Amazon Prime Video hat sich in den letzten Jahren zu einem der führenden Streaming-Dienste weltweit entwickelt. Mit über 200 Millionen Abonnenten gehört die Plattform zu den wichtigsten Playern im Bereich des Online-Streamings. Doch neben der stetig wachsenden Anzahl an Inhalten und der Qualität des Angebots verändert sich auch die Art und Weise, wie Zuschauer mit Werbung in Kontakt kommen, erheblich. Aktuell zeigen Berichte, dass Prime-Video-Abonnenten bis zu sechs Minuten Werbung pro Stunde sehen müssen. Diese Entwicklung verdeutlicht die steigende Bedeutung von Werbeeinblendungen bei Streaming-Diensten – aber auch die Herausforderungen, die damit für Nutzer und Anbieter einhergehen.
Im Januar 2024 führte Amazon eine neue Abo-Struktur ein, bei der alle Prime-Video-Nutzer entweder den werbefinanzierten Tarif wählen oder für das werbefreie Erlebnis einen Aufpreis zahlen müssen. Prime-Kunden erhalten den Dienst derzeit standardmäßig mit Werbung, sofern sie nicht monatlich zusätzlich drei US-Dollar für die werbefreie Nutzung bezahlen. Ebenso können Nutzer Prime Video auch einzeln abonnieren, in einer günstigeren werbefinanzierten Variante für neun Dollar im Monat oder in der werbefreien Variante für zwölf Dollar monatlich. Dieses Modell zeigt die klaren Prioritäten von Amazon: Werbung soll Einnahmen generieren, gleichzeitig aber die Zuschauer nicht übermäßig stören.Amazon hatte ursprünglich versprochen, dass die Werbung bei Prime Video deutlich kürzer ausfallen würde als bei linearem Fernsehen oder anderen Streaming-Diensten mit Werbung.
Allerdings ist die tatsächliche Werbelast in den vergangenen Monaten gestiegen. Laut einem Bericht von AdWeek und Aussagen von Amazon selbst sei die durchschnittliche Werbezeit auf vier bis sechs Minuten pro Stunde angestiegen. Zum Start des Werbeangebots lag dieser Wert noch deutlich niedriger bei etwa zwei bis dreieinhalb Minuten. Damit muss ein durchschnittlicher Zuschauer sich heute also fast doppelt so viel Werbung ansehen wie zum Beginn dieses Modells. Dies bedeutet nicht nur eine monetäre Optimierung für Amazon, sondern hat auch Auswirkungen auf das Nutzererlebnis.
Auch wenn sechs Minuten Werbung pro Stunde auf den ersten Blick vergleichsweise gering erscheinen, ist diese Entwicklung dennoch nicht unerheblich. Im Vergleich zu anderen Diensten befindet sich Prime Video weiterhin im Mittelfeld. Netflix, das erst vor Kurzem Werbeabonnements eingeführt hat, zeigt Werbeinhalte von etwa vier bis fünf Minuten pro Stunde. Max und Peacock, andere werbefinanzierte Dienste, befinden sich teilweise bei fünf bis sieben Minuten Werbung pro Stunde. Lineares Fernsehen – traditionelle Fernsehprogramme, wie wir sie seit Jahrzehnten kennen – sendet sogar zwischen 13 und 16 Minuten Werbung pro Stunde.
Es bleibt also Raum für Wachstum, doch der Druck, das Gleichgewicht zwischen Werbung und Nutzerzufriedenheit zu halten, steigt spürbar.Ein weiterer wichtiger Faktor für den steigenden Werbedruck ist die Struktur der Amazon-Abonnentenbasis. Prime Video zählt zwar 200 Millionen Nutzer, doch ein großer Teil davon hat den Dienst als Teil ihres umfassenden Prime-Pakets abonniert, schaut aber nicht regelmäßig oder intensiv Inhalte auf der Plattform. Etwa 150 Millionen Nutzer konsumieren Amazon Prime Video aktiv mit Werbeunterbrechungen, wobei sich 130 Millionen davon in den USA befinden. Da Werbetreibende auf die tatsächliche Zuschauerschaft schauen, bedeutet dies, dass die effektive Reichweite der Werbung deutlich geringer ist als die Gesamtzahl der Abonnenten vermuten lässt.
Diese Diskrepanz erklärt teilweise, warum Amazon die Werbelast weiter erhöht. Die erhöhte Anzahl der Werbeeinblendungen gleicht die geringere Zuschaueraktivität einiger Abonnenten aus und sorgt für eine bessere Monetarisierung der Plattform. Die Werbepartner profitieren dabei von einer größeren Werbezeit, während Amazon durch die zusätzlichen Einnahmen seine Investitionen in Inhalte und Technologie finanzieren kann.Die Werbeformatinnovationen bei Amazon zeigen außerdem, dass das Unternehmen nicht nur die Menge der Werbung erhöhen möchte, sondern die Anzeigen relevanter und attraktiver für die Zuschauer gestalten will. Amazon investiert in neue Technologien wie Brand+, Complete TV und weitere Formate, um die Werbung zielgerichteter und weniger störend zu machen.
Das Ziel ist es, die Werbeerfahrung so zu gestalten, dass sie als weniger invasiv wahrgenommen wird und die Bindung der Nutzer zum Dienst erhalten bleibt.Aus Sicht der Nutzer führt die steigende Anzahl von Werbeunterbrechungen bei Prime Video zu unterschiedlichen Reaktionen. Viele empfinden die Werbung als lästige Störung, insbesondere wenn sie zuvor werbefreie Erlebnisse gewöhnt waren. Dennoch zeigt Amazon, dass dieser Kompromiss zwischen Werbeeinblendungen und Kostenaufschlägen für viele Nutzer akzeptabel ist. Die nicht werbefinanzierten Pakete sind zwar teurer, aber bieten eine angenehme Seherfahrung ohne Unterbrechungen.
Für sparbewusste Nutzer bleibt die werbefinanzierte Option eine interessante Alternative.Die Frage, wie viel Werbung ein Streaming-Dienst zeigen darf, ist eine Gratwanderung zwischen wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Kundenzufriedenheit. Amazon Prime Video steht exemplarisch für die Herausforderungen der Branche, die mit sinkenden Wachstumsmöglichkeiten bei Abonnements und hoher Konkurrenz zu kämpfen hat. Werbung bietet eine Möglichkeit, Einnahmen zu steigern, ohne die Preise für alle Nutzer anzuheben. Gleichzeitig bergen zu viele Werbeeinblendungen das Risiko, Zuschauer zu vergraulen und sie zur Konkurrenz zu treiben.
Aus Werbesicht bietet Prime Video aufgrund seiner umfangreichen Nutzerbasis dennoch eine attraktive Plattform. Mit gezielten Angeboten und datenbasierten Werbeformaten können Marken ihre Zielgruppen direkt ansprechen und von den umfangreichen Nutzerinformationen Amazons profitieren. Der Streaming-Dienst fungiert somit nicht nur als Unterhaltungsangebot, sondern auch als wichtiger Werbekanal im digitalen Zeitalter.Blickt man auf die Zukunft, ist davon auszugehen, dass Amazon weiterhin an der Optimierung seines Werbemodells arbeiten wird. Nach Aussagen von Führungskräften des Unternehmens ist eine weitere Erhöhung der Werbelast in 2025 geplant, jedoch unter Berücksichtigung der Nutzerakzeptanz.