Gehirnerschütterungen sind im Bereich des Sports ein häufiges und ernstzunehmendes Problem. Insbesondere bei Jugendlichen im schulischen Sport treten solche Verletzungen oft auf und können nicht nur die sportliche Aktivität, sondern auch den Schulalltag maßgeblich beeinträchtigen. Neue Forschungen deuten darauf hin, dass Athleten mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) deutlich länger brauchen, um sich von einer Gehirnerschütterung zu erholen, als ihre sportlichen Kollegen ohne diese Diagnose. Diese Erkenntnis wirft wichtige Fragen zu individuellen Risikofaktoren, Therapiemaßnahmen und Präventionstechniken auf, die in diesem Beitrag ausführlich diskutiert werden sollen.ADHS ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die sich durch Symptome wie Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität auszeichnet.
Im Sport kann sich dies auf die Konzentration und Wahrnehmung des Umfeldes auswirken, was wiederum das Risiko für Verletzungen – insbesondere Kopfverletzungen – erhöht. Dass Athleten mit ADHS eher eine Gehirnerschütterung erleiden könnten, liegt unter anderem daran, dass sie möglicherweise weniger aufmerksam sind und dadurch vor schädlichen Situationen nicht rechtzeitig reagieren können. Die Folgen sind nicht nur erhöhte Verletzungsraten, sondern eben auch eine verlängerte Phase der Genesung.Eine im Jahr 2025 veröffentlichte Studie der University of Hawaii hat die Erholungszeiten von 935 Highschool-Athleten untersucht, unter denen sich 78 Teilnehmer mit ADHS befanden. Die Ergebnisse zeigen, dass Athleten mit ADHS durchschnittlich 16 Prozent länger brauchten, um in den regulären Schulalltag zurückzukehren, und 17 Prozent mehr Zeit, bis sie wieder am Sport teilnehmen konnten.
Konkret waren das im Durchschnitt 13 Tage bis zur Rückkehr in die Schule und 21 Tage bis zur Wiederaufnahme sportlicher Aktivitäten gegenüber 11 beziehungsweise 18 Tagen bei Athleten ohne ADHS.Dieses verlängerte Genesungsintervall ist aus mehreren Gründen besorgniserregend. Zum einen könnten Athleten mit ADHS, die sich nicht vollständig erholt haben, ein erhöhtes Risiko für erneute Gehirnerschütterungen tragen. Dies ist besonders kritisch, da wiederholte Kopfverletzungen zu chronischen neurologischen Schäden führen können. Zum anderen bringt die längere Pause für die Athleten – besonders für junge Sportler, die auf Wettbewerb und Training angewiesen sind – neben der physischen Erholung auch psychische und soziale Herausforderungen mit sich.
Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung war, dass weibliche Athleten tendenziell mehr Zeit für die Genesung benötigen als ihre männlichen Gegenüber. Females brauchten etwa 13 Prozent länger, bis sie wieder am Unterricht teilnahmen, und 7 Prozent länger, um zum Sport zurückzukehren. Auch das Alter spielt eine Rolle: Jüngere Athleten weisen in der Regel längere Erholungszeiten auf. Beispielsweise hat die Studie gezeigt, dass eine 15-jährige weibliche Athletin mit ADHS im Durchschnitt über 23 Tage zur Rückkehr zum Sport benötigt, während ein 18-jähriger männlicher Nicht-ADHS-Athlet mit nur gut 17 Tagen vergleichsweise schneller genesen ist.Diese Erkenntnisse haben weitreichende Konsequenzen für Trainer, Eltern, Ärzte und insbesondere für die Sportler selbst.
Ein Bewusstsein für die individuellen Unterschiede in der Genesungsdauer ist essenziell, um den Heilungsprozess nicht zu überstürzen. Insbesondere Sportmediziner und Schulärzte sollten ADHS als einen bedeutenden Risikofaktor für verlängerte Genesungszeiten bei Gehirnerschütterungen anerkennen und in ihre Behandlungs- und Wiedereingliederungspläne einfließen lassen. Auch Trainer und Eltern benötigen fundierte Informationen, um angemessen reagieren zu können und die Rückkehr in den Sport verantwortungsvoll zu gestalten.Die Praxis zeigt zudem, dass standardisierte Protokolle zur Rückkehr ins Training oft an individuellen Bedürfnissen vorbeigehen. Bei Athleten mit ADHS ist eine sorgfältige Überwachung der Symptome sowie eine individuell angepasste und vielfach verlängerte Regenerationsphase notwendig.
Dies umfasst auch psychologische Unterstützung, da ADHS mit erhöhter Anfälligkeit für emotionale Belastungen und Stress verbunden sein kann. Die Verletzungspause kann gerade für Jugendliche sehr einschneidend sein und wirkt sich häufig auf die Selbstwahrnehmung und Motivation aus.Ein weiteres wichtiges Thema ist die Prävention von Gehirnerschütterungen bei Athleten mit ADHS. Da deren Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit möglicherweise beeinträchtigt sind, sollte besonderes Augenmerk auf Sicherheit im Training und in Spielen gelegt werden. Dies könnte durch gezieltes Training der Wahrnehmung, der koordinativen Fähigkeiten und der situativen Aufmerksamkeit verbessert werden.
Protective Equipment und die Einhaltung von Sicherheitsregeln spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle. Dazu gehört auch die Schulung und Sensibilisierung aller Beteiligten – von Spielern über Trainer bis hin zu Schiedsrichtern – um ein Umfeld zu schaffen, das das Risiko von Kopfverletzungen minimiert.Darüber hinaus sollte bei Sportlern mit ADHS die Medikation und der allgemeine Gesundheitszustand sorgfältig berücksichtigt werden. Es besteht die Möglichkeit, dass bestimmte Medikamente oder deren Wirkungen Einfluss auf die Erholungsqualität nach einer Gehirnerschütterung haben könnten, wobei hierzu die Forschung noch am Anfang steht. Noch wichtiger ist jedoch die enge Zusammenarbeit zwischen Neurologen, Sportmedizinern und Psychiatern, um eine umfassende Betreuung sicherzustellen.
Auch im Bereich der schulischen Anpassungen zeigt sich, dass betroffene Schüler nach einer Gehirnerschütterung besondere Unterstützung brauchen. Da auch die Konzentrationsfähigkeit durch die Verletzung eingeschränkt sein kann, sind individuelle Anpassungen des Lernpensums, veränderte Unterrichtszeiten oder Pausen essentiell, um den Wiedereinstieg zu erleichtern und Rückfälle zu verhindern.Insgesamt verdeutlichen die Studienresultate, dass ADHS nicht nur ein Faktor für das erhöhte Verletzungsrisiko ist, sondern auch für eine längere und individuell herausfordernde Genesungsphase nach einer Sportverletzung wie einer Gehirnerschütterung. Die Komplexität der Erkrankung erfordert ein ganzheitliches Management, das medizinische, psychologische und pädagogische Aspekte vereint.Die Zukunft der Forschung sollte sich auf größere Studien konzentrieren, um die Mechanismen zu verstehen, welche die verlängerte Erholung bei ADHS-Athleten verursachen.