Die Universität Colorado Boulder hat Anfang 2025 das inzwischen 35 Jahre alte INVST-Programm offiziell beendet. Das Programm war eine feste Institution an der Universität und galt als eines der längstdauernden Initiativen, die Studierende in den Bereichen Klimagerechtigkeit, Rassengleichheit und sozialem Engagement ausbildeten. Über Jahrzehnte hinweg prägte dieses Programm zahlreiche Karrieren durch die enge Zusammenarbeit mit lokalen Organisationen, NGOs und Behörden, wodurch Studierende wertvolle praktische Erfahrungen sammeln konnten. Doch trotz seines Erfolgs steht das Programm aufgrund finanzieller Engpässe und administrativer Widerstände nicht mehr auf den Hochschulgeländen Boulders. Das Ende des INVST-Programms ist eng verbunden mit der Auflösung von CU Engage, einer übergeordneten Einrichtung für Community Engagement, die vor etwa zehn Jahren gegründet wurde.
Die offiziellen Verlautbarungen seitens der Universität führen Budgetkürzungen im Bereich der Pädagogischen Fakultät als Hauptgrund an. Gleichzeitig wurde jedoch mehrfach betont, dass man bemüht sei, das Programm in eine andere Fakultät oder Abteilung zu integrieren, um eine Fortführung zu ermöglichen. Hierbei stößt die Universität allerdings auf interne Hürden, gerade innerhalb des College of Arts and Sciences. Die damalige Leiterin von INVST, Sabrina Sideris, reichte seit Dezember 2024 mehrere Vorschläge ein, um das Programm beispielsweise bei der Geographie-Abteilung unterzubringen. Diese zeigte sich auch sehr aufgeschlossen, was von der Hochschulleitung jedoch geblockt wurde.
Der Widerstand innerhalb der Führungsebene der College of Arts and Sciences scheint tiefgehend zu sein. Trotz breiter Unterstützung vonseiten der Fakultät und positiven Rückmeldungen wurde weder ein Umzug genehmigt noch finanziell ermöglicht. Die Leitung der Fakultät verwies auf fehlende Mittel, die notwendig wären, um INVST nachhaltig zu betreiben. Diese Budgetzuweisung bildet den Kern der Diskussion um die Prioritätensetzung an der Universität. Dabei werfen ehemalige Verantwortliche der Hochschule ein kritisches Licht auf die Entscheidungsprozesse und bezweifeln die finanzielle Begründung angesichts von zeitgleichen Gehaltserhöhungen für mehrere Hochschuladministratoren.
Eines der markanten Argumente gegen das Programm ist das neue leistungsorientierte Budgetmodell, das an CU Boulder eingeführt wurde. Die Finanzierung der einzelnen Abteilungen wird verstärkt an die Anzahl der eingeschriebenen Studierenden gekoppelt, was insbesondere kleinen, interdisziplinären Programmen wie INVST das Überleben erschwert. Die Verantwortung für Austausch, sozialem Engagement und Klimawandelbildung wird dadurch indirekt marginalisiert. In der Öffentlichkeit jedoch genießt das INVST-Programm große Anerkennung. Zahlreiche Partnerorganisationen aus Boulder und Umgebung lobten die praktische Ausbildung der Studierenden, die oftmals direkten Einfluss auf die Arbeit und Erfolge insbesondere im Bereich sozialer Gerechtigkeit nahmen.
Inhaltlich bot INVST ein anspruchsvolles Curriculum mit 16 Leistungspunkten, das speziell auf die Entwicklung von Führungskompetenzen im Kontext von Klimagerechtigkeit, sozialem Aktivismus und rassischer Gleichstellung ausgelegt war. Dabei arbeiteten die Studierenden eng mit lokaler Politik und gemeinnützigen Organisationen zusammen, etwa dem Boulder Food Rescue, Bridge House oder der Colorado Immigrant Rights Coalition. Das Programm war somit ein Leuchtturmprojekt, das eine Schnittstelle zwischen akademischer Ausbildung und sozialem Handeln schuf. Für viele Studierende bedeutete die Schließung eine große Enttäuschung. So äußerte etwa eine angehende Ingenieurstudentin, dass ihr die praktische Einbettung des Studiums im Bereich Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung fehlte, die das INVST-Programm gerade vermittelte.
