In der Welt der eingebetteten Systeme und Mikrocomputing-Technologien ist Innovation oft eng mit Miniaturisierung und Kosteneffizienz verbunden. Die Idee, einen voll funktionsfähigen Linux-Computer in die Größe einer Visitenkarte zu packen, klingt zunächst wie ein spannendes, aber kaum umsetzbares Projekt. Doch der Embedded Systems Ingenieur George Hilliard hat genau dies realisiert und 2019 die faszinierende Schöpfung eines Business-Card-Computers vorgestellt, der mit Linux läuft. Dieses kleine Wunderwerk bietet neben einem verblüffend geringen Preis von unter drei US-Dollar eine bemerkenswerte Leistung und öffnet Türen zu neuen Anwendungsmöglichkeiten im Bereich kostengünstiger, portabler Linux-Systeme.Der Ansatz, einen Computer in Form einer handelsüblichen Visitenkarte zu bauen, stellt eine immense technische Herausforderung dar.
Die Wahl eines passenden Prozessors mit genügend Leistung und zugleich reduzierten Kosten war für George Hilliard von ausschlaggebender Bedeutung. Nach intensiver Recherche fiel die Wahl auf den Allwinner F1C100s, einen kosteneffizienten ARM-Prozessor, der CPU und RAM in einem einzelnen Chip vereint. Dieser Chip ist dafür bekannt, Linux-fähig zu sein und passt durch seine schmale Bauweise ideal auf ein sehr kleines Leiterplattenformat.Die Herstellung der Platine erfolgte über den Service JLCPCB, der im Hobby- und Prototypenbereich mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt. Zehn Stück der Karten waren für rund acht US-Dollar zu bekommen – eine preiswerte Grundlage für den Bau der Linux-Visitenkarte.
Besonderes Augenmerk legte Hilliard auf die ganzheitliche Produktion, das heißt, neben dem Design auch die Beschaffung von Bausteinen wurde sorgfältig optimiert, um den Preis unter drei Dollar zu halten. Das sorgte auch für eine nachhaltige und einfache Produktion, was sich vor allem bei der Hobbyentwicklung bewährt.Das eigentliche Herzstück des Systems ist die Firmware, die von Grund auf mit Buildroot erstellt wurde. Buildroot ist eine flexible Open-Source-Plattform, die schlanke Linux-Distributionen für eingebettete Systeme erstellt, wodurch es möglich wird, nur notwendige Komponenten zu integrieren und damit den Speicherbedarf erheblich zu reduzieren. Trotz der eingeschränkten Hardwarekapazitäten konnte Hilliard alle essenziellen Funktionen erfolgreich implementieren – einschließlich eines Bootvorgangs, der etwa sechs Sekunden dauert.
Der Speicher ist mit einer acht Megabyte großen Flash-Speicherlösung umgesetzt, die ebenfalls preisgünstig und platzsparend ist. Interessant ist, dass das gesamte System, inklusive Kernel, Bootloader und Root-Dateisystem, gerade einmal knapp 4,2 Megabyte benötigt. Auf diese Weise bleibt noch ausreichend Platz für den USB-Speicherbereich, der beim Anschluss an einen anderen Rechner wie ein herkömmlicher USB-Stick erscheint.Der USB-Anschluss ist mehr als nur ein physisches Interface: Dank der USB-Gadget-Funktionalität von Linux lässt sich der Mini-Computer als mehrere virtuelle Geräte gleichzeitig präsentieren. So wird neben einem virtuellen seriellen Terminal ein emulierter Flash-Speicher bereitgestellt, über den Nutzer auf eine enthaltene README-Datei, das digitale Resümee von Hilliard sowie ausgewählte Fotografien zugreifen können.
Dieses Zusammenspiel von Funktionen macht das Gerät sowohl interaktiv als auch personalisiert nutzbar.Eine weitere Besonderheit ist die Shell, die über den virtuellen seriellen Port zugänglich ist. Dort finden sich unter anderem klassische Unix-Spiele wie Rogue, Freude an einfachen Unterhaltungstiteln wie 2048 sowie ein MicroPython-Interpreter, der Programmierenthusiasten die Möglichkeit gibt, direkt auf der Visitenkarte Skripte zu erstellen und auszuführen. Das ist nicht nur spielerisch, sondern bietet auch eine wertvolle Plattform zum Experimentieren und Lernen im Bereich Embedded Linux.Die Hardware-Konstruktion erforderte viel Präzision und Sorgfalt.
Dank moderner Fertigungs- und Montagetechniken wie Reflow-Löten und dem Einsatz von selbst hergestellten Lötpasten-Schablonen auf Basis von Laser-Cut-Prozessen, konnte Hilliard die winzigen Bauteile in einer standardisierten Weise platzieren und löten – trotz der winzigen Gehäusegröße konnten so zuverlässige Verbindungen geschaffen werden. Der geringe Platzbedarf zwang zur Minimierung der Komponentenanzahl, die handliche Größe wurde trotz alledem nicht zum Hindernis für die Funktionalität.Neben der Entwicklung des Hardware-Designs und der Firmware hat Hilliard die Quellcodes für Buildroot-Konfigurationen, Linux-Kernel-Portierungen und U-Boot-Bootloader öffentlich gemacht und auf GitHub bereitgestellt. Damit stellt er nicht nur sein fertiges Produkt vor, sondern offeriert eine umfassende Grundlage für Entwickler und Hobbyisten, die ihr eigenes Projekt basierend auf der außergewöhnlichen F1C100s-Plattform realisieren wollen. Offenheit und Community-Support spielen somit eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Weiterentwicklung dieser innovativen Idee.
Trotz ihrer reduzierten Hardware bleibt die Business-Card mit Linux ein beeindruckendes Demonstrationsstück dafür, wie viel in wenigen Quadratzentimetern stecken kann. Die beschränkte Größe fordert einen effizienten Umgang mit Ressourcen, der wiederum den kreativen Softwareeinsatz fördert. Diese Miniaturisierung könnte eine neue Ära kleiner Embedded-Systeme einläuten, welche unter anderem in Bildung, Demonstrationen, marketingorientierten Werbegeschenken oder sogar in spezialisierten Industrieanwendungen eingesetzt werden können, in denen es auf Ultra-Kompaktheit ankommt.Darüber hinaus bietet das Projekt Gelegenheit, grundlegende Prinzipien rund um Embedded Linux zu erlernen und einen realen Einblick in die Herausforderungen der Hardware-Fertigung, der Treiber-Integration und der Software-Optimierung zu gewinnen. Für jeden, der sich mit Mikrocontrollern beschäftigt, ist dies eine perfekte Verbindung zwischen Low-Level-Systementwicklung und hochfunktionalem Betriebssystemeinsatz.
Die Technik zeigt auch, dass es zunehmend möglich ist, Linux-basierte Systeme nicht nur für Server oder Desktop-Anwendungen einzusetzen, sondern ebenso für kleinste, portable Systeme, die man problemlos überallhin mitnehmen kann. Das eröffnet eine völlig neue Kategorie von Gadgets, die dabei helfen, Linux und offene Software noch weiter zu verbreiten.Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Skalierbarkeit und Anpassbarkeit des Designs. Interessierte Entwickler können das vorhandene Design als Ausgangspunkt für eigene Projekte nutzen, die bestimmte Funktionalitäten hinzufügen oder modifizieren, etwa den Einbau eines kleinen Bildschirms, zusätzlichen Sensoren oder anderer Schnittstellen. Gerade bei so niedrigem Preis erlauben sich Unternehmen innovative Experimente und Produkte, ohne großes finanzielles Risiko.