Hyperspektrale Scans verändern die Art und Weise, wie wir historische Gemälde und ihre Pigmente analysieren und verstehen. Diese innovative bildgebende Technologie ermöglicht es, das sichtbare Licht über viele eng benachbarte Wellenlängen hinaus zu erfassen, sodass detaillierte Spektralinformationen jeder eingesetzten Farbe extrahiert werden können. Die Anwendung dieser Methode in der Kunstgeschichte und Restaurierung hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen, denn sie erlaubt eine bislang unerreichte Materialanalyse ohne Beschädigung der wertvollen Kunstwerke. Die Erforschung der Pigmente, mit denen die großen Meister der Vergangenheit ihre Werke erschaffen haben, ist grundlegend für das Verständnis der künstlerischen Techniken, der Entstehungsprozesse und der historischen Kontexte. Hyperspektrale Scans liefern ein präzises und umfangreiches Spektrum an Informationen über die chemische Zusammensetzung und das Verhalten von Farben unter verschiedenen Lichtverhältnissen.
Dies eröffnet Forschern, Restauratoren und Künstlern die Möglichkeit, die Materialität des Kunstwerks im Detail zu untersuchen. Ein besonders bedeutendes Feld dieser Technologie betrifft die Rekonstruktion historischer Gemälde. Durch hyperspektrale Bildgebung können die Farbschichten detailliert analysiert und digitale Modelle der ursprünglichen Farbgebung erstellt werden. Im Rahmen von Projekten, wie denen, die an Technischen Universitäten und renommierten Forschungseinrichtungen durchgeführt werden, werden originalgetreue Rekonstruktionen von Gemälden bekannter Künstler, darunter Johannes Vermeer und Rachel Ruysch, mithilfe professioneller Maler geschaffen und anschließend wieder mit hyperspektralen Geräten untersucht. Diese Kombination aus traditioneller Maltechnik und moderner Technologie ermöglicht nicht nur ein besseres Verständnis der Anwendungen und Mischungsverhältnisse historischer Pigmente, sondern auch eine dokumentierte und wissenschaftlich fundierte Simulation der optischen Eigenschaften der Originalgemälde.
Dabei kommen auch komplexe physikalische Modelle wie das Kubelka-Munk-Modell zum Einsatz, das die Wechselwirkungen von Licht mit den Farbschichten mathematisch beschreibt und die Transformation von spektralen Daten in gut sichtbare RGB-Bilder erleichtert. Die praktische Anwendung hyperspektraler Scans beschränkt sich nicht nur auf die Analyse der Farbpigmente selbst, sondern umfasst auch die Untersuchung der verschiedenen Malphasen innerhalb eines einzelnen Kunstwerks. Durch das Erfassen mehrerer Schichten und Prozesse, beispielsweise bei der berühmten Vermeer-Rekonstruktion "Het Melkmeisje", können Wissenschaftler das Vorgehen und die Entscheidungen des Künstlers nachvollziehen sowie Beschädigungen und Alterungsprozesse sichtbar machen. Ein großer Vorteil der hyperspektralen Technik ist die nicht-invasive Natur der Datenerfassung. Historische Gemälde müssen nicht angefasst oder beschädigt werden, um präzise Informationen über ihre Farbzusammensetzung zu gewinnen.
Dies ist besonders wichtig für das Erbe, das unter teils sensiblen Bedingungen konserviert wird. Neben der Kunstforschung hat die Verfügbarkeit offener Datensätze und speziell entwickelte Softwarepakete, wie etwa "painting_tools" für die wissenschaftliche Analyse von spektralen Daten, die Zusammenarbeit von Computergrafikern, Kunsthistorikern und Restauratoren beflügelt. Die auf GitHub verfügbaren Tools erlauben es Nutzern, Rohdaten zu verarbeiten, Scans zusammenzufügen (stitching) und Pigmentkarten zu erstellen. Dadurch wird der Zugang zu dieser Technologie demokratisiert und neue Forschungsmöglichkeiten entstehen. Die Materialdatenbank, die Pigmente von berühmten Kunstwerken einschließt, trägt zudem dazu bei, spezifische Eigenschaften von Farbstoffen zu katalogisieren.
So sind beispielsweise historische Pigmente wie Lapislazuli, französischer Ocker oder Indigo mit präzisen Spektraldaten hinterlegt, um sie in der Nachbereitung oder bei digitalen Rekonstruktionen bestmöglich nachzubilden. Eine sehr spezielle Herausforderung ist die Berücksichtigung von Umwelteinflüssen auf die Pigmente, wie Oxidation, Verblassen oder die Wirkung von Überlacken und Schutzglas. Diese Faktoren können die optischen Eigenschaften beeinflussen und bedürfen einer sorgfältigen Verarbeitung in den analytischen Modellen, um valide Ergebnisse zu generieren. Insbesondere bei gescannten Gemälden, die durch Glasplatten geschützt werden, müssen solche Einflüsse in der Auswertung berücksichtigt werden. Die Zukunft der hyperspektralen Kunstforschung verspricht eine immer tiefere Integration von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen, um automatisierte Pigment-Identifikation und Mustererkennung zu ermöglichen.
So kann die Erkundung großer Bilddatenbestände erheblich erleichtert und Beschädigungen oder Restaurierungsspuren objektiv erkannt werden. Wissenschaftliche Arbeiten und Projekte, die auf der Basis von hyperspektraler Bildgebung durchgeführt wurden, tragen auch zur Entwicklung neuer Restaurierungstechniken bei. Erkenntnisse über die spezifischen physikalischen Eigenschaften alter Pigmente helfen dabei, kompatible und langlebige Materialien bei der Konservierung zu entwickeln. Die enge Verzahnung von Forschung und Praxis sichert dabei den Erhalt kultureller Schätze für zukünftige Generationen. Darüber hinaus eröffnet sich für die digitale Kunstwelt und Computergrafik ein faszinierendes Betätigungsfeld.