In einer Zeit, in der die digitale Welt immer stärker von Löschungen, Restriktionen und kommerziellen Interessen geprägt ist, hat das Phänomen des Datensammelns oder Data Hoarding eine neue Relevanz erlangt. Die Vorstellung, dass Informationen im Internet für immer zugänglich sind, entpuppt sich zunehmend als Illusion. Stattdessen zeigt sich, dass das Internet eine selektive Erinnerung besitzt und zahlreiche wertvolle Inhalte verlorengehen, wenn sie nicht rechtzeitig gesichert werden. Die digitale Ära hat zwar unglaubliche Möglichkeiten für den Zugang zu Wissen und Kultur eröffnet, doch mit der zunehmenden Zentralisierung von Plattformen und der Kommerzialisierung von Inhalten entsteht gleichzeitig eine riskante Abhängigkeit. Websites verschwinden, Plattformen ändern ihre Richtlinien oder werden abgeschaltet, und somit schrumpft der öffentliche Zugang zu vielen Arten von Inhalten.
Dieses Phänomen wirkt sich direkt auf den Bestand kultureller, wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Informationen aus. Die Fallbeispiele sind vielfältig und erschreckend: Der Dienst Vine, der einst Millionen von Nutzern begeisterte, ist 2017 abgeschaltet worden. Zwar existierten archivierte Versionen beliebter Videos auf anderen Plattformen, jedoch sind viele der einst hochgeladenen Clips für immer verloren. Ähnlich verhielt es sich mit Google+, zahlreichen Foren und Bildhosting-Diensten, die Inhalte entfernten oder Nutzerkonten deaktivierten. Diese Verluste reichen von persönlichen Erinnerungen bis hin zu wichtigen gesellschaftlichen Diskussionen, die in den Medien nicht mehr nachvollziehbar sind.
Ein besonderes Problem stellt die gezielte und oftmals politisch motivierte Löschung von Inhalten dar. Unter der aktuellen politischen Situation in den USA ist eine verstärkte Zerstörung von staatlich finanzierter Informationsdokumentation zu beobachten. Inhalte zu klima- und gesellschaftspolitisch sensiblen Themen wie Umweltschutz, Diversität oder LGBTQ+ wurden systematisch entfernt oder zensiert. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden eingeschränkt und verlieren Fördermittel, wenn sie bestimmte Schlagworte verwenden. Die Folgen dieser Maßnahmen wirken sich global auf die Verfügbarkeit von verlässlichen Daten aus.
Auch private Unternehmen tragen einen erheblichen Anteil an der Verknappung von Medien zugunsten wirtschaftlicher Vorteile. Filmschaffende, Fernsehanbieter und Streaming-Plattformen entfernen bewusst Inhalte, um steuerliche Vorteile zu realisieren oder die Exklusivität zu wahren. Dies beeinträchtigt die kulturelle Vielfalt und die Möglichkeit, auf audiovisuelle Werke langfristig zugreifen zu können. Die Praxis, Serien oder Filme von Plattformen zu löschen, nachdem sie nur begrenzt verfügbar waren, kann als digitale Zeitbomben betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Datensammeln eine essenzielle Bedeutung.
Es ist nicht nur die Sammlung von Daten aus privatem Interesse, sondern vielmehr ein notwendiger Beitrag zum Erhalt unseres kollektiven Gedächtnisses. Die Archivierung von Texten, Videos, Bildern und wissenschaftlichen Arbeiten trägt dazu bei, Wissen vor dem Vergessen zu bewahren und der aggressiven Löschung entgegenzuwirken. Organisationen wie die Internet Archive, die Wikimedia Foundation und lokale Bibliotheken leisten bereits seit Jahren wertvolle Arbeit, indem sie möglichst viele digitale Inhalte aufbewahren und öffentlich zugänglich machen. Doch diese Bemühungen sind aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. Zudem stehen diese Einrichtungen häufig in der Kritik und müssen sich rechtlichen Angriffen erwehren, die darauf abzielen, ihre Speicherungen zu verhindern oder Inhalte zu löschen.
Die Rolle der einzelnen Nutzer und Gemeinschaften darf dabei nicht unterschätzt werden. Jeder mit einer Internetverbindung und Speicherplatz kann durch das Speichern, Teilen und Nachhalten von Inhalten dazu beitragen, kulturelle Verluste zu begrenzen. Technische Hilfsmittel wie Torrent-Clients ermöglichen es, große Mengen an Daten effizient zu verteilen und zu sichern. Hierbei ist der sichere Umgang mit dem Internet durch VPNs wichtig, um Datenschutz und Schutz vor rechtlichen Problemen zu gewährleisten. Besonders in spezialisierten Interessengruppen oder Nischencommunities ist die Aufgabe des Datensammelns entscheidend, da dort oft zahlreiche Dokumente, Foreneinträge, Guides oder digitale Medien nur an wenigen Stellen existieren.
