Die Online-Shopping-Plattform Temu, die sich in den letzten Jahren mit extrem günstigen Preisen in den USA einen Namen gemacht hat, sieht sich nun mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Grund hierfür sind die von der Trump-Regierung eingeführten Importzölle auf Waren aus China, die Einfuhrkosten von Temu-Produkten um bis zu 145 Prozent steigen lassen. Diese drastische Erhöhung der Importgebühren führt dazu, dass sich die Preise für viele Artikel mehr als verdoppeln, was das bisherige Geschäftsmodell des Unternehmens in Frage stellt und Auswirkungen auf die gesamte E-Commerce-Landschaft hat. Temu verdankt seinen rasanten Aufstieg vor allem dem Angebot von preiswerten Waren, die häufig aus China direkt an US-Kunden geliefert wurden. Durch die Ausnutzung der sogenannten de minimis-Regelung konnten viele Produkte mit einem Wert von unter 800 US-Dollar zollfrei importiert werden.
Diese Regelung ermöglichte es Temu und ähnlichen Plattformen wie Shein, ihre Produkte zu äußerst günstigen Preisen anzubieten, da sie keine Importgebühren direkt weitergeben mussten. Dieses Preis- und Wettbewerbsvorteil sorgte schnell für einen Boom bei Konsumenten, die auf der Suche nach günstigen Alternativen zu etablierten US-Händlern waren. Im Jahr 2025 änderte sich das allerdings grundlegend. Die Trump-Regierung setzte die bestehenden Zölle auf chinesische Produkte hoch an und plant zudem das Ende der de minimis-Ausnahmeregel. Dies bedeutet für Temu, dass viele der bislang zollfreien Waren nun mit Importgebühren belegt werden.
Die Konsequenz daraus ist, dass Temu seit Ende April 2025 Importgebühren von ungefähr 145 Prozent erhebt, was die Endpreise für viele Kunden drastisch verteuert. Demnach vervielfachen sich Preise für typische und beliebte Produkte wie Kleidung, Haushaltsgeräte oder Elektronik nahezu. Ein Beispiel verdeutlicht die Dimension dieser Preiserhöhung: Ein sommerliches Kleid, das zuvor für 18,47 US-Dollar angeboten wurde, kostet heute inklusive Importgebühren 44,68 US-Dollar – eine Erhöhung um über 140 Prozent. Ähnlich stark betroffen sind andere Artikel wie Kinderschwimmanzüge oder Handstaubsauger, die sich preislich mehr als verdoppelt haben. Für Verbraucher, die bisher aufgrund der unschlagbaren Preise bei Temu einkauften, sind diese Entwicklungen ein harter Rückschlag.
Temu selbst erklärt auf seiner Website, dass diese Importgebühren alle Kosten abdecken, die mit Zollformalitäten und Abgaben verbunden sind. Interessanterweise betont das Unternehmen aber auch, dass die ausgewiesenen Gebühren möglicherweise nicht exakt den Beträgen entsprechen, die an die Zollbehörden weitergeleitet werden. Die Importgebühren sind damit eine Art Pauschalaufpreis, den der Händler erhebt, um die neuen Kosten aufgrund von Handelsbeschränkungen aufzufangen. Im Vergleich dazu verfolgt der Mitbewerber Shein eine leicht andere Strategie. Shein hat zwar ebenfalls die Preise erhöht, verzichtet jedoch momentan auf explizit ausgewiesene Importgebühren.
Stattdessen sind die Zölle im Produktpreis integriert, sodass der Kunde nicht zusätzlich belastet wird und beim Erhalt der Ware keine unvorhergesehenen Kosten mehr entstehen. Diese Transparenz könnte ein Wettbewerbsvorteil sein, obwohl auch Shein von den gestiegenen Kosten betroffen ist. Die Reaktionen der Temu-Kunden sind eindeutig. Auf Plattformen wie Reddit berichten zahlreiche Nutzer frustriert darüber, dass die Preise plötzlich erheblich angestiegen sind und der einstige Sparvorteil stark verloren gegangen ist. Kommentare wie „Es war schön, so lange es gedauert hat“ oder „Vom Einkauf wie ein Milliardär zum Sparen wie ein Normalverdiener“ spiegeln die Enttäuschung wider.
