Die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat jüngst bekanntgegeben, dass sie den Prozess einleitet, verschreibungspflichtige Fluoridtabletten und -tropfen vom Markt zu nehmen. Diese Produkte werden üblicherweise für Säuglinge und Kinder verschrieben, die ein hohes Kariesrisiko haben und deren Trinkwasser kein zugesetztes Fluorid enthält. Besonders relevant ist diese Entscheidung vor dem Hintergrund von Maßnahmen einzelner Bundesstaaten, wie etwa Utah, das kürzlich die Verwendung von Fluorid in kommunalem Trinkwasser untersagt hat. Die Handlung der FDA stellt einen tiefgreifenden Wendepunkt in der öffentlichen Gesundheitspolitik dar und bringt zahlreiche gesundheitliche, wissenschaftliche und gesellschaftliche Aspekte mit sich. Fluorid ist seit Jahrzehnten ein zentraler Bestandteil der Kariesprophylaxe.
Es stärkt den Zahnschmelz, indem es eine Schutzschicht bildet, die Säuren, die durch Plaque und Zucker erzeugt werden, entgegenwirkt. Die Zugabe von Fluorid zum Trinkwasser begann in den USA bereits 1945 und hat laut den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die Kariesrate bei Kindern und Erwachsenen um etwa 25 Prozent gesenkt. Dennoch gibt es seit einigen Jahren eine wachsende Debatte über die Sicherheit von Fluorid, insbesondere was die systemische Aufnahme über den Verdauungstrakt angeht. Die FDA begründet ihre Entscheidung mit neuen Erkenntnissen, die darauf hinweisen, dass die Einnahme von Fluorid die Darmflora beeinflussen kann. Die sogenannte Mikrobiom-Veränderung wird in Studien mit Risiken für die kindliche Gesundheit in Verbindung gebracht.
Darüber hinaus existieren Hinweise auf eine Verbindung zwischen Fluorid und Schilddrüsenerkrankungen, Gewichtszunahme sowie einer potenziellen Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung. Offiziell wurden verschreibungspflichtige Fluoridpräparate bislang nicht formell von der FDA zugelassen, was nun zu einer erneuten Bewertung der Sicherheit führt. Der FDA-Kommissar Dr. Marty Makary hebt hervor, dass das Ziel darin besteht, die Risiken einer systemischen Fluoridaufnahme bei Kindern besser zu verstehen und Empfehlungen für Eltern und medizinische Fachkräfte klarer zu formulieren. Gleichzeitig betont er, dass gute Zahnhygiene und eine zuckerarme Ernährung die wichtigsten Maßnahmen zur Prävention von Karies sind, ohne das empfindliche Gleichgewicht der Darmflora zu gefährden.
Das bedeutet, dass der Fokus in Zukunft stärker auf lokalen, also topischen Fluoridanwendungen wie Zahnpasta oder Fluoridlacken liegen soll. Die gesundheitspolitischen Entscheidungen einzelner Bundesstaaten zeigen, wie umstritten das Thema Fluoridanreicherung im Trinkwasser inzwischen ist. Utah hat bereits ein Verbot eingeführt, und auch Florida steht kurz davor, ähnliches zu tun. Andere Regionen denken ebenfalls darüber nach, die bisher übliche Praxis der Fluoridierung aufzugeben. In Utah wurde beispielsweise eine Regelung erlassen, die es Apothekern erlaubt, Fluoridpräparate ohne Rezept abzugeben, was einen Paradigmenwechsel in der Präventionsstrategie darstellt.
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Haushalten mehr Eigenverantwortung zuzuweisen, da die passive Versorgung durch fluoridiertes Trinkwasser entfällt. Gleichzeitig herrscht in der Fachwelt erhebliche Uneinigkeit. Die American Academy of Pediatrics (AAP) und die American Dental Association (ADA) vertreten weiterhin die Auffassung, dass Fluorid sicher und effektiv zur Kariesprävention eingesetzt werden kann, wenn es in angemessenen Mengen verwendet wird. Beide Organisationen empfehlen den Einsatz von fluoridhaltiger Zahnpasta, Fluoridversiegelungen und regelmäßige zahnärztliche Kontrollen, um die Zahngesundheit von Kindern zu fördern. Sie argumentieren, dass umfangreiche Überprüfungen der Fluoridsicherheit keine belastbaren Beweise für systemische Gesundheitsrisiken gefunden hätten.
Die Debatte um Fluorid ist auch politisch stark aufgeladen. Robert F. Kennedy Jr., Gesundheitsminister im Kabinett, ist ein prominenter Befürworter der Reduktion von Fluorid in der öffentlichen Wasserversorgung. Er hat angekündigt, dass die CDC-Richtlinien zur Ergänzung von Trinkwasser mit Fluorid überprüft werden und möglicherweise zurückgefahren werden.
Diese Maßnahme ist Teil eines größeren Vorhabens, Gesundheitsprotokolle zu modernisieren und prüft neben Fluorid auch andere langjährig etablierte Präventionsmaßnahmen kritisch. Für Eltern, Ärzte und Zahnärzte bedeutet die Entscheidung der FDA vor allem eines: erhöhte Unsicherheit und die Notwendigkeit, zukünftige Empfehlungen genau abzuwarten. Die geplante Sicherheitsprüfung mit anschließender Anhörung der Öffentlichkeit soll bis Ende Oktober 2025 abgeschlossen sein. Bis dahin bleibt unklar, ob verschreibungspflichtige Fluoridpräparate vollständig verschwinden werden oder ob es aufgrund von Gegenreaktionen und weiterer Studienergebnisse zu einer modifizierten Zulassung kommt. Neben den gesundheitlichen Folgen ist auch die soziale Dimension der Entscheidung nicht zu unterschätzen.
Fluoridfreie Trinkwasserquellen und das Zurückziehen von Fluoridpräparaten könnten gerade Bevölkerungsgruppen mit eingeschränktem Zugang zu zahnärztlicher Versorgung besonders treffen. Fluorid gilt seit langem als effektive und kostengünstige Vorbeugemaßnahme gegen Karies, gerade in sozioökonomisch schwächeren Regionen. Eine Entfernung von Fluoridpräparaten könnte daher Kariesraten steigen lassen, falls keine anderen Präventionsmaßnahmen adäquat ersetzt werden. In Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern wird Fluorid ebenfalls in Zahncremes und teilweise in Wasser verwendet, jedoch sind die Mengen und die Zulassungsbedingungen verschieden. Die Diskussion in den USA dürfte hier auch Auswirkungen auf die internationale Wahrnehmung der Fluoridsicherheit haben.
Medizinische Fachkreise verfolgen die Entwicklung mit großem Interesse, da sich daraus neue Forschungsimpulse und gesundheitspolitische Strategien ergeben könnten. Es zeigt sich, dass der Umgang mit Fluorid komplexer ist als bisher angenommen. Die Balance zwischen Gesundheitsnutzen durch Kariesprävention und potenziellen Nebenwirkungen durch systemische Aufnahme steht nun stärker denn je im Fokus. Die Rolle des Darmmikrobioms, das als ein Schlüsselfaktor für die kindliche Entwicklung gilt, wird in wissenschaftlichen Untersuchungen konsequent weiterverfolgt. Sollte sich herausstellen, dass eingekapseltes Fluorid tatsächlich negative Auswirkungen auf die Darmgesundheit ausübt, könnte dies weitreichende Folgen für die Verwendung von Fluorid in Medikamenten und Lebensmitteln haben.