In der heutigen digitalen Ära erlebt die Musikindustrie eine fundamentale Transformation, bei der innovative Technologien wie NFTs (Non-Fungible Tokens) das Potenzial haben, Künstlern völlig neue Einnahmequellen zu eröffnen. Eine faszinierende, aber auch lehrreiche Geschichte liefert der Musiker Jonathan Mann, der mit seinen NFT-Verkäufen auf den ersten Blick enormes Glück hatte, auf den zweiten Blick jedoch bittere Konsequenzen tragen musste. Jonathan Mann ist kein gewöhnlicher Musiker. Bekannt geworden durch sein „Song A Day“-Projekt, bei dem er jeden Tag ein neues Lied schreibt, fand er mit Blockchain-Technologie und NFTs einen Weg, seine Geschwindigkeit und Kreativität monetär zu verwerten. Anfang 2022 entschied sich Mann, die komplette Sammlung seiner 3.
700 Songs als NFTs zu verkaufen. Dabei setzte er einen Preis von 800 US-Dollar pro Song an, wodurch sich ein Gesamtumsatz von etwa 3 Millionen US-Dollar ergab – alle Einnahmen wurden in der Kryptowährung Ether (ETH) ausgezahlt. Die Idee, einer der Pioniere im Musik-NFT-Bereich zu sein, war für Mann sowohl finanziell als auch kreativ verlockend. Die modernen digitalen Assets erlauben es Künstlern, Werke direkt an Fans zu verkaufen, ohne die traditionellen, oft komplizierten Verwertungsketten in der Musikindustrie. Doch hinter dem anfänglichen Erfolg verbargen sich Risiken, die vielen noch unbekannt sind.
Ein zentrales Problem in Manns Geschichte war die Handhabung der steuerlichen Verpflichtungen in Verbindung mit den Kryptowährungen. In den USA, wie auch in vielen Ländern weltweit, betrachtet die Steuerbehörde (IRS) eingehende Kryptowährungen als steuerpflichtiges Einkommen. Das bedeutet, dass der Wert, der zum Zeitpunkt des Erhalts der Kryptowährung zugrunde lag, als Einkommen zu versteuern ist, selbst wenn der Wert des digitalen Assets innerhalb kurzer Zeit danach drastisch sinkt – was bei der volatilen Natur von Kryptowährungen keine Seltenheit ist. Mann und seine Ehefrau hatten ursprünglich keinen festen Plan, wie sie mit den erworbenen ETH umgehen sollten. Sie entschieden sich dafür, das Ether zu halten, in der Hoffnung, dass der Wert steigt.
Diese Strategie erwies sich jedoch als fatal, als der Kryptomarkt im Januar 2022 eine starke Abwärtsbewegung erlebte – insbesondere verstärkt durch die katastrophale Terra-Ökosystem-Krise, die eine Kettenreaktion in vielen Bereichen des DeFi-Sektors auslöste. Während der Wert von Ethereums Preis sank, blieb die Steuerlast für Mann unverändert hoch, da sie sich auf den ursprünglichen Betrag von etwa 3 Millionen Dollar bezog. Eine noch kompliziertere Situation entstand, als Mann via Aave, einem führenden DeFi-Kreditprotokoll, ein Darlehen aufnahm, das durch seine ETH als Sicherheit besichert war. Die Marktcrash führte nicht nur zum Wertverlust der Währung, sondern auch zur Liquidation seines Kredits – in diesem Moment verlor Mann auf einen Schlag 300 ETH, was einem erheblichen finanziellen Verlust entsprach. Das Drama wurde dadurch verschärft, dass Mann trotz der Verluste weiterhin eine Steuerforderung von über einer Million Dollar begleichen musste.
Das führte zu einer finanziellen Belastung, die nicht nur ihn persönlich, sondern die gesamte Familie traf und die Gefahr von Pfändungen oder dem Verlust wichtiger Vermögenswerte wie der Altersvorsorge der Ehefrau beinhalte. In einem verzweifelten Versuch, dieser steuerlichen Ausnahmesituation zu entgehen, wandte sich Mann an den Verkauf eines besonders wertvollen NFTs, einer sogenannten Autoglyph. Dieser seltene, aus den Frühzeiten des NFT-Marktes stammende digitale Token, galt als sehr wertvoll. Mann versuchte zunächst, das Kunstwerk über die Social-Media-Plattform X zu verkaufen, wobei der Versuch anfangs wenig erfolgreich war. Dank eines Brokers fand er jedoch schließlich einen Käufer bereit, für die Autoglyph etwa 1,1 Millionen Dollar zu bezahlen.
Der Verkaufspreis deckte exakt die geforderte Steuerzahlung ab. Besonders bemerkenswert war, dass aufgrund der vorherigen Verluste im Aave-Darlehen Mann auf den Autoglyph-Verkauf keine zusätzlichen Kapitalertragsteuern zahlen musste, was den finanziellen Gesamtschaden etwas milderte. Dennoch beschreibt Mann diese Phase als bittersüßen Abschluss eines Kapitels, das von Hoffnungen, fehlender Vorbereitung und einem harten Erwachen geprägt war. Diese Geschichte illustriert eindrucksvoll sowohl die Chancen als auch die Risiken im Bereich von Kryptowährungen und NFT-Kunst. Einerseits bieten digitale Assets kreative neue Wege für Musiker und Künstler, Einkünfte zu generieren und ihre Werke direkt an Fans zu monetarisieren.
Andererseits erweisen sich die steuerlichen Rahmenbedingungen für viele noch als schwer durchschaubar und können zu erheblichen Haftungen führen. Dazu kommt die hohe Volatilität der Kryptomärkte, die unvorhersehbar Gewinne und Verluste innerhalb kürzester Zeit erzwingen kann. Selbst professionelle Künstler und Investoren, die mit einem Millionenumsatz rechnen, können unvorbereitet von regulatorischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen getroffen werden. Jonathan Mann ist trotz der schweren Phase weiterhin aktiv und schreibt täglich neue Songs, die er erneut als NFTs verkauft. Seine Hoffnungen, eines Tages erneut einen ähnlichen Erfolg zu erzielen, bleiben lebendig, doch die gemachten Erfahrungen haben sicher zu einem bewussteren und informierteren Umgang mit der eigenen digitalen Finanzwelt geführt.
Die Lehre aus Manns Geschichte ist somit mehrschichtig. Für Künstler zeigt sie die Notwendigkeit, sich nicht nur kreativ, sondern auch finanziell und rechtlich mit ihrem neuen Umfeld auseinanderzusetzen. Für Investoren und Steuerzahler betont sie die Bedeutung von Planung, Beratung und Vorsicht beim Umgang mit Kryptowährungen. Und abschließend liefert sie wichtige Impulse für Gesetzgeber und Finanzbehörden, die Anforderungen und Rahmenbedingungen immer wieder an die neue digitale Realität anzupassen. Nur so kann das volle Potenzial von NFTs und Kryptotechnologien als Teil des wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Wandels genutzt werden.
Die Musikbranche befindet sich in einem aufregenden Wandel, zugleich aber auch in einer Phase der Unsicherheit. Manns Geschichte steht exemplarisch für viele, die am Schnittpunkt von Technologie, Kunst und Finanzen stehen und verdeutlicht die komplexe Gemengelage aus Chancen und Herausforderungen. Sie zeigt aber auch, dass Bildung, Transparenz und eine klare steuerliche Regelung notwendig sind, um Künstler und Kreative bestmöglich zu schützen und innovative Geschäftsmodelle nachhaltig zu fördern.