Die fortschreitende Entwicklung künstlicher Intelligenz (KI) verändert den Arbeitsmarkt weltweit in einem bisher unbekannten Tempo und Ausmaß. Während viele Branchen von den Chancen dieser Technologien profitieren, weist eine kürzlich veröffentlichte Studie der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) darauf hin, dass die Auswirkungen von KI nicht für alle Beschäftigten gleich ausfallen. Besonders betroffen sind demnach Berufe, die traditionell von Frauen ausgeübt werden. Der Bericht zeigt, dass Jobs, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, in hohem Maße durch KI-Technologien transformiert oder verändert werden, deutlich mehr als typischerweise männliche Tätigkeiten. Diese Erkenntnis wirft wichtige Fragen zur Zukunft der Arbeit, Geschlechtergerechtigkeit und zum Umgang mit Automatisierung auf.
Die Analyse der ILO aus dem Jahr 2025 basiert auf umfangreichen Daten aus verschiedenen Wirtschaftsregionen, vor allem aus Hochlohnländern, wo digitale Innovationen und Automatisierungstechnologien besonders stark eingeführt werden. Die Studie verdeutlicht, dass rund 9,6 Prozent der weiblich dominierten Tätigkeiten durch KI transformiert werden könnten, während es bei männlich dominierten Berufen nur etwa 3,5 Prozent sind. Diese Unterschiede ergeben sich vor allem daraus, dass viele Frauen in Berufen arbeiten, deren Kernaufgaben stark auf administrative oder repetitive Verwaltungsaufgaben beruhen – genau die Tätigkeiten, bei denen KI besonders effizient eingesetzt werden kann. Vor allem klassische Sekretariats- und Bürotätigkeiten sind bedroht, da KI-gestützte Software administrativen Aufwand erheblich reduzieren kann. Automatisierte Terminplanung, digitale Assistenzsysteme oder intelligente Dokumentenerfassung sind nur einige Beispiele dafür, wie KI diese Bereiche verändert.
Doch die Gefahr erstreckt sich darüber hinaus auf weitere Branchen wie Medien, Softwareentwicklung und Finanzdienstleistungen, in denen generative KI sich zunehmend etabliert und menschliche Arbeitskraft ergänzt oder teilweise ersetzt. Diese Transformationen werfen die Frage auf, was die Rolle von Humanarbeit in Zukunft sein wird und wie Tätigkeiten neu definiert werden müssen. Die ILO betont jedoch auch, dass nicht von einer vollständigen Automatisierung ganzer Berufe die Rede sein kann. Vielmehr geht es darum, dass viele Aufgaben innerhalb eines Jobs durch KI übernommen werden können, während andere menschliche Fähigkeiten weiter notwendig bleiben. Das eröffnet einerseits Chancen, Arbeit produktiver und weniger belastend zu gestalten.
Andererseits steht die Digitalisierung auch für tiefgreifende Umbrüche, die neue Anforderungen an Qualifikationen und Weiterbildung stellen. Für Frauen bedeutet dies eine besondere Herausforderung, da viele der betroffenen Berufe mit vergleichsweise niedrigeren Einkommensniveaus verbunden sind und oftmals geringere Möglichkeiten für berufliche Weiterentwicklung bieten. Die steigende Bedeutung von KI wirft zudem eine wichtige gesellschaftspolitische Diskussion auf. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern am Arbeitsmarkt könnte sich durch technologische Umwälzungen weiter verstärken, wenn nicht angemessene Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Regierungen, Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen sind deshalb dazu aufgerufen, Strategien zu entwickeln, die wichtige Voraussetzungen für einen fairen digitalen Wandel schaffen.
Investitionen in Qualifizierung und Umschulung, der Ausbau von sozialen Sicherheitsnetzen sowie die Förderung von Branchen mit hohem Frauenanteil können dazu beitragen, negative Auswirkungen abzufedern. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Entwicklung von Zukunftskompetenzen. Digitale Fähigkeiten sind heute unerlässlich, um im veränderten Arbeitsumfeld bestehen zu können – unabhängig vom Geschlecht. Speziell für Frauen in von Automatisierung besonders stark betroffenen Bereichen sind gezielte Bildungsprogramme notwendig, um den Anschluss zu halten und neue Berufschancen zu eröffnen. Initiativen, die stereotype Rollenbilder in der Berufs- und Bildungswahl abbauen und die gesellschaftliche Wahrnehmung von Frauen in Zukunftstechnologien verbessern, sind dabei von großer Bedeutung.
Darüber hinaus spielt die Arbeitsorganisation eine entscheidende Rolle. Flexible Arbeitsmodelle, die Kreativität und soziale Kompetenzen fördern, können menschliche Arbeitskraft besser ergänzen als reine Routinetätigkeiten. Die Nutzung von KI zur Entlastung von mühsamen und repetitiven Aufgaben könnte somit auch zu einer Qualitätssteigerung der Arbeit führen – vorausgesetzt, es gelingt, die digitale Transformation sozial gerecht zu gestalten. Die ILO-Studie sieht die technologische Entwicklung also nicht pauschal als Bedrohung, sondern ruft dazu auf, KI als Chance für Produktivitätssteigerung und Verbesserung der Arbeitsqualität zu verstehen. Der Schlüssel liegt in der Art und Weise, wie technologische Innovationen implementiert und begleitet werden.
Gerade vor dem Hintergrund der globalen Transformation des Arbeitsmarktes bedarf es einer umfassenden Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure. Zusätzlich darf die psychologische und gesellschaftliche Dimension nicht außer Acht gelassen werden. Die Unsicherheit, die durch den potenziellen Arbeitsplatzverlust oder tiefgreifende Veränderungen im Arbeitsalltag entsteht, kann Stress und Ängste hervorrufen. Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung und Bewältigung solcher Herausforderungen müssen berücksichtigt werden, um effektive Unterstützungsformen zu entwickeln. Ein weiterer spannender Aspekt ist die Rolle von KI bei der Bekämpfung von Diskriminierung und zur Förderung von Chancengleichheit.
Wenn KI-Systeme verantwortungsvoll entwickelt und eingesetzt werden, können sie helfen, unbewusste Vorurteile zu minimieren und faire Entscheidungen bei Einstellungen, Beförderungen oder Gehaltsverhandlungen zu fördern. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten durch fehlerhafte oder voreingenommene Trainingsdaten verstärkt werden. Transparenz, ethische Standards und ständige Überprüfung von Algorithmen sind daher essenziell. Vor allem in Hochlohnländern, wo die Automatisierung besonders weit fortgeschritten ist, könnte die Verschiebung von Arbeitsplätzen weg von verwaltenden und routinemäßigen Tätigkeiten hin zu wissensintensiven und kreativen Jobs stattfinden. Dies stellt eine Chance dar, den Berufsfeldern eine neue Qualität zu geben, die besser zu aktuellen gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnissen passt.
Für Frauen würde das bedeuten, den Zugang zu Ausbildung und Karriere in zukunftsorientierten Branchen zu sichern und zu verbessern. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass die Anpassungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft von Gesellschaften, Unternehmen und Individuen entscheidend sein wird, um die Herausforderungen durch KI erfolgreich zu meistern. Die Arbeit wird sich weiter wandeln – sie wird digitaler, vernetzter und flexibler. Frauen und Männer müssen gleichermaßen befähigt werden, diesen Wandel aktiv mitzugestalten. Die Erkenntnisse der ILO-Studie zum Einfluss von KI auf Frauenarbeit im Vergleich zu Männerarbeit sollten daher als Weckruf verstanden werden.