Die rasante Entwicklung im Bereich Cloud Computing und künstliche Intelligenz erfordert enorme Rechenkapazitäten und hochmoderne Infrastruktur. Neue Akteure, sogenannte Neoclouds, drängen in den Markt und versuchen, mit innovativen Angeboten und wettbewerbsfähigen Preisen gegen die etablierten Big Player wie Microsoft Azure, Amazon Web Services und Google Cloud anzutreten. Ein besonders interessantes Beispiel dafür ist TensorWave, ein Neocloud-Unternehmen mit Sitz in Las Vegas, das eine beachtlich große AMD-basierte GPU-Clusterinfrastruktur aufbaut. Doch wie finanziert TensorWave die erheblichen Kosten dieses ambitionierten Projekts? Dieser Frage gehen wir hier auf den Grund. TensorWave wurde im Dezember 2023 von den erfahrenen Unternehmern Darrick Horton, Jeff Tatarchuk und Piotr Tomasik gegründet.
Die Gründer bringen vielfältige Erfahrungen aus den Bereichen Hochleistungstechnologie, Marketing und Kapitalbeschaffung mit. Horton verfügt über einen soliden naturwissenschaftlichen Hintergrund mit Fachkenntnissen in Plasmaphysik und mechanischem Engineering, während Tatarchuk und Tomasik insbesondere operative und Geschäftsstrategien vorantreiben. Tomasik ist außerdem als General Partner beim 1864 Fund aktiv, einem in Nevada ansässigen Startup-Beschleuniger, der Kapital in vielversprechende regionale Firmen investiert. Für Neoclouds wie TensorWave ist Kapital der Schlüssel zur schnellen Expansion. Um mit den großen Cloud-Giganten zu konkurrieren, braucht es eine hohe Rechenleistung, die mit herkömmlichen Mitteln oft kaum finanzierbar ist.
TensorWave setzt dabei auf eine strategische Finanzierungsphase, die in zwei wesentlichen Tranchen erfolgte. Zunächst wurde im Oktober 2024 eine Kapitalaufnahme in Form einer SAFE-Finanzierung (Simple Agreement for Future Equity) in Höhe von 43 Millionen US-Dollar abgeschlossen. Diese Finanzierungsform bietet Vorteile wie die Vermeidung unmittelbarer Verschuldung und eine spätere Umwandlung in Anteile zu einem definierten Triggerereignis. Diese Mittel setzten die Gründer gezielt zur Verbesserung der Infrastruktur und zum Erwerb tausender AMD „Antares“ Instinct MI300X GPU-Beschleuniger ein. Die entscheidende Wende brachte dann eine Serie-A-Finanzierungsrunde Anfang 2025, bei der TensorWave weitere 100 Millionen US-Dollar einwarb.
Die Runde wurde maßgeblich von AMD Ventures sowie dem Hedgefonds Magneter Capital angeführt, flankiert von bekannten Investoren wie Maverick Silicon, Nexus Venture Partners und Prosperity7 – dem milliardenschweren Unternehmensfonds von Aramco Ventures, einer Tochtergesellschaft des saudischen Ölkonzerns Aramco. Diese großangelegte Kapitalaufnahme ermöglicht TensorWave den Aufbau eines schweren AI-Trainingsclusters mit 8.192 brandneuen Instinct MI325X GPU-Karten, einer verbesserten Variante der MI300X mit erweiterten Speicher- und Bandbreitenkapazitäten. Die finanzielle Dimension des Vorhabens wird besonders deutlich, wenn man die reinen Hardwarekosten betrachtet. Basierend auf Schätzungen liegen allein die GPU-Ausgaben für die 8.
