Die Welt der Kryptowährungen ist nicht nur innovativ, sondern auch volatil und komplex, insbesondere wenn es um Insolvenzen großer Plattformen wie FTX und Celsius geht. In den letzten Jahren haben viele Investoren und Nutzer dieser Krypto-Handels- und Kreditplattformen Verluste erlitten, die weit über den unmittelbaren finanziellen Schaden hinausgehen. Ein zentrales Problem ist dabei die Berechnung der Rückzahlungen an Gläubiger anhand veralteter Krypto-Preise, was dazu führte, dass Milliarden an Wert hinter den aktuell möglichen Entschädigungen zurückblieben. Nun steht das US-Justizministerium (DOJ) vor der Herausforderung, diese Situation zu überdenken und Wege zu finden, betroffene Investoren gerechter zu entschädigen. Diese Entwicklung könnte wegweisend für die Zukunft digitaler Assets und deren regulatorische Handhabung sein.
Als FTX im November 2022 kollabierte, lag der Bitcoin-Preis bei etwa 18.000 US-Dollar, während die Kryptowährung Anfang 2025 die Marke von 85.000 US-Dollar überschritten hat. Unter den derzeitigen Insolvenz- und Rückzahlungsregeln erhalten betroffene Anleger bei FTX beziehungsweise vergleichbaren Fällen wie Celsius eine Entschädigung, die auf dem Kursniveau zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs basiert und nicht auf den aktuellen Marktpreisen. Dies bedeutet konkret, dass Investoren massiv an potenziellen Gewinnen verloren haben, die sie erzielt hätten, hätten sie zum Beispiel auf einen aktuellen Rückzahlungswert Anspruch gehabt.
Die derzeitige Rechtslage resultiert aus der grundsätzlichen Praxis bei Insolvenzen und gerichtlichen Vollstreckungen, bei denen Vermögenswerte zum Zeitpunkt der Insolvenz bewertet werden. Diese Herangehensweise soll Rechtsklarheit und Verlässlichkeit schaffen, birgt jedoch bei stark schwankenden Vermögenswerten wie Kryptowährungen erhebliche Nachteile. Die Kryptoindustrie zeichnet sich durch extreme Preisvolatilität aus, was dazu führt, dass solche Bewertungen innerhalb kurzer Zeit mehrfachen Schwankungen unterliegen können. Für die betroffenen Anleger stellte sich dies als besonders nachteilig dar, denn ihre ursprünglichen Krypto-Bestände hätten nach Marktaufschwüngen deutlich mehr Wert haben können. Neben FTX und Celsius gibt es weitere prominente Krypto-Insolvenzen wie Voyager, Genesis, BlockFi und Gemini, bei denen ähnlich gravierende Bewertungsprobleme entstanden sind.
Die damit verbundenen Unzufriedenheiten und juristischen Auseinandersetzungen veranlassten das DOJ, das bestehende Regelwerk zu hinterfragen und mögliche Anpassungen vorzuschlagen. In einem offiziellen Memo vom 7. April 2025 kündigte das Ministerium an, mögliche gesetzliche Änderungen zu erwägen, die eine bessere Handhabung von digitalen Vermögenswerten in Insolvenzverfahren ermöglichen sollen. Ziel ist es, die Rechte der Gläubiger besser zu schützen und regulatorische Grauzonen zu beseitigen. Die derzeitigen Rückzahlungsprogramme bei FTX und Celsius haben bereits große Summen freigegeben, dennoch zeigen sich deutliche Schwächen.
FTX begann Mitte 2023 mit der Auszahlung von Rückforderungen und plant, 2025 insgesamt 11,4 Milliarden US-Dollar an Gläubiger zurückzuzahlen. Dabei sollen Rückerstattungen bis zu einer Bezeichnung von 50.000 US-Dollar vollständig inklusive einer jährlichen Verzinsung von 9 Prozent erfolgen. Trotzdem wurden bereits fast 400.000 Forderungen im Wert von etwa 2,5 Milliarden US-Dollar aufgrund von Mängeln beim Know-Your-Customer-Verfahren (KYC) abgelehnt.
