Die Veröffentlichung der Nintendo Switch 2 am 5. Juni 2025 markierte einen wichtigen Meilenstein für Nintendo-Fans und die Gaming-Branche. Die Konsole sollte mit Mario Kart World einen farbenfrohen und schnellen Einstieg in die neue Konsolengeneration bieten, dabei auf 4K bei 60 Bildern pro Sekunde setzen und vor allem den mittlerweile zum Standard avancierten HDR-Modus (High Dynamic Range) nutzen. Doch trotz dieser vielversprechenden technischen Spezifikationen entpuppt sich das HDR-Erlebnis bei Mario Kart World als enttäuschend und zeigt ein grundlegendes Problem, das nicht nur Nintendo, sondern die gesamte Spieleindustrie betrifft – ein sogenanntes „Fake HDR“. HDR wurde im Consumer-Bereich längst zum Standard.
Seit den ersten HDR-fähigen Fernsehern, die ab 2015 auf den Markt kamen, hat sich der globale Markt für HDR-TV-Geräte rasant entwickelt, Analysten schätzen den Umsatz rund um HDR-basierte Displays auf um die 150 Milliarden US-Dollar 2024 mit einer erwarteten Steigerung auf 250 Milliarden bis 2033. Dies bedeutet, dass nahezu jeder Konsolenspieler im Jahr 2025 auf einem HDR-fähigen Bildschirm zockt – sei es am Fernseher, Monitor oder Laptop. Die Erwartungen an echten HDR-Content sind also hoch. HDR kann brillante Farben, tiefere Schwarzwerte und einen deutlich erweiterten Dynamikumfang darstellen, der weit über die Grenzen des klassischen SDR (Standard Dynamic Range) hinausgeht, das nur einen begrenzten Farbumfang (meist Rec.709) und geringe Leuchtdichte abdeckt.
Doch gerade bei Mario Kart World scheint Nintendo den neuen technischen Standard eher halbherzig angenommen zu haben. Der bekannte Dolby Vision-Experte Alexander Mejia, der bereits an der HDR-Implementierung auf der Xbox Series X mitgearbeitet hat, analysierte die HDMI-Ausgabe der Switch 2 mittels eines professionellen Capture-Setups. Seine Erkenntnisse zeigen, dass Mario Kart World keine echte HDR-Darstellung bietet, sondern ein auf SDR basierendes Bild lediglich „aufgehübscht“ wurde. Hierbei werden keine Vorteile von erweitertem Farbraum oder hohem Dynamikumfang genutzt – das „Fake HDR“ bleibt hinter dem zurück, was HDR eigentlich leisten kann. Bei genauerer Untersuchung fällt zunächst auf, dass die maximale Leuchtdichte des Spiels bei rund 1.
000 Nits gedeckelt wird, selbst wenn man im Konsolenmenü eine höhere Helligkeitseinstellung auswählt. Die Tonemap, die das Bild von der internen FP16-Linearfarbraumdarstellung auf den Rec.2100 PQ HDR-Standard transformiert, scheint statisch und linear zu arbeiten. Dadurch sind helle Objekte wie Wolken flach und detailarm, anstatt vom erweiterten Dynamikumfang zu profitieren und strahlend oder differenziert dargestellt zu werden. Selbst bei einer Eingabe der consoleseitigen Maximalhelligkeit von 10.
000 Nits steigt der tatsächliche Helligkeitswert des Spiels kaum über 950 Nits hinaus. Ein weiteres Indiz für die halbherzige HDR-Umsetzung manifestiert sich im eingesetzten Farbraum. Obwohl HDR typischerweise mit dem erweiterten Rec.2020-Farbraum arbeitet, kann Mario Kart World diesen Vorteil nicht nutzen. Die dargestellten Farben bleiben linear auf den kleineren SDR-Farbraum Rec.
709 beschränkt. Somit fehlen dem Spiel satte, lebendige Farben, die HDR eigentlich ermöglichen würde. Die vermeintlich kräftigere Farbdarstellung entsteht laut Mejia durch den sogenannten Hunt-Effekt – eine optische Illusion, bei der hellere Farben subjektiv als intensiver wahrgenommen werden, obwohl deren Farbsättigung auf dem Farbspektrum gleich bleibt. Nintendo verschenkt so das volle Farbspektrum, das für eine farbenfrohe Rennfahrerfahrung wie Mario Kart eigentlich prädestiniert wäre. Dass es sich tatsächlich um eine reine SDR-Erstentwicklung mit nachträglichem HDR-Tonemapping handelt, offenbart auch die Analyse der Bildwiedergabe: Mit professionellen Tools wie Davinci Resolve konnte Mejia zeigen, dass sich der HDR-Look von Mario Kart World fast 1:1 durch das manuelle Hochskalieren eines SDR-Masters erzeugen lässt.
Dieses Verfahren ist jedoch nur ein visueller Trick und besitzt keinen echten HDR-Dynamikumfang, sondern streckt lediglich die vorhandenen Helligkeitswerte auf einen größeren Wertebereich. Das Ergebnis ist ein anekdotisches HDR, das sich kaum von einem überbelichteten SDR-Bild unterscheidet – echte Highlights oder tiefe Schatten gehen verloren. Neben der limitierten Helligkeit und Farbpalette fällt zudem eine störende Bandung in großen Flächen wie dem Himmel auf, sichtbar in den 16-Bit ProRes4444-Captures. Solche Banding-Artefakte können entweder durch eine zu geringe Bit-Tiefe im Backbuffer oder durch unzureichendes Dithering entstehen. Diese würden in einem echten HDR-Workflow frühzeitig eliminiert, da das erweiterte Farbspektrum und der größere Dynamikumfang gerade solche Feinheiten stärker sichtbar machen.
