In den letzten Wochen gab es vermehrt Diskussionen über Chinas vorgeschlagenes Konjunkturpaket in Höhe von 1,4 Billionen Dollar. Viele Marktbeobachter und Krypto-Enthusiasten hegen die Hoffnung, dass diese gewaltige finanzielle Spritze den Bitcoin-Markt auf neue Höhen katapultieren könnte. Doch Experten warnen davor, diese Annahme als sichere Aussicht zu betrachten. Die Realität hinter Chinas Stimuluspaket ist komplex und könnte die Erwartungen vieler Investoren enttäuschen. Zunächst einmal ist anzumerken, dass die chinesische Wirtschaft derzeit mit ernsten Herausforderungen konfrontiert ist.
Die jüngsten wirtschaftlichen Daten zeigen ein besorgniserregendes Bild: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Chinas wird für 2024 auf lediglich 4,7 bis 4,8 Prozent geschätzt, was unter dem von der Regierung angestrebten Ziel von 5 Prozent liegt. Diese Revision ist das Ergebnis schwacher Einzelhandelsumsätze, geringer industrieller Produktion und mangelnder städtischer Investitionen. Zudem hat die urbanen Arbeitslosenquote in China den höchsten Stand seit sechs Monaten erreicht, was den Handlungsbedarf der Regierung verdeutlicht. Die Hauptabsicht hinter dem Stimulus ist es, die Binnenwirtschaft anzukurbeln. Chinas Regierung plant, die Maßnahmen gezielt einzusetzen, um den Konsum zu stärken, Investitionen in Infrastruktur zu fördern und eine Deflation zu verhindern.
Diese Prioritäten stehen jedoch im Widerspruch zu den Hoffnungen der Krypto-Community, dass die neue Liquidität in den Bitcoin-Markt fließen könnte. Die Realität ist, dass das Geld hauptsächlich zur Stabilisierung der heimischen Wirtschaft und nicht zur Unterstützung von spekulativen Vermögenswerten wie Bitcoin verwendet werden könnte. Es ist wichtig zu verstehen, dass, selbst wenn es zu einer erheblichen Liquiditätsspritze kommt, diese nicht zwangsläufig direkt in den Krypto-Markt fließen muss. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass große Anreize oft in traditionelle Anlageklassen wie Aktien oder Anleihen fließen, bevor sie in riskantere Märkte wie Kryptowährungen gelangen. Selbst wenn das die Verbraucher- und Unternehmensstimmung in China verbessert, ist es keineswegs sicher, dass dies sofortige Auswirkungen auf Bitcoin haben wird.
Ein weiterer Aspekt, den Investoren beachten sollten, ist Chinas strikte Regulierungspolitik im Hinblick auf Kryptowährungen. Seit dem Verbot von Krypto-Trading und Mining im Jahr 2021 bleibt das rechtliche Umfeld für digitale Währungen äußerst unsicher. Alle bisherigen Diskussionen über eine mögliche Deregulierung oder eine Rückkehr zu einem offeneren Markt sind nicht konkretisiert worden. So könnte die Vorstellung, dass neue Gelder aus dem Stimulus direkt in Bitcoin investiert werden, als unrealistisch betrachtet werden. Die chinesischen Verbraucher sind zudem finanziell stark belastet.
Viele Haushalte sind mit Schulden wie Hypotheken und Autokrediten konfrontiert, was bedeutet, dass zusätzliches Geld, das möglicherweise durch die Stimulusmaßnahmen zur Verfügung steht, eher zur Schuldentilgung als zur Investition in riskante Anlagen genutzt wird. Diese nüchterne Realität sollte Investoren dazu bringen, ihre Hoffnungen auf einen unmittelbaren Preisanstieg von Bitcoin aufgrund des chinesischen Stimuluspakets zu überdenken. Selbst unter den optimistischsten Szenarien würde es erfordern, dass China die Stimulusmaßnahmen erfolgreich umsetzt und das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnt. In einem Umfeld, in dem sowohl Anleger als auch Verbraucher wieder Risiken eingehen, könnte ein kleiner Prozentsatz dieser neuen Liquidität, ähnlich wie in der Vergangenheit, tatsächlich in Krypto-Assets fließen. Allerdings bleibt dies von vielen "Wenns" abhängig: Wenn die Regierung das Stimuluspaket effizient umsetzt, wenn die wirtschaftliche Stimmung verbessert wird und wenn die Menschen bereit sind, wieder in riskantere Vermögenswerte zu investieren.
Einige Krypto-Analysten, darunter Arthur Hayes, Mitbegründer der Krypto-Börse BitMEX, haben festgestellt, dass eine langfristige Sicht auf die Krypto-Märkte einzunehmen ist. Hayes deutet an, dass es eine indirekte Verbindung zwischen Chinas fiskalischer Unterstützung und dem Krypto-Markt geben könnte, aber auch er warnt davor, dass es sich um einen langsamen Prozess handelt, dessen Schnelligkeit nicht vorhersagbar ist. In der Reddit-Community hat sich ein ähnliches Meinungsbild herausgebildet. Nutzer haben darauf hingewiesen, dass Chinas strenge regulatorische Vorgaben und das bestehende Verbot von Kryptowährungen eine direkte Umleitung von Stimulusgeldern in den Bitcoin-Markt nahezu unmöglich machen. Ein weiterer Punkt, der häufig erwähnt wird, ist, dass China in der Regel kein Geld direkt an die Verbraucher verteilt.
Vielmehr konzentriert sich die Regierung darauf, die Produzenten zu unterstützen und die Produktionskosten zu senken. Angesichts der Tatsache, dass sich die Volkswirtschaft im Kampf gegen die finanziellen Folgen der COVID-19-Pandemie befindet, wird die Hauptaugenmerk der Stimulusmaßnahmen darauf liegen, den inländischen Konsum zu stärken und die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das könnte zwar mittel- bis langfristig die Wirtschaft beleben, jedoch bleibt der überwiegende Teil der Konjunkturmaßnahmen auf den nationalen Markt ausgerichtet. Ein plötzlicher Zufluss von Kapital in den Krypto-Markt ist also äußerst unwahrscheinlich. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Chinas 1,4 Billionen Dollar umfassendes Stimuluspaket zwar eine große Schlagzeile ist, jedoch keineswegs als das Wundermittel für Bitcoin betrachtet werden kann.
Während es einige positive Spillover-Effekte für den Krypto-Sektor geben könnte, wenn die chinesische Wirtschaft sich stabilisiert und wächst, heißt das nicht, dass sofortige Preissteigerungen oder ein neuer Krypto-Boom zu erwarten sind. Die Unsicherheit über die künftige Entwicklung der chinesischen Wirtschaft, gepaart mit der rigiden Haltung der Regierung gegenüber Kryptowährungen, lässt wenig Raum für allzu optimistische Prognosen. Anleger sollten sich der Tatsache bewusst sein, dass der Weg zu einer Erholung des Krypto-Marktes durch viele Hürden und Unwägbarkeiten geprägt ist. In einem so dynamischen Umfeld ist es ratsam, börsennotierte digitale Vermögenswerte mit Vorsicht zu betrachten und die eigenen Erwartungen realistisch zu halten.