Die wissenschaftliche Untersuchung lebender Organismen hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschritte gemacht, wobei neue Bildgebungstechnologien eine immer genauere Einsicht in biologische Prozesse erlauben. Besonders die Visualisierung von Organismen in natürlicher Bewegung stellt eine besondere Herausforderung dar, da klassische bildgebende Verfahren oft an Bewegungsartefakten leiden oder nur statische Aufnahmen erlauben. Hier setzt die Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenz-Lichtfeld-Tomographie (High-speed fluorescence light field tomography) an, die einen tiefgreifenden Fortschritt in der Erforschung freibeweglicher Organismen darstellt. Die Grundidee hinter der Lichtfeld-Tomographie ist die Verbesserung der Bildaufnahme durch die Erfassung nicht nur der Intensität des Lichts, sondern auch seiner räumlichen Richtungen. Dies erlaubt es, aus einzelnen Aufnahmen dreidimensionale Informationen zu rekonstruieren, wodurch traditionelle zeitintensive Schichtaufnahmen entfallen.
Wird diese Technik mit Fluoreszenz kombiniert, können spezifische Moleküle innerhalb eines Organismus sichtbar gemacht und somit biologische Prozesse in Echtzeit beobachtet werden. Was die Hochgeschwindigkeits-Variante dieser Technologie besonders auszeichnet, ist die Fähigkeit, schnelle Bewegungen und dynamische biologische Vorgänge aufzuzeichnen. Bei freibeweglichen Organismen wie kleinen Fischen, Larven oder mikroskopischen wirbellosen Tieren verhindert die hohe Bildrate Bewegungsunschärfen und stellt selbst komplexe Verhaltensweisen in detailgetreuer räumlicher und zeitlicher Auflösung dar. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Fluoreszenzmikroskopie-Methoden, die oft nur starre oder bewegungsarme Proben abbilden können. Die Anwendungen dieses Verfahrens in der biologischen Forschung sind vielfältig.
Beispielsweise können neurobiologische Studien davon profitieren, indem neuronale Aktivitätsmuster in lebenden Tieren während natürlicher Verhaltensweisen direkt abgebildet werden. Insbesondere bei kleinen Modellorganismen wie Zebrafischen oder der Caenorhabditis elegans können neuronale Netzwerke und deren Funktionen in einem noch nie dagewesenen Detailgrad untersucht werden. Ebenso sind Untersuchungen der Muskelaktivität, Herzfunktionen oder Entwicklungsprozesse unter realistischen Bedingungen möglich. Technisch setzt die Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenz-Lichtfeld-Tomographie auf spezielle Kameras, die Lichtfeldinformationen mit hoher zeitlicher Auflösung erfassen. Parallel dazu kommen leistungsstarke Rechenalgorithmen zum Einsatz, um aus den Rohdaten volumetrische Darstellungen zu berechnen.
Das ermöglicht nicht nur eine schnelle Verarbeitung, sondern auch die Reduktion von Bildrauschen und anderen Störungen, was die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht. Darüber hinaus eröffnet diese Technik neue Möglichkeiten in der Pharmazie und Medizin. Die Beobachtung von Wirkstoffwirkungen in Echtzeit an ganzen lebenden Organismen erlaubt einen besseren Einblick in molekulare Mechanismen sowie in die Dynamik von Krankheitsprozessen. Dies kann zur Entwicklung effektiverer Therapien und zur Optimierung von Medikamenten führen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Schonung der untersuchten Lebewesen.
Da die Methode berührungslos arbeitet und keine strahlungsintensiven Verfahren erfordert, können Organismen über längere Zeiträume beobachtet werden, ohne dass ihre normale Physiologie beeinträchtigt wird. Dies trägt dazu bei, experimentelle Artefakte zu minimieren und die Aussagekraft von Langzeitstudien zu verbessern. Trotz der vielen Vorteile steht die Hochgeschwindigkeits-Fluoreszenz-Lichtfeld-Tomographie auch vor Herausforderungen. Die Komplexität der Datenaufnahme und -auswertung erfordert eine enge Zusammenarbeit von Fachleuten aus den Bereichen Optik, Informatik, Biologie und Medizin. Zudem kann der Aufbau der Instrumente kostenintensiv sein, weshalb vor allem Forschungsinstitute und spezialisierte Labore von dieser Technologie profitieren.