Der Immobilienmarkt erlebt mit den jüngsten Ankündigungen von Zillow eine wesentliche Veränderung in der Handhabung von Immobilienanzeigen. Ab Mai 2025 wird Zillow keine öffentlich beworbenen Immobilienanzeigen mehr aufnehmen, die nicht über den Multiple Listing Service (MLS) geteilt werden. Diese Entscheidung ist Teil einer umfassenden Initiative, mehr Transparenz, Fairness und Zugänglichkeit im Markt zu gewährleisten. Zillow, als eines der führenden Immobilienportale in den USA, setzt damit neue Maßstäbe für den Umgang mit Immobilienangeboten im digitalen Raum. Das Kernanliegen von Zillow ist, dass wenn eine Immobilie öffentlich beworben wird, sie für alle potenziellen Käufer zugänglich sein sollte.
Errol Samuelson, Chief Industry Development Officer bei Zillow, betonte in einem Interview, dass eine Immobilie, die an eine bestimmte Gruppe von Käufern vermarktet wird, gleichzeitig auch für alle anderen Käufer offenstehen müsse. Diese Maxime orientiert sich an den Prinzipien der sogenannten Clear Cooperation Policy (CCP) der National Association of Realtors (NAR), die besagt, dass Anzeigen innerhalb von 24 Stunden nach öffentlicher Vermarktung im MLS gelistet werden müssen. Die Clear Cooperation Policy soll verhindern, dass Objekte selektiv beworben werden, was sonst negative Effekte auf Wettbewerb und Preisfindung haben könnte. Zillow übernimmt mit seiner neuen Richtlinie eine konsequente Umsetzung dieser Regelung und signalisiert damit, dass Listings, die außerhalb des MLS beziehungsweise ohne vollständige Marktzugänglichkeit beworben werden, auf seinen Plattformen künftig keinen Platz mehr finden. Ein maßgeblicher Aspekt im aktuellen Diskurs ist die „delayed marketing exempt listings“-Regelung, die von der NAR im Rahmen der erweiterten Multiple Listing Options for Sellers eingeführt wurde.
Diese erlaubt Verkäufern, ihr Objekt für kurze Zeit von der MLS-Ausstrahlung auszunehmen und die Immobilie vorerst nur über geringere Reichweiten wie Broker-Websites oder soziale Medien zu bewerben. Diese Ausnahmeregelung steht derzeit im Widerspruch zu Zillows neuer Branchenanforderung. Zillow sieht jede Form der öffentlichen Vermarktung als gleichwertig an, egal ob sie über Social Media, E-Mail-Kampagnen oder sogar traditionelle Werbeschilder erfolgt. Werden Immobilien auf diesen Kanälen ausgeschrieben, müssen sie aus Sicht von Zillow auch zeitnah im MLS erscheinen, um auf der Plattform gelistet zu werden. Das bedeutet, dass Anbieter, die sich bewusst für eine isolierte Vermarktungsstrategie entscheiden, ihre Immobilie nicht mehr auf Zillow oder Trulia präsentieren können.
Diese Änderung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Praxis vieler Immobilienmakler und -anbieter, die bisher von der Möglichkeit des „verzögerten Marketings“ Gebrauch machten. Besonders kleinere Broker oder Verkäufer, die eine diskretere oder exklusive Vermarktung anstreben, müssen nun abwägen, ob ihnen der Verzicht auf die Reichweite von Zillow und Trulia dies wert ist. Gleichzeitig hat die eXp Realty, einer der großen amerikanischen Maklerketten, die Neuerung von Zillow ausdrücklich unterstützt. CEO Leo Pareja erklärte, dass eXp sich zu maximaler Markttransparenz und optimaler Sichtbarkeit der eigenen Listings verpflichtet habe. Die Unterstützung von Zillow wird von eXp als Schritt gewertet, um ein faires und effizientes Immobilienumfeld zu schaffen, das allen Marktteilnehmern gleichermaßen zugutekommt.
Diese Haltung zeigt, dass die Branche zunehmend Wert darauf legt, Vertrauen durch Offenheit zu fördern. MLS wird damit nicht nur als eine reine Datensammlung verstanden, sondern als ein kooperatives Netzwerk, das den Austausch von Immobilienangeboten und Informationen in einem fairen Rahmen ermöglicht. Forschungen von Zillow und Bright MLS belegen zudem, dass das Zurückhalten von Immobilienangeboten vom MLS für Verkäufer erhebliche finanzielle Nachteile bedeuten kann – teilweise im Bereich von mehreren tausend Dollar pro Objekt. Besonders Verkäufer in Communities mit höherem Anteil an Minderheiten sind von solch eingeschränkten Vermarktungsmethoden unverhältnismäßig stark betroffen. Die striktere Regelung von Zillow kann somit auch als Beitrag zur Förderung der Chancengleichheit auf dem Immobilienmarkt interpretiert werden.
Die Einführung der neuen Standards seitens Zillow und die offene Unterstützung durch eXp könnten als Initialzündung für weitere Marktteilnehmer dienen, die sich einer transparenten und fairen Vermarktung von Immobilien verpflichtet fühlen. Zillow hofft, dass weitere Brokerhäuser und Plattformen ihre Beweggründe nachvollziehen und ebenfalls ähnliche Schritte unternehmen. Für Immobilienkäufer bringt die neue Vorgehensweise den Vorteil in einem noch umfassenderen, offenen Immobilienangebot zu suchen und so bessere Marktübersichten sowie Vergleichsmöglichkeiten zu erhalten. Transparente und zugleich komplett in die MLS-Datenbanken integrierte Anzeigen erlauben es Käufern, schnellere und fundiertere Entscheidungen zu treffen. Auf der anderen Seite ergeben sich für Makler auch Herausforderungen.
Einige Geschäftsmodelle werden durch die striktere MLS-Pflicht erschwert, da exklusive oder nur lokal beworbene Angebote nun nicht mehr auf großen Portalen sichtbar sind. Die Vertriebsstrategien in der Branche könnten sich daher zugunsten einer MLS-zentrierten Zusammenarbeit weiter verändern. Insgesamt signalisiert diese Entwicklung bei Zillow eine klare Positionierung für mehr Offenheit und Fairness im Immobilienmarkt. Die neue Regelung zeigt, wie wichtig digitale Plattformen als Marktakteure geworden sind, und wie stark sie Einfluss auf die Grundsätze der Immobilienvermarktung ausüben können. Dieser Schritt könnte der umfangreichen Debatte um Marktzugang und Datenfreigabe im Immobiliensektor neue Impulse verleihen.
Der Immobilienmarkt steht vor einem Wandel, in dem technologische Innovationen und Regulierungsmaßnahmen Hand in Hand gehen müssen, um maximale Vorteile für alle Beteiligten zu erzielen. Zillow und eXp zeigen hierbei, dass sie diesen Wandel aktiv mitgestalten und für ein transparentes, vertrauenswürdiges und für jeden zugängliches Immobilienumfeld eintreten. Dies könnte langfristig dazu führen, dass Listings, die nicht allen Käufern öffentlich zugänglich sind, vom Markt weitestgehend verschwinden – zugunsten eines größeren und faireren Wettbewerbs, von dem letztlich sowohl Käufer als auch Verkäufer profitieren.