Die Tatsache, dass derartige visuelle Fehler im Endprodukt verbleiben, zeigt einen Mangel an frühen HDR-Review-Schleifen und Tests. Mejias Analyse legt offen, warum so viele Entwickler noch immer in der Falle des SDR-First-Workflows stecken. Jahrelang war Produktion und Art-Review ausschließlich auf SDR ausgelegt. Dabei beschränken sich die Farb- und Helligkeitswerte auf das engere Rec.709 und die begrenzte SDR-Leuchtdichte.
Die Folge: Die Content-Produzenten und Künstler arbeiten nur in diesem beschränkten Farbraum, und erst am Ende der Pipeline wird mit einem technischen Tonemapper ein HDR-Schein erzeugt – oft in Eile und mit unzureichendem Feintuning. Ein solcher statischer Tonemapping-Ansatz ist schnell implementiert, kann jedoch keine lebendige HDR-Visualisierung liefern und verwässert den Look entsprechend. HDR wird damit nur als „Feature-Checkbox“ verstanden, statt als kreative Chance und Herausforderung. Es gibt technisch jedoch Möglichkeiten, HDR-Konzepte sauber in den Entwicklungsprozess zu integrieren und von Anfang an auf erweiterte Farbräume und dynamische Tonemapping-Strategien zu setzen. Produktionen sollten bereits in der Vorproduktion HDR-Arrays nutzen, Kalibrierungen für HDR-Monitore vornehmen und Art-Reviews in HDR-Umgebungen durchführen.
Das erlaubt es, Probleme früh aufzudecken und detektivische Pixelarbeit zu leisten. Dies erhöht nicht nur die visuelle Qualität deutlich, sondern sorgt auch dafür, dass sich die Spielwelt durch echte Helligkeitsabstufungen, satte Farben und beeindruckende Lichteffekte auszeichnet. Auch die Nutzung dynamischer Tonemapping-Technologien, wie sie etwa Dolby Vision oder HDR10+ bieten, kann dabei helfen, dass das Spiel visuell auf unterschiedlich hellen und farbkräftigen Displays entsprechend optimiert dargestellt wird. Sie sorgen für eine bessere Anpassung an die Fähigkeiten des jeweiligen Fernsehers oder Monitors und bieten Nutzern eine optimierte HDR-Erfahrung. Nintendo hingegen scheint hier noch wenig Engagement zu zeigen, wie der Vergleich mit anderen HDR-Spielen auf aktuellen Konsolen deutlich macht.
Die Auswirkungen eines schlechten HDR-Implementierung sind für Spieler deutlich sichtbar. Ein gedämpfter, „flacher“ Bildeindruck mindert den Spielspaß, geheime visuelle Highlights gehen verloren und gerade bei einem farbenfrohen Spiel wie Mario Kart entsteht so kein erhellendes und mitreißendes Erlebnis. Für viele Nutzer dürften die Unterschiede zu einem hochwertigen SDR-Bild trotz der technischen HDR-Option kaum wahrnehmbar sein. Die Community reagierte entsprechend zwiegespalten auf die Erkenntnisse. Einige freuen sich zwar über die grundsätzliche HDR-Unterstützung auf der Switch 2, kritisieren aber, dass Nintendo die Möglichkeiten von HDR erst noch entdecken muss.
Andere überlegen, ob sie überhaupt HDR in Mario Kart World aktivieren sollten, da das SDR-Bild manchmal klarer und kontrastreicher wirkt. Nintendo steht mit Mario Kart World ein wichtiges Thema bevor: Wird man die Schwächen der HDR-Implementierung in Zukunft ausmerzen und einen echten Sprung in der visuellen Qualität bieten? Oder bleibt die Konsole weiterhin hinter den industriellen Standards zurück? Gerade weil Spiele heutzutage nicht nur durch Gameplay, sondern auch durch herausragende Grafik Aufmerksamkeit erzielen, wäre eine echte HDR-Integration längst überfällig. Zusammenfassend verdeutlicht die Mario Kart World Analyse von Alexander Mejia, dass der derzeitige Stand der HDR-Unterstützung auf der Nintendo Switch 2 zweifelhaft ist. Der Weg weg vom alten SDR-First-Workflow hin zu nativen HDR-Pipelines scheint noch lang. Entwickler müssen HDR von Anfang an in den Gestaltungs- und Produktionsprozess einbinden, um die Vorteile von erweitertem Dynamikumfang und Farbraum effektiv auszuschöpfen.
Nur so können moderne Spiele die Fähigkeiten heutiger Displays wirklich nutzen und den Spielern ein immersives, visuell beeindruckendes Erlebnis bieten. Die Zeit des oberflächlichen „Fake HDR“ sollte im Jahr 2025 endlich vorbei sein. Die Branche muss mutig voranschreiten und konsequent auf echtes HDR setzen – zum Vorteil der Entwickler, der Hardwarehersteller und vor allem der Spielenden weltweit. Mario Kart World ist ein Lehrstück, an dem sich zukünftige Produktionen orientieren können, um das volle Potenzial moderner Displays endlich auszuschöpfen und visuelle Meisterwerke zu schaffen, die dem HDR-Standard gerecht werden.