Die Strompreise im Vereinigten Königreich gehören zu den höchsten weltweit, was Verbraucher und Unternehmen gleichermaßen vor große Herausforderungen stellt. Trotz erheblicher Fortschritte im Ausbau erneuerbarer Energien bleiben die Kosten auf einem hohen Niveau, was viele Fragen darüber aufwirft, warum dies so ist und welche Lösungen möglich sind. Die Ursachen für die hohen Stromkosten sind vielschichtig, doch ein wesentlicher Faktor ist die starke Abhängigkeit von Erdgas, dessen Preise seit dem Beginn der Ukraine-Krise extrem angestiegen sind. Erdgas ist die Hauptenergiequelle für die Stromerzeugung im Vereinigten Königreich. Obwohl der Ausbau erneuerbarer Energien zuletzt deutliche Fortschritte gemacht hat und bereits mehr als die Hälfte des Strombedarfs über Wind- und Solarenergie gedeckt wird, bestimmen immer noch die Gas-Kraftwerke den Strommarktpreis.
Das liegt am Marktmechanismus der sogenannten Grenzkostenpreisbildung, bei der der Preis vom teuersten zur Deckung des Bedarfs benötigten Kraftwerk festgelegt wird. Erdgas ist aufgrund geopolitischer Spannungen und Lieferengpässe deutlich teurer geworden. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen gegen Russland haben die Gaspreise auf ein Rekordniveau steigen lassen. Da Gas 98 Prozent der Zeit den Marktpreis für Strom bestimmt, sind auch die Strompreise entsprechend hoch. Der Unterschied zu anderen europäischen Ländern ist dabei bemerkenswert.
In Frankreich beispielsweise liegt der Anteil der Gas-Kraftwerke bei der Preisbildung nur bei etwa sieben Prozent, da sie stark auf Atomkraft setzen. In Deutschland, das ebenfalls stark erneuerbare Energien nutzt, liegt der Gasanteil bei der Preisfestlegung bei rund 25 Prozent. Die Folge der hohen Strompreise ist eine extreme finanzielle Belastung für private Haushalte, die mit einem Anstieg der Jahreskosten um mehrere hundert Pfund rechnen müssen. Gleichzeitig leiden besonders energieintensive Industriezweige wie Stahlhersteller unter den hohen Kosten und werden im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Dies wirkt sich negativ auf Investitionen und Arbeitsplätze aus.
Ein wichtiger Schritt zur Senkung der Stromkosten besteht darin, die Abhängigkeit vom Erdgas zu verringern. Der Ausbau von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie sowie die Stärkung der Kernenergie können dazu beitragen, den Anteil des Gases am Energiemix zu reduzieren. Dies dürfte langfristig die Preissetzung auf dem Strommarkt verändern und die Preise stabilisieren. Das Vereinigte Königreich will bis 2030 den Beitrag von Gas zur Stromproduktion auf fünf Prozent senken, was eine wesentliche Entlastung für Verbraucher bedeuten könnte. Neben der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien ist es jedoch essenziell, Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abzustimmen.
Das bedeutet, Energiespeichertechnologien auszubauen und flexiblere Netze zu entwickeln. Batterien, Pumpspeicherkraftwerke und innovative Technologien wie Flüssigluft- oder Druckluftspeicher könnten Überschüsse an erneuerbarer Energie speichern, um sie bei steigender Nachfrage bereitzustellen. So könnten teure Spitzenlastkraftwerke, die meist mit Gas betrieben werden, seltener zum Einsatz kommen. Eine Reform des Marktdesigns bietet weitere Möglichkeiten, die Kosten zu senken. Derzeit setzt der Marktpreis die teuerste für die Deckung des Verbrauchs erforderliche Stromquelle fest, was zu Preisspitzen führt, wenn Gas-Kraftwerke hochgefahren werden müssen.
Die Regierung diskutiert deshalb Modelle, bei denen Gas-Kraftwerke nicht mehr direkt an der Preisfestlegung beteiligt sind, zum Beispiel durch eine teilstaatliche Kontrolle oder langfristige Preisvereinbarungen, die stabile Kosten garantieren. Darüber hinaus gibt es Vorschläge, den Strommarkt in verschiedene Zonen zu unterteilen, um regionale Preisunterschiede besser abzubilden. Regionen mit hohem Anteil an sauberen Energiequellen und geringer Nachfrage könnten von niedrigeren Preisen profitieren, während Gebiete mit hohem Verbrauch und geringem Ausbau erneuerbarer Energien höhere Preise aufweisen würden. Diese Differenzierung könnte Investitionen und Verbrauch besser steuern, allerdings birgt sie auch Risiken für Investitionseindeutigkeit und Marktsicherheit. Ein weiterer Faktor, der die Strompreise beeinflusst, sind staatliche Abgaben und Subventionen, die in den Rechnungen der Verbraucher auftauchen.
Diese Politikmaßnahmen finanzieren den Ausbau grüner Energien, erhöhen jedoch kurzfristig die Stromkosten. Kritiker fordern, diese Umlagen auf Gasrechnungen oder über allgemeine Steuereinnahmen zu finanzieren, um soziale Härten abzufedern und gleichzeitig klimapolitische Ziele zu erreichen. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmen profitieren von einem stabileren und kostengünstigeren Energiemarkt. Um dies zu erreichen, sind Investitionen in den Ausbau nachhaltiger Energiequellen, Speichertechnologien und flexible Netzinfrastrukturen unverzichtbar. Gleichzeitig muss die Energiepolitik darauf abzielen, den Einfluss volatiler Gaspreise zu begrenzen, sei es durch Marktreformen oder staatliche Eingriffe.
Die Veränderungen, die notwendig sind, um die Strompreise im Vereinigten Königreich zu senken, sind komplex und erfordern Kooperation zwischen Regierung, Industrie und Verbrauchern. Nur durch ein integriertes Konzept, das den Energiemix nachhaltig neu ausrichtet, den Marktmechanismus anpasst und soziale Aspekte berücksichtigt, kann der Strommarkt bezahlbar und resilient gestaltet werden. Der Weg in eine saubere und günstige Energiezukunft im Vereinigten Königreich ist somit klar gekennzeichnet: Weniger Gas, mehr erneuerbare Energien, intelligente Netze, innovative Speicherlösungen und faire Kostenverteilung. Durch diese Maßnahmen kann Großbritannien nicht nur seine Klimaziele erreichen, sondern auch die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der aktuellen Energiekrise bewältigen und als saubere Energie-Nation vorangehen.