Gerade die Verbindung von theoretischer Ausbildung und aktivem, lokalfokussiertem Engagement wurde als besonders wertvoll hervorgehoben. In den letzten Monaten vor der endgültigen Schließung bot INVST noch ein Sommerprogramm in Zusammenarbeit mit der Geographie-Abteilung an. Diese Initiative konzentrierte sich auf regenerative Landwirtschaft und nachhaltiges Wohnen im Südwesten der USA, verbunden mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung rund um Themen wie Energie und Landnutzung. Auch wenn die Zukunft solcher Angebote noch ungewiss ist, hoffen Verantwortliche, zumindest ein Sommerprogramm weiterhin anbieten zu können, was die Brücke zum sozialen Engagement aufrechterhalten soll. Die Schließung des Programms folgt auf eine zweijährige Pause, die ursprünglich dazu diente, eine Neuausrichtung der Inhalte vorzunehmen und auf die Bedürfnisse der Studierenden besser einzugehen.
Die Pause wurde allerdings verlängert und mündete letztendlich in die Auflösung. Die damalige Zusicherung einer Wiedereinführung durch Hochschulvertreter wurde im Nachhinein als taktische Verzögerung empfunden, der Plan war offenbar von Anfang an, das Programm zu eliminieren. Bemerkenswert ist auch der politische Kontext, in dem sich CU Boulder befindet. Klimaprogramme, Initiativen für Diversity, Equity & Inclusion (DEI) sowie Forschung zu öffentlichen Gesundheitsfragen haben in den letzten Jahren vermehrt unter politischem Druck und zurückgehender Finanzierung von staatlicher Seite gelitten. Diese Rahmenbedingungen erschweren es Hochschulen, innovative und sozial engagierte Programme aufrechtzuerhalten, die nicht sofort große Studierendenzahlen anziehen, aber gesellschaftlich wichtigen Aufgaben nachkommen.
Die Einstellung von INVST steht damit exemplarisch für einen Wandel in der Hochschulpolitik, der den Fokus zunehmend auf Effizienz, Monetarisierung von Studiengängen und messbare Leistungen richtet. Initiativen, die auf interdisziplinäres Arbeiten, langfristiges Engagement und gesellschaftlichen Wandel ausgerichtet sind, geraten leicht ins Hintertreffen. Dies löst nicht nur in der akademischen Gemeinschaft, sondern auch in den sozialen Bewegungen, denen das Programm diente, Enttäuschung und Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft irreversibler Bildungs- und Aktivismusstrukturen aus. Zusammenfassend verkörpert das Ende des INVST-Programms an der Universität Colorado Boulder eine Herausforderung, die viele Hochschulen derzeit erleben: das Spannungsfeld zwischen finanziellen Zwängen, politischen Einflüssen und den Ansprüchen junger Generationen auf eine gesellschaftlich verantwortliche Ausbildung. Während einzelne Fachbereiche bemüht sind, das Engagement der Studierenden weiter zu fördern, zeigt sich die Hochschulleitung in Bezug auf nachhaltige Leitungsausbildung für Klimagerechtigkeit und soziale Gerechtigkeit wenig kooperativ.
Die Reaktionen von ehemaligen Beteiligten, Fakultätskörpern und externen Partnern verdeutlichen den Wert, den das Programm in der Vergangenheit hatte und den Verlust, den die Schließung bedeutet. Der Blick in die Zukunft bleibt offen, doch fest steht, dass die Universität sich erneut mit den Fragen auseinandersetzen muss, wie sie Verantwortung für Klima und soziale Gerechtigkeit übernimmt und wie sie Studierende befähigt, sich aktiv und wirksam für gesellschaftlichen Wandel einzusetzen. Die Erfahrungen aus INVST bieten dabei wichtige Impulse für neue Wege der universitären Lehre und Vernetzung mit der Zivilgesellschaft.