Die Börse unterliegt natürlichen Schwankungen, und Marktrückgänge sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Dynamik. In solchen Phasen sprechen Anleger oft von der Gelegenheit, Aktien zu einem günstigeren Preis zu erwerben – dem sogenannten "Buy the Dip". Doch eine aktuelle Studie des Investment-Unternehmens BlackRock zeigt, dass Männer dabei doppelt so häufig zuschlagen wie Frauen. Diese Erkenntnis ist kein Zufall, sondern spiegelt tieferliegende Unterschiede im Anlageverhalten zwischen den Geschlechtern wider, die sich bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten manifestieren. Die BlackRock-Umfrage, die im April 2025 unter 1000 registrierten Wählern durchgeführt wurde, befragte die Teilnehmer, ob sie eher dazu neigen, bei fallenden Kursen Aktien zu kaufen, weil diese günstiger sind.
Dabei stimmten 63 Prozent der Männer der Aussage zu, aber nur knapp die Hälfte der Frauen. Dieses signifikante Ungleichgewicht unterstreicht, wie unterschiedlich männliche und weibliche Anleger in volatilen Marktphasen reagieren. Ein zentraler Grund dafür ist die allgemein höhere Risikobereitschaft von Männern. Historisch gesehen investieren männliche Anleger häufiger in risikoreichere Anlageklassen wie Aktien oder Kryptowährungen, während Frauen eher zu konservativeren Instrumenten wie Anleihen oder Tagesgeld tendieren. Diese Tendenz ist nicht alleine durch unterschiedliche Einkommen oder Vermögensverhältnisse erklärbar, sondern geht auf psychologische und soziale Faktoren zurück.
Männer zeigen unter anderem eine größere Neigung zu aktiven Handelsstrategien. Studien, unter anderem von Vanguard Research, belegen, dass Männer häufiger ihr Portfolio umschichten, mehr Trades tätigen und ihre Konten öfter überprüfen. Im Gegensatz dazu vertrauen Frauen eher auf passive Strategien mit weniger Handelsaktivitäten, was viele Experten als "Set-and-Forget"-Prinzip bezeichnen. Dieses Verhalten führt zu geringeren Transaktionskosten und häufig zu einem stabileren Anlageerfolg. Das größere Vertrauen der Männer in ihre eigene Marktkenntnis kann sich jedoch als zweischneidiges Schwert erweisen.
Übermäßige Selbstsicherheit führt oft zu übertriebenem Handel und zu riskanteren Entscheidungen. Die Amundi Investment Institute-Studie weist darauf hin, dass Männer durch häufigerem Handel mehr Kosten verursachen, die ihre Renditen schmälern können. Für Privatanleger, die keine professionellen Händler sind, kann übermäßige Aktivität somit kontraproduktiv sein. Die langfristigen Ergebnisse zeigen, dass Frauen trotz geringerer Handelsfrequenz und höherer Vorsicht sogar besser abschneiden als Männer – zumindest in Bezug auf die durchschnittlichen Renditen der letzten Dekade. Eine Untersuchung von Fidelity aus dem Jahr 2021 kam zu dem Ergebnis, dass weibliche Anleger ihre männlichen Kollegen um durchschnittlich 0,4 Prozentpunkte pro Jahr übertrafen.
Dieses Resultat unterstreicht die Vorteile eines disziplinierten, langfristigen Anlageansatzes, der Marktschwankungen nicht hektisch folgt. Das Phänomen des "Buy the Dip" hängt jedoch auch von der jeweiligen Marktsituation ab. Im April 2018 etwa reagierten viele Retail-Investoren auf die Kursrückgänge infolge der Ankündigung von Handelszöllen durch die US-Regierung mit erhöhtem Engagement. In der Folge erholten sich die Märkte und führten zu Kursgewinnen. Dennoch ist "dip kaufen" keine Erfolgsgarantie, da Märkte sich unvorhersehbar verhalten können und es Phasen längerer Abwärtstrends gibt.
Für Anleger ist es daher wichtig, neben dem richtigen Timing den persönlichen Anlagehorizont, die Risikotoleranz und die finanziellen Ziele zu berücksichtigen. Männer können vom vorsichtigeren Ansatz der Frauen lernen, besonders wenn es darum geht, übermäßige Handelsaktivität zu vermeiden und langfristige Strategien zu entwickeln. Gleichzeitig können Frauen von der höheren Risikobereitschaft profitieren, indem sie ausgewählte Chancen nutzen, ohne dabei ihre Sicherheitsorientierung aufzugeben. Darüber hinaus spielen strukturelle Faktoren eine Rolle. Frauen verdienen im Durchschnitt noch immer weniger als Männer, was sich auch auf ihre Anlagesummen auswirkt.
Zudem übernehmen viele Frauen überproportional viel Verantwortung im familiären Bereich, was sich auf die Zeit und den Fokus für finanzielle Entscheidungen auswirkt. Deshalb ist Finanzbildung entscheidend, um insbesondere Frauen zu stärken und zu einem aktiveren Anlageverhalten zu ermutigen. Die Finanzbranche erkennt dieses Ungleichgewicht zunehmend an und entwickelt speziell auf Frauen zugeschnittene Beratungsangebote sowie Bildungsprogramme, um Hemmschwellen abzubauen und mehr Selbstvertrauen bei Investments zu schaffen. Gleichzeitig wenden viele Plattformen verstärkt Verhaltensforschung an, um investmentfreundliche Umgebungen zu schaffen, die individuelle Risikoprofile besser berücksichtigen und für mehr Diversität beim Investieren sorgen. Zusammenfassend zeigt der Vergleich der Geschlechter beim "Buy the Dip" mehr als nur unterschiedliche Handelsstrategien.