähigkeit eines großen Stablecoin-Anbieters zu Dominoeffekten im Finanzmarkt führt. Die jüngsten Marktturbulenzen im Kryptosektor haben gezeigt, wie volatil und fragil manche Projekte sind.
Daher wünschen sich viele Marktteilnehmer eine klare gesetzliche Grundlage, die Sicherheit schafft und mögliche Betrugs- und Missbrauchsrisiken bekämpft. Die Rolle großer Stablecoin-Herausgeber wie Tether bei der Entwicklung des Gesetzes ist ebenfalls bemerkenswert. Berichten zufolge soll Tether als weltweit führender Stablecoin-Anbieter beratend am STABLE Act mitgewirkt haben. Dies kann als Versuch gedeutet werden, die eigenen Geschäfte besser in einen regulierten Rahmen einzubetten und gegenüber Wettbewerbern Vorteile zu sichern. Die Kooperation großer Player mit Gesetzgebern könnte dazu beitragen, praktikable Lösungen zu finden, die Marktinnovation nicht ersticken, aber gleichzeitig Verbraucher schützen.
Aus Sicht der Anleger ist der STABLE Act ein Zeichen für zunehmende Reife und Integration der Kryptowelt in das traditionelle Finanzsystem. Die klare rechtliche Einordnung von Stablecoins könnte zu einer stärkeren Akzeptanz führen und mehr institutionelle Investoren anziehen. Ebenso profitieren Endverbraucher von höheren Sicherheitsstandards und verbesserter Transparenz. Allerdings bleibt abzuwarten, wie genau die endgültige Gesetzgebung im Detail aussehen wird und wie die Umsetzung in der Praxis gelingt. Kritiker warnen, dass zu starke Regulierungen Innovationen hemmen oder den Markt zugunsten großer Unternehmen verzerren könnten.
Eine ausgewogene Regulierung muss daher den Spagat zwischen Kontrolle und Freiheit meistern. Die nächsten Monate werden entscheidend sein, wenn der STABLE Act im gesamten Repräsentantenhaus diskutiert wird und der GENIUS Act im Senat seine weiteren Schritte nimmt. Zudem ist mit Lobbyarbeit und politischen Verhandlungen zu rechnen, die die finale Fassung der Gesetze beeinflussen könnten. Abschließend ist zu sagen, dass der STABLE Act eine bedeutende Entwicklung im regulatorischen Umgang mit Stablecoins darstellt. Er ist Teil eines breiteren Trends, Kryptowährungen nicht mehr als rein digitale Nischenprodukte zu betrachten, sondern als integrale Bestandteile des modernen Finanzwesens.