Im April 2025 hat die Staatsanwaltschaft von New Jersey, vertreten durch Generalstaatsanwalt Matthew J. Platkin und das Division of Consumer Affairs, eine bedeutende Klage gegen die amerikanische Softwarefirma RealPage sowie zehn der größten Vermieter in New Jersey eingereicht. Die Klage wurde vor dem Bezirksgericht des US-Bundesbezirks New Jersey eingereicht und richtet sich gegen mutmaßliche Verstöße gegen das Bundesgesetz Sherman Act, das New Jersey Antitrust Act sowie das New Jersey Consumer Fraud Act. Im Kern richten sich die Vorwürfe gegen die Verwendung eines algorithmusbasierten Mietpreis-Systems von RealPage, das zusammen mit den Großvermietern angeblich den Mietmarkt im Bundesstaat New Jersey manipuliert und damit Mietpreise künstlich hochhält. RealPage, mit Firmensitz in Richardson, Texas, bietet eine Softwarelösung an, die unter anderem bei der Festsetzung von Mietpreisen zum Einsatz kommt.
Nach Darstellung der Kläger manipuliert die Firma gemeinsam mit ihren Partnern den Wohnungsmarkt, indem sie Daten austauschen, die Wettbewerbsmechanismen unterbinden und somit die Mietpreise auf einem künstlich hohen Niveau fixieren. Dies führt nach Angaben der Klage dazu, dass Tausende von Mieterinnen und Mietern in New Jersey überhöhte Mieten zahlen müssen. Die Auswirkungen sind vor allem für einen Bundesstaat dramatisch, der bereits zu den teuersten Mietmärkten der USA gehört. Die teilnehmenden Vermieter gehören zu den bedeutendsten Unternehmen in der Wohnimmobilienbranche und verfügen jeweils über einen erheblichen Bestand an Mietwohnungen. Unter ihnen sind unter anderem Aion Management, AvalonBay Communities, Bozzuto, Greystar, Kamson Corp.
, LeFrak Estates sowie weitere namhafte Unternehmen. Außerdem werden in der Anklageschrift weitere nicht namentlich genannte Vermieter als mögliche Mittäter erwähnt, was nahelegt, dass der Rechtsstreit noch an Dynamik gewinnen könnte. Essenz des Vorwurfs ist vor allem das Zusammenspiel zwischen RealPage und diesen Großvermietern, um den Wettbewerb effektiv auszuschalten. Laut der Klageschrift agiert die RealPage-Software nicht nur als reines Hilfsmittel zur Anpassung von Mietpreisen, sondern setzt strenge Kontrollmechanismen ein, um sicherzustellen, dass Vermieter die vorgegebenen Preisempfehlungen übernehmen. Dazu zählen automatische Funktionen, die Preisänderungen direkt implementieren, ebenso wie Überwachungssysteme, sogenannte „Secret Shops“, die überprüfen, ob alle Teilnehmer der Preisabsprachen folgen.
Somit werde jegliche Abweichung von der vorgegebenen Preisstrategie sanktioniert, was eine effektive Abschreckung gegen wettbewerbswidrige Aktionen schafft. Generalstaatsanwalt Platkin bezeichnet die Vorgehensweise in einer Pressemitteilung als eine Form von Kartellbildung, bei der widerrechtlich hohe Mietpreise von allen beteiligten Akteuren durchgesetzt werden. Nach seiner Auffassung tragen die Angeklagten maßgeblich zur Verschärfung der bereits bestehenden bezahlbaren Wohnungskrise bei. Viele New Jerseys Mieter hätten durch diese Praktiken fundamentale Rechte auf ein erschwingliches und angemessenes Wohnumfeld verloren. Platkin kündigte an, dass sein Büro entschieden gegen solche Machenschaften vorgehen und diese zur Rechenschaft ziehen werde.
Die Immobilienbranche und insbesondere einzelne Unternehmen wie Essex Property Trust und Equity Residential haben die Anschuldigungen bisher zurückgewiesen und bezeichneten sie als unbegründet. Diese Verteidigung unterstreicht die kontroverse Natur des Falles und verheißt einen langwierigen Rechtskonflikt, der weitreichende Auswirkungen auf die Praxis der Mietpreisgestaltung und den Einsatz von Preistechnologien in der Immobilienwirtschaft haben könnte. Die Klage steht nicht isoliert da, sondern reiht sich ein in eine Reihe von ähnlichen Verfahren, die in den USA gegen RealPage geführt werden. Diese richten sich gegen den Einsatz der Software, die mit ihrer Algorithmustechnologie Mietpreise analysiert und vorschlägt, jedoch womöglich die Grenze zur Wettbewerbsbeschränkung überschreitet. Kritiker sehen in der Technologie einen Mechanismus, der vor allem Großvermietern einen Wettbewerbsvorteil verschafft und den freien Markt verzerrt.
Die aktuelle Situation in New Jersey wirft ein Schlaglicht auf wichtige Fragen, die zunehmend in der öffentlichen Diskussion und Rechtsprechung an Bedeutung gewinnen. In vielen Großstädten und Bundesstaaten steigen die Mietpreise kontinuierlich, nicht zuletzt aufgrund steigender Nachfrage, begrenztem Wohnraum und einem angespannten Wohnungsmarkt. In diesem Kontext kann eine Kontrolle der Mietpreisgestaltung durch algorithmische Software erhebliche Auswirkungen auf die Preisbildung und Wettbewerbsbedingungen haben. Der Fall illustriert auch, wie neue Technologien regulatorische und rechtliche Herausforderungen schaffen können. Während Softwarelösungen viele Prozesse in der Immobilienbranche effizienter und datengetriebener gestalten, bergen sie die Gefahr, bestehende gesetzliche Rahmenbedingungen zu unterlaufen.
Die Rolle von Regulierungsbehörden, Verbraucherschutzorganisationen und Gerichten wird daher immer wichtiger, um sicherzustellen, dass technologische Innovationen nicht zum Nachteil von Verbrauchern und Mietern eingesetzt werden. Für die Mieter in New Jersey könnte die Klage eine wichtige Basis für mögliche Rückforderungen und eine stärkere Kontrolle der Mietpreise bedeuten. Gleichzeitig könnte die Immobilienbranche in eine Phase verstärkter Transparenz und Regulierung eintreten, die langfristig das Gleichgewicht zwischen Anbieter- und Nachfragerinteressen auf dem Wohnungsmarkt verbessern soll. Im Kontext der Immobilienwirtschaft und der Mietpreisgestaltung wird der Rechtsstreit gegen RealPage und die beteiligten Vermieter deshalb als wegweisend eingestuft. Er signalisiert eine zunehmende Sensibilität gegenüber Fragen von Wettbewerbsrecht und Verbraucherschutz im digitalen Zeitalter.
Beobachter und Experten erwarten, dass die aus diesem Fall resultierenden rechtlichen Entscheidungen und politischen Maßnahmen in den kommenden Monaten und Jahren weitreichende Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt in New Jersey, aber auch bundesweit haben werden. Abschließend bleibt zu beobachten, wie sich die Situation entwickelt und inwieweit RealPage und die beteiligten Vermieter durch die Gerichtsentscheidungen zu einer Änderung ihrer Mietpreispraktiken gezwungen werden. Für die millionschwere Mietergemeinschaft in New Jersey birgt der Prozess die Hoffnung auf mehr Fairness und bezahlbaren Wohnraum. Zugleich sollte er als Warnsignal verstanden werden, dass technologiebasierte Lösungen im Immobilienmarkt nicht unbegrenzt genutzt werden können, ohne rechtliche und ethische Grenzen zu respektieren.