Joann, ein bekannter Name im Bereich Stoffe und Bastelbedarf, steht vor einem einschneidenden Wandel: Bis zum 31. Mai 2025 schließt das Unternehmen endgültig alle seine verbliebenen über 440 Filialen in den gesamten Vereinigten Staaten. Dies markiert das Ende für eine Einzelhandelskette, die seit mehr als acht Jahrzehnten kreative Kunden mit Materialien für Heimprojekte versorgt hat. Die Entscheidung folgt auf eine schwierige Phase des Unternehmens, das kürzlich mehrmals Insolvenz anmelden musste und nun nicht mehr in der Lage ist, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Die geplante Schließung hinterlässt nicht nur eine große Lücke im Markt, sondern wirft auch Fragen zur Zukunft des traditionellen Einzelhandels und zum Verbraucherverhalten auf.
Die Geschichte von Joann beginnt im Jahr 1943, als das Unternehmen als kleiner Stoffladen gegründet wurde. Über die Jahre hinweg entwickelte es sich zu einem der größten Anbieter im Bereich Bastelmaterialien und Heimwerkerbedarf. Die Filialen waren oft Anlaufstellen für Hobbynäher, Künstler und Heimwerker, die Wert auf Qualität und eine breite Produktpalette legten. Doch der Wandel im Einzelhandel, insbesondere die zunehmende Konkurrenz durch Online-Plattformen und veränderte Konsumgewohnheiten, setzte Joann zunehmend zu. Hinzu kamen finanzielle Schwierigkeiten, die das Unternehmen schließlich zwangen, im vergangenen Jahr zweimal Insolvenz nach Chapter-11 anzumelden.
Im April 2025 begann Joann bereits, insgesamt 255 seiner Filialen zu schließen, begleitet von umfassenden Ausverkaufsaktionen, bei denen Rabatte von bis zu 90 Prozent angeboten wurden. Diese Aktionen lockten viele Kunden an, die versuchten, die letzten Schnäppchen für Bastelmaterialien, Stoffe und Werkzeuge zu ergattern. Gleichzeitig wurden Einrichtungsgegenstände wie Regale und Möbel verkauft, um den Ausverkauf abzurunden. Die Rabattaktionen auf der Online-Plattform des Unternehmens wurden jedoch eingestellt, was für weitere Herausforderungen sorgte, da viele Kunden mittlerweile auch den Online-Einkauf bevorzugen. Die verbleibenden über 440 Filialen werden bis Ende Mai 2025 endgültig schließen.
Diese Entscheidung fiel nach einem erfolgreichen Bieterwettstreit um die verbliebenen Vermögenswerte von Joann. Die GA Group, ein Einzelhandelsliquidator mit Erfahrungen im Bereich von Mode- und Stoffeinzelhandel, sicherte sich im Februar die Rechte an den Assets und plant nun das vollständige Auslaufen des Geschäfts. Die GA Group hat bereits in der Vergangenheit mit Joann zusammengearbeitet, unter anderem bei der Übernahme eines Konkurrenten und der Expansion des Filialnetzes. Dennoch führte die aktuelle wirtschaftliche Lage dazu, dass eine Sanierung nicht mehr als realistisch angesehen wird. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf viele Beteiligte.
Für die Mitarbeiter der betroffenen Filialen bedeutet die Schließung den Verlust ihres Arbeitsplatzes, eine Situation, die für zahlreiche Familien Unsicherheit und finanzielle Belastungen mit sich bringt. Viele Beschäftigte zeigten sich trotz der schwierigen Umstände stolz auf ihre langjährige Arbeit bei Joann, während die Suche nach neuen beruflichen Perspektiven ansteht. Auch die Zulieferer und Geschäftspartner des Unternehmens stehen vor Herausforderungen, da eine der größten Abnehmergruppen im Bastel- und Stoffmarkt wegfällt. Für Kunden bedeutet die Schließung von Joann einen bedeutenden Verlust im Einzelhandelsangebot. Viele Bastler und Heimwerker zählten auf die breit gefächerten Produktpaletten und die persönliche Beratung vor Ort.
Der Wegfall der physischen Filialen führt voraussichtlich zu einer stärkeren Konzentration auf Online-Handelsplattformen und spezialisierte Nischenanbieter. Gleichzeitig werden alternative Einzelhandelsketten, lokale Bastelläden und andere Händler versuchen, die entstandene Lücke zu füllen – doch ob dies im gleichen Umfang möglich sein wird, bleibt abzuwarten. Der Fall Joann ist exemplarisch für die Herausforderungen, die viele traditionelle Einzelhändler in Zeiten der Digitalisierung und sich verändernder Verbraucherpräferenzen erleben. Der Druck durch günstige Online-Angebote, veränderte Kaufgewohnheiten und die zunehmende Dominanz von E-Commerce-Riesen wie Amazon gestaltet das Wettbewerbsumfeld zunehmend schwierig. Joann war trotz jahrelanger Bemühungen nicht in der Lage, sich ausreichend zukunftsfähig aufzustellen, was letztlich zum Zusammenbruch des Geschäftsmodells führte.
Darüber hinaus spiegelt die Schließung auch einen Wandel in der Art und Weise wider, wie Menschen ihre Freizeit gestalten und kreativ tätig sind. Digitale Medien, Online-Tutorials und neue Materialen führen zwar zu einer breiteren Verfügbarkeit von Bastelideen, verändern aber gleichzeitig auch die Einkaufsgewohnheiten in diesem Bereich. Viele Verbraucher setzen heute verstärkt auf Bequemlichkeit, schnelle Lieferungen und eine große Produktauswahl im Internet, wo der stationäre Handel oftmals nicht mehr mithalten kann. Trotz der bedauerlichen Schließung von Joann kann die lange Unternehmensgeschichte auch als Erfolgsgeschichte gelesen werden: Über 80 Jahre lang prägte das Unternehmen den amerikanischen Bastelmarkt. Es ermöglichte Millionen von Menschen den Zugang zu kreativen Materialien und motivierte zahlreiche Hobbykünstler zu neuen Projekten.
Die Schließung ist ein trauriges Kapitel, doch sie setzt zugleich einen Impuls für die Branche, sich neu zu erfinden und künftige Geschäftsmodelle an die veränderte Welt anzupassen. Zukünftige Entwicklungen in diesem Segment könnten verstärkt auf digitale Plattformen, Community-Building und personalisierte Angebote setzen, um die speziellen Bedürfnisse von Bastel- und Heimwerkerkunden besser zu erfüllen. Auch nachhaltige Materialbeschaffung und umweltfreundliche Produkte gewinnen zunehmend an Bedeutung – Faktoren, die innovative Akteure im Markt nutzen können, um neue Kunden zu gewinnen und langfristig erfolgreich zu bleiben. Die baldige Schließung der Joann-Filialen wird in den kommenden Wochen sicherlich noch für viel Gesprächsstoff sorgen. Betroffene Kunden und Mitarbeiter können die verbliebenen Ausverkaufsaktionen nutzen, um das eine oder andere Schnäppchen zu ergattern oder Abschied zu nehmen.