192 MI325X-Karten bei etwa 240 Millionen US-Dollar. Dazu kommen DPUs (Data Processing Units) von Pensando, die jede GPU begleiten, sowie die Ausrüstung der Server mit jeweils zwei AMD „Turin“ Epyc 9005 CPUs, Flash-Speicher für schnellen Datenzugriff und Netzwerkausstattung mit 400-Gb/s-Ethernet-Switches. Die Gesamtkosten für die vollständige Infrastruktur, inklusive Netzwerk und Peripherie, dürften sich nahe 365 Millionen US-Dollar bewegen. Angesichts der hohen Investitionen stellt sich die Frage, wie TensorWave diese Summe finanziell stemmen kann. Die Antwort liegt in einer kombinierten Strategie aus Risikokapitalfinanzierungen, strategischen Partnern und vermutlich auch günstigeren Einkaufskonditionen bei AMD, wobei letztere angesichts der knappen Marktverfügbarkeit der HBM-Speicher und der enormen Nachfrage nach High-End-GPUs wohl eher begrenzt sind.
Die Beteiligung von Prosperity7 verdeutlicht, dass internationale Investoren mit tiefen Taschen und strategischem Interesse im Spiel sind. Der Start mit einem bereits bestehenden kleineren MI300X-Cluster, das auf etwa 75 Millionen US-Dollar geschätzt wird, liefert zudem eine Basis und Demonstrator, der Vertrauen bei Investoren schafft. Ein wichtiges Element in TensorWaves Geschäftsmodell ist die Positionierung im Preiswettbewerb. Anders als die großen Cloud-Anbieter bietet TensorWave GPU-Kapazität zu deutlich günstigeren Preisen an. Die MI300X-GPUs werden für rund 1,50 US-Dollar pro GPU-Stunde abgerechnet, ein vernünftiger Tarif angesichts der spezialisierten Hardware.
Für die neueren MI325X GPUs verlangt TensorWave einen Preis von etwa 2,25 US-Dollar pro GPU-Stunde, was im Marktvergleich sehr attraktiv ist. Zusätzlich offeriert TensorWave kundenspezifisch konfigurierte Enterprise-Cluster-Lösungen sowie erweiterte Speicheroptionen mittels WEKA-Dateisystem. Kundenfreundlich und flexibel zeigt sich das Unternehmen außerdem mit seinem „Maverick“-Inference-Service, der das Ausführen anspruchsvoller KI-Modelle wie Llama 3.3 70B oder DeepSeek R1 671B auf dedizierten GPUs ermöglicht. Die Abrechnung erfolgt auch hier zu konkurrenzfähigen Konditionen.
Die Kombination aus attraktiven Preisen, spezialisierten Leistungsangeboten und modernster Hardware dürfte TensorWave helfen, Marktanteile zu gewinnen und langfristige Einnahmen zu generieren, die zur Bedienung der Investitionskosten beitragen. Damit zeigt TensorWave exemplarisch, wie Neoclouds mit einer Mischung aus strategischer Kapitalaufnahme, technologischer Differenzierung und preislichen Vorteilen im Wettbewerb mit großen Cloud-Anbietern bestehen können. Die Rolle von AMD als Hardwarelieferant und Investor verstärkt dabei die technologische Basis und schafft Vertrauen bei weiteren Investoren. Die nächste Frage wird sein, wie sich TensorWave technisch und kommerziell weiterentwickelt. Mit geplanten Skalierungsprojekten und schnellen Innovationszyklen könnte das Unternehmen eine bedeutende Rolle im Marktsegment der spezialisierten Cloud- und KI-Infrastruktur einnehmen.
Damit verbunden ist auch eine signalhafte Botschaft an Investoren: Mutige Kapitalgeber werden für ihre Risiken mit Zugang zu einer aufstrebenden Technologie und einem neuartigen Cloud-Anbieter belohnt, der eine Nische bedient und zugleich den Wettbewerb belebt. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Finanzierung von TensorWaves AMD-Cluster ein Paradebeispiel für moderne Startup-Finanzierung im Hightech-Umfeld ist. Die Kombination aus Sofortkapital durch SAFE-Instrumente, anschließenden Aktienplatzierungen in der Serie-A-Runde und der Unterstützung hochkapitalisierter strategischer Partner schafft die notwendige Basis für massive technologische Investitionen. Die kontinuierliche Skalierung und der Ausbau der Infrastruktur markieren den Weg in eine neue Ära der KI-Cloud-Landschaft, in der auch kleinere, agile Cloud-Anbieter mit cleveren Finanzierungsmodellen und innovativen Ansätzen eine bedeutsame Rolle spielen können.