Im Mai 2025 berichtet Bloomberg News, dass Shell Plc aktuell die mögliche Übernahme seines Konkurrenten BP Plc prüft. Diese Überlegungen werden durch zehn Insiderquellen und Berater gestützt, die Shell bei der Bewertung der Übernahmestrategie unterstützen. Die Analyse erfolgt vor dem Hintergrund der aktuellen Höhen und Tiefen an den Aktienmärkten und den Schwankungen der Ölpreise. Shell wartet demnach noch auf weitere Kursrückgänge von BP-Aktien und Ölpreisen, bevor eine endgültige Entscheidung über ein Angebot getroffen wird. Die Gespräche befinden sich in einer frühen Phase, dennoch zeigt das Interesse von Shell die tiefgreifenden Veränderungen und Herausforderungen, die derzeit die globale Energiebranche prägen.
Historisch standen BP und Shell lange Zeit nahezu gleichberechtigt in puncto Unternehmensgröße und Marktkapitalisierung. In den letzten Jahren jedoch hat Shell seine Marktposition deutlich ausgebaut und übertrifft BP inzwischen um das Doppelte. Mit einem geschätzten Marktwert von rund 149 Milliarden Pfund notiert Shell als einer der dominierenden Player der Branche. Diese Größenordnung verleiht Shell strategische Vorteile, doch zugleich sind damit auch komplexe Herausforderungen verbunden, insbesondere bei potenziellen Fusionen oder Übernahmen mit einem so bedeutenden Wettbewerber wie BP. Shells Chef Wael Sawan äußerte gegenüber der Financial Times, dass er momentan eine Aktienrückkaufstrategie gegenüber einer Übernahme von BP bevorzugt.
Diese Rückkaufprogramme signalisieren den Aktionären Vertrauen in das eigene Unternehmen und bieten eine direkte Möglichkeit, den Unternehmenswert durch die Reduktion der ausgegebenen Aktien zu erhöhen. In einer Telefonkonferenz zu den jüngsten Quartalsergebnissen verdeutlichte Sawan ebenso, dass Shell sich noch nicht in der Position sieht, eine große Akquisition zu tätigen, da noch „Hausaufgaben“ zu erledigen seien. Dies impliziert, dass vor einem größeren Schritt wie einer Übernahme interne Strukturen weiter optimiert und Risiken minimiert werden müssen. Eine Übernahme von BP durch Shell hätte weitreichende Implikationen für den globalen Energiemarkt. Die Fusion zweier Giganten würde Shell zur einem der größten Energieproduzenten weltweit machen, vergleichbar mit ExxonMobil und Chevron.
Große Energiemultis können ihre Marktmacht strategisch nutzen, um Marktpreise mitzugestalten, Investitionen in erneuerbare Energien zu forcieren und weltweite Energienetzwerke neu zu strukturieren. Andererseits würde eine solche Fusion erhebliche regulatorische Prüfungen nach sich ziehen, vor allem innerhalb der EU und anderer regionaler Aufsichtsbehörden, die wettbewerbsrechtliche Bedenken äußern könnten. Neben den strategischen Überlegungen floriert Shells Geschäft im ersten Quartal 2025: Das Unternehmen meldete überzeugende Ergebnisse, die die Gewinnprognosen übertrafen. Zur Unterstützung der Aktionäre kündigte Shell einen Aktienrückkauf in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar an. Dieses starke finanzielle Fundament bietet Shell die Flexibilität, neben der Kaufoption von BP auch kleinere gezielte Zukäufe (sogenannte Bolt-on-Akquisitionen) zu tätigen, die das Portfolio komplementär ergänzen.
Interessant ist auch die mögliche Rolle, die BP in einer solchen Übernahme spielen könnte. Shell arbeitet nach eigenen Angaben auch darauf hin, vorbereitet zu sein, falls BP oder ein anderer potenzieller Käufer einen ersten Schritt unternehmen würde. Dies bedeutet, dass Shell nicht nur über die eigene Strategie entscheidet, sondern auch vorausschauend ihre Position stärkt, um auf Marktbewegungen flexibel zu reagieren. BP selbst erlebt gegenwärtig eine Phase deutlicher Umstrukturierung. Unter der Leitung von CEO Murray Auchincloss hat BP angekündigt, Vermögenswerte im Wert von 20 Milliarden US-Dollar bis 2027 zu veräußern und Sparmaßnahmen umzusetzen.
Die Zurücknahme von Investitionen und Rückkäufe von Aktien sollen das Vertrauen der Anleger stärken. Zudem erfolgte kürzlich der Rücktritt des Strategiechefs, ein Schritt, der als Reaktion auf Forderungen eines aktivistischen Investors namens Elliott Investment Management zu sehen ist. Dieser Investor drängt auf eine verbesserte Kapitalrendite und fordert noch rigorosere Kosteneinsparungen und mehr freien Cashflow. Die potenzielle Übernahme von BP durch Shell zeigt exemplarisch die Herausforderungen der traditionellen Öl- und Gasindustrie in Zeiten des globalen Wandels. Der Druck auf Unternehmen dieser Branche, nachhaltiger und kosteneffizienter zu werden, wächst kontinuierlich.
Fusionen und Übernahmen sind deshalb nicht nur Mittel zur Expansion, sondern auch Antworten auf die Anforderungen von Marktvolatilität, regulatorischen Auflagen und dem Trend zu grüner Energie. Insgesamt zeichnet sich ab, dass Shell mit der sorgfältigen Evaluation einer möglichen Übernahme von BP eine wichtige Weichenstellung vornimmt. Das Unternehmen wägt ab, wie sich Synergien realisieren lassen, ohne dabei die eigene finanzielle Stabilität zu gefährden. Die Entscheidung hängt von externen Faktoren ab, insbesondere von der Entwicklung der Aktienkurse und politischen Rahmenbedingungen. Analysten und Branchenbeobachter werden die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen, da eine Gigantfusion den Energiemarkt langfristig beeinflussen könnte.