Im Oktober 2023 fanden ausführliche Interviews zwischen dem damaligen Präsidenten Joe Biden und dem Sonderermittler Robert Hur statt. Es handelt sich dabei um zentrale Befragungen im Zusammenhang mit der Untersuchung über den Besitz von klassifizierten Dokumenten, die Biden nach seiner Amtszeit als Vizepräsident offenbar aufbewahrte. Diese Gespräche, die sich über mehrere Stunden erstreckten, wurden vom Weißen Haus bis vor Kurzem zurückgehalten und erst im Mai 2025 in Form von Audioaufnahmen veröffentlicht. Die nun zugänglichen Tondokumente liefern bemerkenswerte Einblicke in Bidens Erinnerungsvermögen und die Dynamiken während der Befragungen. Die Audiodateien zeichnen ein Bild von einem Präsidenten, der sich immer wieder schwer damit tut, grundlegende Fakten korrekt zu benennen.
Dabei handelt es sich nicht nur um nebensächliche Details, sondern auch um essenzielle Informationen wie das Jahr, in dem sein Sohn Beau verstarb, die Amtszeit Bidens als Vizepräsident, das Jahr von Donald Trumps Präsidentschaftswahl und die Umstände, warum er bestimmte geheimhaltungsbedürftige Dokumente besaß. Mehrfach vernimmt man bei den Aufnahmen lange Pausen und nachdenkliches Schweigen, bei denen Bidens Anwälte häufig einspringen, um ihn an fehlende Jahreszahlen oder Begriffe zu erinnern. Diese Szenen geben erbarmungslos die teilweise deutlichen Gedächtnislücken wieder, die Biden während der Gespräche erlebte. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist Bidens Schilderung zur Entstehung seines Buches "Promise Me, Dad", in welchem er das Leben und den Tod seines Sohnes Beau thematisiert. Während er im Transkript relativ klar den Todestag seines Sohnes mit 2017 angibt, reflektieren die Audioaufnahmen jedoch viele längere Pausen, in denen er bei der richtigen Jahreszahl unsicher ist und sich vom Ticken einer Großvater-Uhr im Raum begleiten lässt.
Dieses stille Momentbild verstärkt den Eindruck seiner Gedächtnislücken und zeigt die emotionale Belastung, die mit diesen Erinnerungen einhergeht. Die Verhandlungen und Fragen am ersten Befragungstag fielen mit dem Tag nach dem Hamas-Angriff auf Israel zusammen, was Bidens Konzentration offensichtlich beeinträchtigte. In dieser Situation war es für den Sonderermittler schwer nachvollziehbar, wie genau die Klassifizierten Dokumente aus dem Vizepräsidialamt zu Biden gelangten, zumal der Präsident in zahlreichen Abschweifungen immer wieder von dem eigentlichen Thema abschweifte. Im Gegensatz dazu wirkte Biden am zweiten Tag der Befragung deutlich wacher und fokussierter, was auch in seiner Stimmlage hörbar wurde. Wichtig ist, dass bei allen Unsicherheiten Biden während der Interviews nicht wie ein Verteidigender wirkte, sondern vielmehr als eine freundliche, teilweise nostalgische Erzählerfigur, die sich mehr mit Erinnerungen an seine politischen Erfahrungen und persönlichen Erlebnisse beschäftigt.
Er sprach etwa über Präsident Obamas Zweifel an seiner eigenen Präsidentschaftschance 2016, über die handwerklichen Details seines Hauses, sein Interesse an Technologie und Geschichte, und sogar über Freizeitaktivitäten wie das Bogenschießen in der Mongolei. Solche Passagen unterstreichen sein altersgemäßes Verhalten eines erfahrenen Staatsmanns, der manchmal Schwierigkeiten mit Details hat, sich aber insgesamt kooperativ gab. Besondere Aufmerksamkeit erregte Bidens Aussage, warum er ein klassifiziertes Dokument über Afghanistan behalten habe. Er gab zu, dass er dies „wohl für die Nachwelt“ aufbewahren wollte. Diese indirekte Absicht hätte rechtlich als Willensmangel gewertet werden können, also dass er bewusst die Dokumente behalten wollte.
Davon zeigten sich seine Anwälte jedoch schnell bemüht, diese Aussage zu relativieren und stellten klar, dass Biden sich nicht konkret daran erinnere, dies mit Absicht getan zu haben. Dieses Spannungsfeld zwischen juristischer Präzision und menschlicher Vergesslichkeit spielt eine zentrale Rolle in der gesamten Debatte. Die Audioaufnahmen stehen auch im Zentrum der politischen Kontroversen, die sich seit Bekanntwerden von Bidens Klassifizierten-Dokumenten-Fall entzündeten. Republikanische Stimmen kritisierten das Vorgehen von Robert Hur, der sich dazu entschied, kein Strafverfahren gegen Biden einzuleiten. Hur argumentierte, dass eine Jury einen damals 80-jährigen, sympathischen Mann mit Gedächtnisschwächen kaum als vorsätzlich handelnd einstufen würde.
Diese Entscheidung wurde von Demokraten vehement verteidigt, die wiederum den Vorwurf politischer Voreingenommenheit gegen den Sonderermittler erhoben. Zudem entfachte die Veröffentlichung der Audioaufnahmen eine breite öffentliche Diskussion darüber, wie transparent das Weiße Haus im Umgang mit solchen Ermittlungen sein sollte. Letztes Jahr hatte Bidens Team die Herausgabe der Originalaudiomitschnitte verweigert, mit dem Argument, dass sie als „Ermittlungsunterlagen“ geschützt seien und aus politischen Motiven von Gegnern verfälscht würden. Die jetzige Veröffentlichung stellt allerdings klar, dass die Audiomaterialien keinen Anlass zur Sorge vor vorsätzlicher Irreführung geben, sondern eher das Bild eines Präsidenten zeichnen, dessen Gedächtnis altersbedingt nachlässt. Die Aufnahmen tragen zusätzlich zum Verständnis der medialen und politischen Berichterstattung rund um Bidens Präsidentschaft bei.
Im Jahr 2024 wurde mit dem Buch "Original Sin" von Alex Thompson und Jake Tapper eine weitere kritische Auseinandersetzung mit dem Umgang des Weißen Hauses mit Gesundheits- und Leistungsfragen Bidens angekündigt. Die neuen Audiobeweise fügen der Debatte eine weitere Ebene hinzu, da sie das bisherige Wissen allein durch schriftliche Transkripte um ein auditives Element bereichern, das die tatsächlichen Stimmungslagen und Pausen hörbar macht. Nicht zuletzt zeigen die Aufnahmen die Rolle der Anwälte und des Weißen Hauses in diesen heiklen Befragungen. Sowohl Bidens Rechtsbeistände als auch das Weiße Hausrechtsteam griffen mehrfach unterstützend ein, wenn der damalige Präsident nach Worten oder Jahreszahlen rang und hatten die klare Aufgabe, ihn vor Fehlleistungen zu schützen und juristisch angemessen durch die Gespräche zu leiten. Dabei wirkte die Atmosphäre respektvoll bis freundlich, was im Kontrast zu den harten politischen Auseinandersetzungen außerhalb der Interviews steht.