Nach über zwei Jahrzehnten bei einem der weltweit bekanntesten Tech-Konzerne fällt der Abschied nicht leicht. Doch genau das hat Alana Karen, eine langjährige Google-Mitarbeiterin, erlebt – nach 23 Jahren entschied sie sich, das Unternehmen zu verlassen. Ihr Werdegang bei Google spiegelt nicht nur den Wandel einer Firma wider, sondern auch die persönliche Reise einer engagierten Mitarbeiterin, die den Mut fand, neue Wege zu gehen. Als Alana Karen 2001 bei Google anfing, war das Unternehmen ein kleiner, dynamischer Player mit gerade einmal einigen hundert Mitarbeitern. Die Atmosphäre erinnerte an einen Start-up-Geist, geprägt von schnellen Veränderungen, enger Zusammenarbeit und einem starken Gefühl, an einer bedeutenden Mission mitzuwirken.
Google wollte Informationen für alle zugänglich machen – und diese Vision motivierte Karen ungemein. Die ersten Jahre waren geprägt von intensiver Arbeit, Innovation und stetigem Lernen. Sie war direkt eingebunden in den Prozess der Werbeanzeigenprüfung, der noch manuell und hands-on erfolgte. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen und ließ keinen Raum für Langeweile. In den Anfangsjahren des Unternehmens war das Arbeitsumfeld geprägt von Energie und einem starken Gemeinschaftsgefühl.
Trotz der hohen Arbeitsbelastung und fast ohne Pausen fühlte sich Karen erfüllt, weil sie an etwas Großem mitwirkte. Die klassischen „Tech-Perks“ wie Tischtennis oder bunte Bälle spielte sie dabei kaum eine Rolle, da die Arbeitsfreude und das gemeinsame Ziel im Vordergrund standen. Doch mit zunehmendem Wachstum und der globalen Expansion begann Google, sich zu verändern. Die lockere Start-up-Kultur wich einem bürokratischeren und formalisierteren Umfeld. Die einstigen schnellen Entscheidungen wurden durch unzählige Meetings, Grafiken und Zahlenanalysen ersetzt.
Karen bemerkte, wie ihr Job und die Unternehmenskultur sich veränderten, ebenso wie das Gefühl der persönlichen Wertschätzung. Nach über 10 Jahren Arbeit nahm sie ihr erstes ernsthaftes Nachdenken über einen Ausstieg vor – jedoch brachte ihr ein Wechsel in die neue Sparte Google Fiber frischen Wind und neue Motivation. Dort konnte sie noch einmal ins Gründungsgefühl eintauchen, zwar in einem etablierten Großkonzern, aber in einem Bereich, der einem Start-up-ähnlichen Geist entsprach. Der harte Schnitt im Jahr 2017, als Google Fiber seine Ausrichtung änderte und zahlreiche Mitarbeiter entlassen wurden, konfrontierte Karen jedoch mit der Unsicherheit und Instabilität, die auch bei großen Unternehmen jederzeit drohen kann. Sie war Teil eines internen Teams, das Mitarbeitende auf neue Positionen innerhalb des Konzerns vorbereitete und bei der Umorientierung unterstützte.
Diese Aufgabe brachte sie zum Nachdenken über ihre eigene Zukunft. Sie wollte nicht mehr nur ein Teil dieses Getriebes sein, sondern erkannte die Notwendigkeit, eigene Grenzen und Bedürfnisse zu definieren. Um eine bewusste Entscheidung treffen zu können, entwickelte Karen ein einfaches, aber wirkungsvolles Selbstreflexions-System bestehend aus vier entscheidenden Fragen, die sie sich jährlich stellte: Mag ich, was ich tue? Habe ich Spaß bei der Arbeit? Gefällt mir das Team, mit dem ich zusammenarbeite? Lerne ich noch ständig dazu? Diese Fragen wurden zu ihrem Kompass, der ihr half, den Grad ihrer Zufriedenheit zu messen und bei ernsten Ungleichgewichten die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Im Zuge immer weiterer Restrukturierungen und Entlassungswellen spürte Karen ab 2021 wachsenden Druck. Die Arbeitsbelastung stieg, das Gefühl, als unverzichtbar wahrgenommen zu werden, verursachte Stress – besonders in einem Umfeld, das zunehmend von der Entwicklung und Implementierung von Künstlicher Intelligenz geprägt war.