Das Erhalten solch spezifischer Inhalte ermöglicht es nicht nur, das Wissen und die Kultur dieser Gruppen zu bewahren, sondern auch zukünftigen Generationen Zugang zu bieten. Darüber hinaus ist das Engagement für den Schutz öffentlicher und unabhängiger Informationsquellen erforderlich. Öffentliche Einrichtungen und wichtige Medienarchive sind bedroht durch Einsparungen und politische Einflussnahme. Die Unterstützung von gemeinnützigen Organisationen, die sich dem freien Zugang zu Wissen verschrieben haben, ist somit ein weiterer wichtiger Baustein. Diese Organisationen kämpfen, oft mit knappen Mitteln, gegen die zunehmend kommerzialisierte und regulierte Datenlandschaft.
Das digitale Zeitalter bringt neue Herausforderungen mit sich, was den Schutz von Informationen angeht. Klassische kulturelle Verluste, wie das Verbrennen der Bibliothek von Alexandria, scheinen durch die digitale Technik der Vergangenheit anzugehören. Doch in Wahrheit erleben wir jeden Tag neue Formen des „digitalen Feuers“, bei denen Informationen vernichtet werden, bevor sie dauerhaft gesichert werden können. Die Geschwindigkeit, mit der solche Verluste eintreten, erfordert ein Bewusstsein dafür, dass Datensammeln eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe ist. Dieses Bewusstsein und Handeln ist umso dringlicher, da niemand genau voraussagen kann, welche digitalen Inhalte zukünftig wertvoll oder notwendig sein werden.
Ob wissenschaftliche Erkenntnisse, kulturelle Erinnerungen, Meinungen oder gesellschaftliche Werke – sie alle bilden ein großes Mosaik der menschlichen Geschichte. Werden Teile davon zerstört oder unzugänglich gemacht, kann das den kollektiven Fortschritt bremsen oder sogar rückgängig machen. Zudem trägt der Erhalt von Informationen auch zur demokratischen Meinungsbildung bei. Eine freie und offene Gesellschaft benötigt uneingeschränkten Zugang zu Fakten und unterschiedlichen Perspektiven. Einschränkungen oder Löschungen von Daten können zur Verzerrung der öffentlichen Wahrnehmung führen und somit politische und gesellschaftliche Prozesse negativ beeinflussen.
Weil es auf individueller Ebene eine große Herausforderung ist, den Umfang der digitalen Welt komplett zu sichern, ist es notwendig, Gemeinschaften zu bilden, die gemeinsam Ressourcen bündeln. Diese kollaborativen Projekte können effektiver Daten bewahren, Backups erstellen und sicherstellen, dass Inhalte nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Durch die Nutzung moderner technischer Mittel liegt es in der Verantwortung von Nutzerinnen und Nutzern gleichermaßen, dazu beizutragen. Die Technik bietet zudem immer bessere Möglichkeiten, große Datenmengen kosteneffizient zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen. Netzwerkspeicher, Cloud-Lösungen und Peer-to-Peer-Netzwerke sind Werkzeuge, die heute jedem teilweise oder vollständig zur Verfügung stehen.
Die Herausforderung liegt aber oft im Zusammenspiel von Technik, Recht und Motivation der Menschen hinter diesen Projekten. Ein weiterer Aspekt, der Datensammeln besonders wichtig macht, ist der Schutz vor Fake-News, Desinformation und dem Verfall vertraulicher Quellen. Originaldokumente oder unveränderte Datenbestände können als Referenzpunkte dienen, um Fehlinformationen entgegenzuwirken und die Faktenbasis in öffentlichen Debatten zu sichern. Solche Archive sind unersetzlich, wenn es darum geht, nachträglich Ereignisse zu überprüfen und einzuordnen. Im Gesamtkontext ist Data Hoarding somit viel mehr als nur eine technische oder private Kuriosität.
Es ist ein notwendiger Teil der globalen Infrastruktur für Wissen, Kultur und Demokratie. Angesichts der aktuellen Bedrohungslage durch bewusste Löschung, politische Zensur und kommerzielle Interessen sollte das Datensammeln als gemeinschaftliche Anstrengung begriffen und gefördert werden. Das individuelle und kollektive Handeln in diesem Bereich kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um das kulturelle Gedächtnis der Menschheit zu sichern. Dabei gilt es nicht nur, die bereits existierenden Daten zu speichern, sondern auch den Zugang zu ihnen dauerhaft zu gewährleisten und die Vielfalt der Informationen zu schützen. Nur so kann vermieden werden, dass wertvolle Schätze digitaler Art unwiederbringlich verloren gehen.
Die Zeit für engagiertes Datensammeln ist jetzt. Es ist mehr als eine technische Herausforderung oder ein Hobby - es ist eine Verantwortung gegenüber Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Denn wie es im Videospiel Death Stranding heißt: Nichts ist für immer, aber wir müssen das, was wir haben, so lange wie möglich bewahren und weitergeben. Jeder Beitrag zählt, um das digitale Erbe unseres Zeitalters zu sichern.