Viele Anspruchsteller klagen, dass sie nicht ausreichend über die Anforderungen informiert wurden und dadurch ihre berechtigten Ansprüche verloren haben. Im Fall Celsius, der im Januar 2024 das Insolvenzverfahren abgeschlossen hat, wurden fast 98 Prozent der qualifizierten Krypto-Vermögenswerte bereits verteilt. Dies entspricht Rund 2,8 Milliarden US-Dollar an Zahlungen an Gläubiger. Auch hier zeigt sich jedoch, dass trotz hoher Ausschüttungsraten die Bewertung der zurückgegebenen Assets auf alten Kursen beruht und den aktuellen Marktwerten nicht gerecht wird. Diese Diskrepanz führt in der Praxis zu erheblichen finanziellen Einbußen für die Beteiligten und zu einem Vertrauensverlust in traditionelle Abwicklungsmechanismen bei Kryptowährungsinsolvenzen.
Die Idee, Erstattungen auf Basis der aktuellen Marktpreise zu berechnen, klingt zunächst einfach und gerecht. In der Realität ist die Umsetzung jedoch hochkomplex und birgt neue Risiken. Kryptowährungen sind äußerst volatil und können innerhalb kurzer Zeit drastische Kursänderungen erfahren. Eine Marktbewertung zum Zeitpunkt der Rückzahlung könnte daher zu ungerechtfertigten Belastungen führen, wenn die Kurse kurz vor der Auszahlung fallen. Dadurch entstehen potenziell unfairere Ergebnisse für einige Gläubiger, als wenn ein fester Bewertungszeitpunkt definiert wird.
Zudem stellt sich die Frage, welcher genaue Zeitmoment als Referenz gelten soll und wie Marktmanipulationen oder Kursschwankungen objektiv berücksichtigt werden könnten. Juristische Experten und Branchenkenner warnen vor unüberlegten Änderungen der Bewertungsmethoden. Derartige Reformen müssten klar definierte Rahmenbedingungen besitzen, um Konflikte und Rechtsstreitigkeiten zu minimieren. Zudem wäre es erforderlich, nationale und internationale Abstimmungen zu erleichtern, da viele Krypto-Investoren und Verkäufe grenzüberschreitend agieren. Die neue Regulierung müsste genau ausbalanciert sein: Einerseits fair gegenüber Investoren, andererseits praktikabel und rechtssicher für Gerichte und Insolvenzverwalter.
Das DOJ sieht sich daher mit einem bedeutenden Dilemma konfrontiert: Einerseits besteht der dringende Bedarf, Anleger vor großen Verlusten zu schützen und die Justiz modernen Anforderungen anzupassen. Andererseits sind die schnellen und unvorhersehbaren Schwankungen im Kryptomarkt eine Herausforderung für jede starren rechtlichen Rahmenwerke. Wann und wie genau eine Regulierung neue Maßstäbe setzen kann, bleibt abzuwarten. Jedoch ist klar, dass diese Diskussionen einen Wendepunkt markieren können. Die Reform wird auch Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Kryptomärkte haben.
Wenn Investoren mehr Sicherheit hinsichtlich Rückerstattungen und Entschädigungen erhalten, könnte dies das Vertrauen in Kryptoplattformen erhöhen. Gleichzeitig ist damit zu rechnen, dass die Anforderungen an Börsen und Anbieter in Bezug auf Transparenz und Compliance, speziell im Bereich KYC und AML (Anti-Money Laundering), stark steigen werden. Fehler und Lücken in diesen Prozessen haben bei Fällen wie FTX zu erheblichen Problemen geführt. Darüber hinaus sind neben Gesetzgebungen auch technische Lösungen gefragt. Smart Contracts oder Blockchain-basierte Treuhandmechanismen könnten zukünftig eine automatisierte und nachvollziehbare Bewertung sowie Rückzahlung erleichtern und so Streitigkeiten verringern.