Trotz ihrer Fähigkeiten und Erfahrung fühlte sie sich verletzlich. Die Sorge, als „Kostenfaktor“ entbehrlich zu sein, lastete schwer. Gleichzeitig empfand sie Verantwortung gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen sowie ihrer Familie, denn sie war die Hauptverdienerin. So blieb sie erst einmal, aus Pflichtbewusstsein und Loyalität, aber mit wachsenden Zweifel. Ein entscheidender Moment kam 2024, als Karen sich auf eine interne Beförderung beworben hatte, die ihr neue Lernmöglichkeiten und Perspektiven hätte eröffnen können.
Mit klarer Entscheidung stellte sie sich das Ziel: Wenn sie die neue Rolle nicht bekommen würde, wäre das für sie ein Zeichen, zu gehen. Als sie die Absage erhielt, zog sie Konsequenzen. Sie kontaktierte ihre Personalabteilung und kündigte – ein Schritt, der für sie zugleich Befreiung und Abschluss einer langen Phase bedeutete. Der Abschied von Google war nicht nur ein beruflicher Wechsel, sondern eine neue persönliche Freiheit. Karen reflektiert heute, wie sehr sich ihr Selbstverständnis von der Identität als „Google-Mitarbeiterin“ gelöst hat.
Sie ist eine ganze Person, unabhängig von dem Unternehmen, bei dem sie so viele Jahre verbracht hat. Das Loslassen eröffnete ihr Raum, sich neuen Interessen zu widmen, neue Wege zu erforschen und alte Netzwerke zu pflegen, ohne an das Tagesgeschäft gebunden zu sein. Alanas Geschichte illustriert eindrucksvoll, wie wichtig es ist, eigene Bedürfnisse und Lebensziele im Blick zu behalten – auch und gerade bei scheinbar sicheren und prestigeträchtigen Jobs. Besonders in der Technologiebranche, die sich rasant verändert und zunehmend von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz geprägt wird, ist die bewusste Reflexion über die eigene Zufriedenheit unverzichtbar. Das Beispiel zeigt außerdem, dass Loyalität und Einsatzbereitschaft zwar geschätzt werden sollten, doch irgendwann Platz gemacht werden muss für die eigene Gesundheit, persönliche Entwicklung und ein ausgeglichenes Leben.
Für viele Berufstätige in großen Unternehmen bieten solche Geschichten wertvolle Orientierung. Die eigenen Arbeitsbedingungen, das Arbeitsumfeld und die persönliche Verbindung zum Job immer wieder zu hinterfragen, hilft nicht nur dabei, Burnout vorzubeugen, sondern auch langfristige Zufriedenheit zu sichern. Es geht darum, nicht nur Teil eines Systems zu sein, sondern als Individuum wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Der Wandel in der Arbeitswelt und bei Tech-Giganten wie Google ist unumkehrbar. Doch der Mut, das Unternehmen nach jahrzehntelanger Zugehörigkeit zu verlassen, zeugt davon, wie wichtig persönliche Zufriedenheit und Selbstfürsorge geworden sind.
Alana Karens Mut und ihre Klarheit sind ein inspirierendes Beispiel dafür, wie man sich selbst treu bleibt und den eigenen Weg auch gegen scheinbares „sicheres Terrain“ gehen kann. Ihre Geschichte regt dazu an, innezuhalten und sich Fragen zu stellen, die weit über die tägliche Arbeit hinausgehen: Was treibt mich an? Was wünsche ich mir von meinem Berufsleben? Wann wird es Zeit, loszulassen? Antworten darauf zu finden, kann der Schlüssel sein, um in einer sich ständig wandelnden Welt nicht nur zu bestehen, sondern erfüllt und selbstbestimmt zu leben.