Die Planung des Ruhestands ist für viele Menschen ein wichtiger Lebensabschnitt, der gut vorbereitet sein will. Dabei wird häufig ein Risiko übersehen, das verheerende Auswirkungen auf das persönliche Vermögen haben kann: das sogenannte Sequenzrisiko der Renditen. Dieses versteckte Risiko kann dazu führen, dass ein Börsencrash oder ein deutlicher Marktrückgang gerade am Anfang des Ruhestands die Ersparnisse stark beeinträchtigt und die finanzielle Sicherheit gefährdet. Ein tiefer Einblick in diese Problematik und praktikable Ansätze zur Risikominderung sind deshalb essenziell für alle, die den Ruhestand genießen möchten, ohne finanzielle Kompromisse eingehen zu müssen.Das Sequenzrisiko beschreibt die Gefahr, dass negative Marktentwicklungen zeitlich genau dann auftreten, wenn Anleger beginnen, von ihren Kapitalanlagen zu leben.
Insbesondere in den ersten Jahren des Ruhestands können Verluste am Aktienmarkt oder bei anderen Investitionen den Vermögensbestand schmälern und damit die Grundlage für zukünftige Auszahlungen massiv beeinträchtigen. Die Reihenfolge der Renditen ist für die Nachhaltigkeit des Portfolios daher oft entscheidender als die durchschnittliche Rendite insgesamt. Ein markanter Markteinbruch gleich zu Rentenbeginn, etwa wie während der Finanzkrise 2007/2008, kann dazu führen, dass die Rücklagen drastisch schrumpfen. Das kann wiederum dazu zwingen, den Ruhestand anzupassen oder im schlimmsten Fall sogar wieder in den Beruf einzusteigen. Diese sogenannte „Un-Rente“ ist für viele Betroffene mit großem Ärger und Stress verbunden.
Eine wirksame Gegenstrategie ist die sogenannte Bucket-Strategie, die von Finanzexperten wie Devin Carroll propagiert wird. Dabei wird das Vermögen in mehrere „Eimer“ aufgeteilt, die unterschiedliche Funktionen und Risikoprofile erfüllen. Der erste Eimer dient als kurzfristiger Sicherheitspuffer und enthält typischerweise sichere Anlagen wie festverzinsliche CDs oder Staatsanleihen mit festen Laufzeiten. Dieser Sicherheitstopf sollte ausreichend liquide Mittel für fünf bis sieben Jahre des Lebensunterhalts bereithalten, um Marktschwankungen entspannt abfedern zu können. So können Anleger während einer Marktschwäche auf diese Rücklagen zurückgreifen, ohne ihre riskanteren Wertpapiere verkaufen zu müssen – was Verluste realisieren und die Erholung erschweren würde.
Der mittelfristige Eimer ist mit moderateren Anlagen gefüllt, darunter dividendenstarke Aktien oder mittel- bis langfristige Anleihen, die ein gewisses Wachstumspotential aufweisen, aber gleichzeitig stabiler sind als reine Wachstumsaktien. Das Ziel dieses Segments ist es, die Einkommenslücke zwischen kurzfristiger Absicherung und längerfristigem Wachstum zu überbrücken. Vermögenswerte aus dem langfristigen Eimer bestehen überwiegend aus wachstumsorientierten Investments wie Aktien oder renditestarken Fonds. Sie dienen dazu, das Portfolio vor Inflation zu schützen und langfristig weiter zu wachsen. Mit dem weiteren Fortschreiten des Ruhestandszustandes wandern dann Vermögenswerte aus den langfristigen in die mittelfristigen und schließlich in die kurzfristigen Eimer, wodurch ein ständiger Liquiditätsfluss sichergestellt ist.
Neben der Bucket-Strategie spielt die Diversifikation eine zentrale Rolle. Eine breit gestreute Aufstellung der Geldanlagen reduziert das Risiko einzelner Schwachstellen im Portfolio. Das bedeutet, nicht ausschließlich auf eine Anlageklasse wie Aktien zu setzen, sondern auch Anleihen, Immobilienfonds und andere Anlageformen mit unterschiedlichen Risikoprofilen einzubeziehen. Insbesondere in der längerfristigen Vermögensverwaltung sorgt diese Streuung für eine Balance zwischen Rendite und Sicherheit. Schon während der Ansparphase sollte eine intelligente Diversifikation etabliert werden, die auch im Ruhestand dynamisch weiterentwickelt wird, um auf wechselnde Marktbedingungen und die eigene Lebenssituation reagieren zu können.