Einige Kunden geben an, künftig lieber bei etablierten US-Händlern wie Amazon, Walmart oder Target zu bestellen, auch wenn dort meist etwas höhere Grundpreise gelten, da die Lieferzeiten oft kürzer sind und keine zusätzlichen Importgebühren anfallen. Auch Händler und Unternehmer in der Riege des Online-Handels beobachten die Situation mit Besorgnis. Temu hat in der Vergangenheit stark in Online-Werbung investiert, um seine Marktpräsenz auszubauen. Doch seit der Ankündigung der Zollerhöhungen wurden die Ausgaben für US-Werbung deutlich reduziert. Gleichzeitig ist die App-Platzierung von Temu deutlich abgesackt – laut Daten von Apple und Analysten rangiert sie nicht mehr in den Top 10, sondern ist auf Platz 73 zurückgefallen.
Dies zeigt deutlich, dass der plötzliche Preisanstieg die Beliebtheit der Marke negativ beeinflusst. Vor dem Hintergrund der neuen Zölle versuchen viele Händler, den Schaden zu minimieren. Temu hat begonnen, verstärkt auf Produkte zu setzen, die aus lokalen US-Warenlagern verschickt werden. Diese Waren werden meist nicht mit Importgebühren belegt, sodass Temu zumindest teilweise wettbewerbsfähige Preise anbieten kann. Tatsächlich finden sich auf der Plattform mittlerweile viele Angebote mit einem „local“-Label, bei denen Kunden keine zusätzlichen Importkosten zahlen müssen.
Dieser Trend ist für Temu ein Versuch, das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen und den Preisvorteil zumindest teilweise zu erhalten. Doch die Umstellung auf lokale Lagerhaltung bringt Herausforderungen mit sich. Der Aufbau und die Pflege von Lagerkapazitäten in den USA erfordern erhebliche Investitionen und verändern die Logistikkette grundlegend. Zudem sind die Produktionskosten in den USA häufig höher, was wiederum den Endpreis der Produkte beeinflussen kann. Insofern ist noch unklar, ob Temu langfristig seine ursprüngliche Preisstrategie wiederherstellen oder ob die Kostensteigerungen dauerhaft die Kundenzufriedenheit und Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen werden.
Gesamtwirtschaftlich betrachtet sind die Zollerhöhungen Teil einer größeren Strategie der US-Regierung, die Handelsbeziehungen mit China neu zu justieren und US-amerikanische Unternehmen sowie Verbraucher zu schützen. Doch die Folgen sind komplex. Einerseits sollen heimische Hersteller gestärkt und unfairer Wettbewerb unterbunden werden, andererseits führen die höheren Importkosten zu Preissteigerungen, die besonders bei preisbewussten Verbrauchern auf Widerstand stoßen. Für Konsumenten, die in wirtschaftlich angespannten Zeiten möglichst preiswert einkaufen müssen, kann das Ende der günstigen Waren von Temu und ähnlichen Plattformen bedeutende Einschränkungen bedeuten. Produkte, die vorher als Luxus oder zusätzliche Freude zum niedrigen Preis erhältlich waren, werden jetzt teurer und rücken damit für viele weiter aus dem finanziellen Rahmen.
Die Suche nach bezahlbaren Alternativen und das Bewusstsein für neue, versteckte Kosten gewinnen somit an Bedeutung. Die Situation bei Temu bietet auch spannende Einblicke in die Auswirkungen von Handelskonflikten auf internationale E-Commerce-Unternehmen. Online-Händler, die über Grenzen hinweg Produkte verkaufen und versenden, sind besonders anfällig für politische Entscheidungen, tarifäre Maßnahmen und veränderte Verpflichtungen in Bezug auf Zoll und Einfuhrabgaben. Strategien wie die lokale Lagerhaltung, Preisanpassungen und Transparenz bei Gebühren werden zu entscheidenden Faktoren, um Kundenvertrauen zu erhalten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Auch im Jahr 2025 bleibt die E-Commerce-Branche im internationalen Handel somit dynamisch und herausfordernd.