Der Bergbau ist eine der wichtigsten Industrien weltweit, da er die Grundlage für viele Produkte und Technologien bildet, die unser tägliches Leben beeinflussen. Gleichzeitig entstehen dabei jedoch enorme Mengen an Nebenprodukten, sogenannten Tailings oder Bergbauabfällen. Diese stellen eine der größten Herausforderungen für die Branche dar, weil sie gefährliche Stoffe enthalten und oft über lange Zeiträume sicher gelagert werden müssen. Die Suche nach nachhaltigen und verantwortungsvollen Methoden im Umgang mit Tailings gewinnt daher zunehmend an Bedeutung, nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen. Die weltweite jährliche Produktion von Tailings wird auf etwa 14,5 Milliarden Tonnen geschätzt.
Diese riesige Menge ist so groß, dass sie nicht einfach „entsorgt“ werden kann. Stattdessen ist eine sichere Lagerung über Jahrzehnte oder sogar unbestimmte Zeiträume notwendig, was die Bergbauindustrie vor enorme logistische und technische Herausforderungen stellt. Simon Jowitt, der Direktor des Nevada Bureau of Mines and Geology, hebt hervor, wie kontrovers und komplex die Bewahrung und Verwaltung dieser Abfälle ist. Die Gefahr durch Tailings resultiert dabei nicht nur aus ihrer Masse, sondern vor allem aus ihrem oft toxischen Gehalt. Viele Tailings enthalten Schwermetalle, Chemikalien und andere Substanzen, die bei unsachgemäßer Behandlung Umweltgifte freisetzen können.
Unfälle mit Dämmen, die Tailings zurückhalten, haben in der Vergangenheit zu großen Umweltschäden und menschlichen Tragödien geführt. Die Gefahr reicht dabei von Verschmutzung von Gewässern über Bodenverunreinigung bis hin zu langfristigen Auswirkungen auf Ökosysteme und menschliche Gesundheit. Vor diesem Hintergrund stellen verantwortungsbewusstes Management und innovative Nutzungsmöglichkeiten von Tailings zentrale Aspekte der modernen Bergbauindustrie dar. Eine neue Denkweise in der Branche zielt darauf ab, Tailings nicht nur als Abfall zu betrachten, sondern als Ressource und Ausgangspunkt für neue Produkte. Hierbei spielt die Wiedergewinnung wertvoller Metalle aus den Abfällen eine wichtige Rolle.
Viele Tailings enthalten immer noch signifkante Mengen an Metallen wie Tellur oder anderen seltenen Rohstoffen, die bei der ursprünglichen Förderung noch nicht extrahiert wurden. Durch neue Technologien zur Rückgewinnung können diese Metalle nicht nur zur Deckung des Bedarfs beitragen, sondern auch die Umweltbelastung durch neuen Bergbau verringern. Darüber hinaus werden weltweit Projekte vorangetrieben, um Tailings für alternative Anwendungen zu nutzen. Ein vielversprechender Ansatz ist die Umwandlung von Tailings in Baumaterialien wie zum Beispiel Sandersatzstoffe. Dies trägt einerseits dazu bei, den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu reduzieren, und andererseits hilft es dabei, das Volumen der zu lagernden Tailings zu reduzieren.
Solche Prozessinnovationen eröffnen neue wirtschaftliche Chancen und tragen gleichzeitig zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung bei. Ein weiterer innovativer Anwendungsbereich betrifft die Nutzung von Tailings für die Kohlenstoffdioxidbindung. Bestimmte Mineralien in Tailings eignen sich dazu, CO2 dauerhaft zu binden, was einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Dieses Potenzial wird aktuell intensiv erforscht und könnte in Zukunft zu einem wichtigen Baustein für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft im Bergbau werden. Die internationale Bergbauindustrie stärkt auch ihre regulatorischen und standardisierten Rahmenwerke, um Risiken durch Tailings zu minimieren.
So hat der Internationale Bergbau- und Metallrat (ICMM) den Global Industry Standard on Tailings Management verabschiedet, der höchste Anforderungen an Sicherheit und Transparenz bei der Verwaltung von Tailings stellt. Die Implementierung dieser Standards wird von vielen Unternehmen aktiv vorangetrieben und führt zu kontinuierlichen Verbesserungen in der sicheren Lagerung und im Umgang mit Tailings. Gleichzeitig stellt die Reduzierung des anfallenden Tailingsvolumens eine ambitionierte Herausforderung dar, die ein integriertes Vorgehen entlang des gesamten Bergbauprozesses erfordert. Von der Förderung über die Verarbeitung bis zur Endlagerung müssen alle Schritte auf Effizienz und Nachhaltigkeit hin optimiert werden. Der 2022 veröffentlichte Tailings Reduction Roadmap des ICMM gibt der Branche strategische Orientierung, wie durch technologische Innovationen und veränderte Verfahren die Bildung von Reststoffen verringert und bereits bestehende Tailings wiederverwertet werden können.
Dabei rückt auch die Forschung in den Fokus, die Lösungen für die Wiederaufbereitung und alternative Nutzung von Bergbauabfällen weiterentwickelt. Sicherheitstechnisch ist die Industrie bestrebt, durch modernste Überwachungssysteme und Risikobewertungen Unfälle zuverlässig zu verhindern. Dies beinhaltet unter anderem die räumliche und strukturelle Überwachung von Tailingsdämmen, Frühwarnsysteme und gründliche Notfallpläne. Das erhöht nicht nur die Sicherheit der Arbeitenden und umliegender Gemeinden, sondern trägt auch zur Akzeptanz und Transparenz der Bergbauprojekte bei. Insgesamt zeigt sich eine deutliche Bewegung hin zu einem ganzheitlichen Management von Bergbauabfällen, das ökologische, ökonomische und soziale Aspekte verbindet.
Die Chancen, die Tailings als wiederverwertbare Ressource zu begreifen und risikominimierend zu behandeln, sind heute größer denn je. Dabei kommt es entscheidend auf Zusammenarbeit zwischen Politik, Industrie, Wissenschaft und Gesellschaft an, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. In Zukunft wird der verantwortungsbewusste Umgang mit Tailings maßgeblich dazu beitragen, dass der Bergbau seine Rohstoffversorgung sicherstellen kann, ohne irreversible Schäden für Umwelt und Menschen zu verursachen. Die neuen Ansätze schaffen es, das Problem Tailings nicht nur als Belastung, sondern als Chance für Innovation und nachhaltiges Wirtschaften zu definieren.