Ein weiterer entscheidender Faktor ist das Steuermanagement bei der Entnahme aus verschiedenen Altersvorsorgeprodukten. Wer hier unüberlegt handelt, riskiert vermeidbare Steuerbelastungen, die das Kapital noch weiter verringern. Die gezielte Reihenfolge, in der Gelder aus traditionellen IRAs, 401(k)-Plänen oder steuerfreien Konten gezogen werden, hängt von der individuellen Steuersituation ab und sollte optimal aufeinander abgestimmt werden. Dadurch lassen sich Steuern minimieren und die Vermögenssubstanz schonen. Eine Steuerplanung am Anfang der Entnahmephase kann daher wesentlich dazu beitragen, den langfristigen Kapitalerhalt zu sichern.
Neben all diesen technischen Finanzmaßnahmen ist eine realistische Budgetierung und Ausgabenplanung im Ruhestand von großer Bedeutung. Viele Menschen unterschätzen, wie wichtig es ist, die Ausgaben an die finanzielle Wirklichkeit anzupassen. Wer zu früh zu viel vom Kapital entnimmt, schränkt sich selbst ein und reduziert seine Puffer für schlechte Zeiten. Idealerweise berechnet man vor Rentenbeginn, wie viel Geld monatlich entnommen werden darf, um den Bestand über die gesamte erwartete Rentenzeit zu erhalten. Dabei sollten auch regelmäßige Zahlungen wie Renten oder Sozialleistungen eingerechnet werden, die als stabile Einkommensquellen das Kapital ergänzen und den Druck auf das Ersparte mindern.
Das Zusammenspiel von Sozialversicherung, privaten Renten und anderen Einkommensquellen ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Ruhestandsstrategie. Wer den optimalen Zeitpunkt für den Bezug von Sozialleistungen oder Pensionsauszahlungen sorgfältig wählt, kann die Renteneinkünfte maximieren und Steuern reduzieren. Diese regelmäßigen Zahlungen können im Fall eines Börseneinbruchs anfangs genutzt werden, um die Kapitalentnahmen zu reduzieren und dem Vermögen Zeit zur Erholung zu geben. Eine kluge Kombination aus diesen Elementen erhöht die finanzielle Robustheit gegenüber einem möglichen Sequenzrisiko erheblich.Angesichts der Unsicherheiten auf den Finanzmärkten und der zunehmenden Lebenserwartung wird die richtige Vorbereitung auf den Ruhestand immer entscheidender.
Ohne eine Strategie, die das Sequenzrisiko berücksichtigt, laufen viele Anleger Gefahr, im Fall eines Marktabschwungs am Anfang ihrer Entnahmephase nicht mehr ausreichend liquide Mittel zu haben. Dies kann die Lebensqualität über Jahre negativ beeinflussen und zu einer erzwungenen Rückkehr in den Beruf oder einem drastischen Sparzwang führen. Die Kombination aus einer gut durchdachten Bucket-Strategie, angemessener Diversifikation, durchdachtem Steuermanagement, realistischem Budget und optimaler Nutzung von Sozialleistungen bietet eine umfassende Antwort auf diese Herausforderung.Wer sich frühzeitig und umfassend mit diesen Themen auseinandersetzt, hat die besten Chancen, einen sorgenfreien Ruhestand in gewohnter Lebensqualität zu genießen. Es lohnt sich, einen erfahrenen Finanzberater oder Planer zu konsultieren, um die individuellen Gegebenheiten und Risiken zu bewerten und eine maßgeschneiderte Strategie zu entwickeln.
Nur wer das Sequenzrisiko aktiv in den Blick nimmt und darauf vorbereitet ist, kann seine Ersparnisse effektiv schützen und langfristig sichern. Die finanzielle Zukunft und der Erhalt des Lebensstandards im Ruhestand hängen maßgeblich davon ab, wie gut man diese versteckten Risiken erkennt und ihnen begegnet.