Die Berechnung von Winkeln auf einem Z80-Prozessor bei nur 3,5 MHz Taktfrequenz stellt eine der größten Herausforderungen der Retro-Programmierung dar. Insbesondere im Kontext von klassischen Spielen für den ZX Spectrum, bei denen jeder Zyklus und jedes Byte kostbar sind, war die präzise Bestimmung von Richtungen ein echtes Kunststück. Weder Floating-Point-Unterstützung noch native trigonometrische Funktionen standen zur Verfügung, was die scheinbar einfache Aufgabe, den Winkel zwischen zwei Punkten zu finden, zu einer fast unlösbaren Aufgabe machte. Doch genau dieses Problem löste die Retro-Community mit verblüffend eleganten Lösungen, die heute noch als Meisterleistungen des Low-Level-Programmierens gelten und jedem Entwickler von Embedded-Systemen oder Retroprojekten Inspiration bieten können. Der Z80 Prozessor, ein 8-Bit-Chip, war weder auf Gleitkommazahlen noch auf komplexe mathematische Funktionen vorbereitet.
Die direkte Berechnung eines Winkels mithilfe der Inversen Tangensfunktion (arctan), wie sie bei modernen PCs üblich ist, erfordert vor allem eine Division – und diese Operation ist auf dem Z80 besonders langsam und ressourcenintensiv. Eine naheliegende, jedoch sehr grobe Herangehensweise bestand darin, lediglich die Vorzeichen der Koordinatenunterschiede zu analysieren, um den ungefähren Quadranten zu bestimmen. Diese Methode liefert zwar im Handumdrehen Ergebnisse, doch die Genauigkeit ist mangels Verfeinerung auf grobe Achtelbereiche begrenzt, was für viele Spieleanwendungen nicht ausreichend war. Der direkte Weg, also die Berechnung des Verhältnisses dy/dx und dessen Umwandlung in einen Winkel über eine Tabelle oder eine approximative Funktion, wurde vor allem durch die fehlende Hardware-Unterstützung für Division erschwert. Die Division musste mittels längerer Routinen simuliert werden, die viel Zeit brauchten und den Spielfluss merklich verlangsamten.
Außerdem reicht eine einfache Lookup-Tabelle für dy/dx nicht aus, da das Verhältnis vom Wert 0 bis unendlich reicht, sodass eine präzise Darstellung in begrenztem Speicher unmöglich ist oder sehr aufwendig wird. Eine bemerkenswerte Lösung wird durch den intelligenten Einsatz von Logarithmen und zwei kompakten Tabellen erreicht. Dabei wird die Division durch eine subtraktive Operation ersetzt, die auf einem der fundamentalen Eigenschaften der Logarithmen beruht: log2(Y / X) = log2(Y) - log2(X). Diese Umwandlung ermöglicht es, die ursprüngliche aufwändige Division in eine einfache Subtraktion zu verwandeln, die vom Z80 blitzschnell ausgeführt wird. Dazu werden zunächst die Koordinatenunterschiede dx und dy normalisiert.
Beide Werte werden absolut genommen, und falls erforderlich, vertauscht man die Größen so, dass x immer größer oder gleich y ist. Diese Normalisierung erlaubt es, die Berechnung auf Winkel im Bereich von 0 bis 45 Grad zu beschränken, was die weitere Verarbeitung erheblich vereinfacht. Parallel dazu merkt man sich, ob und wie die Werte manipuliert wurden, um das endgültige Ergebnis am Ende in den korrekten Winkel zurückzuübersetzen. Im nächsten Schritt greift das Verfahren auf zwei vorberechnete Tabellen zurück. Die erste Tabelle log2tab enthält für jeden Wert von 0 bis 255 den logarithmischen Wert zur Basis 2, skaliert, um ganze Zahlen zu speichern und die Genauigkeit zu erhalten.
Die zweite Tabelle atan2pow_tab speichert vorkalkulierte Winkelwerte, die zur Inversen Tangensfunktion des Zweierpotenzenverhältnisses gehören – also im Wesentlichen die Winkel für Werte von atan(2^-k), wo k durch die Differenz der logarithmierten Werte gegeben ist. Die eigentliche Berechnung ist denkbar einfach: Man liest die log2-Werte für x und y aus der ersten Tabelle, subtrahiert diese voneinander und erhält so den Index für die zweite Tabelle. Das Ergebnis der zweiten Tabelle gibt den Winkel im Bereich von 0 bis 45 Grad in einer diskreten und skalierbaren Form zurück. Abschließend wird durch geschickte Bitmaskierung und Subtraktionen die korrekte Semantik des Quadranten wiederhergestellt, sodass sich der Winkel nun in einem 16-Bit Bereich befindet und präzise Werte zwischen 0 und knapp 360 Grad ausdrückt. Diese Herangehensweise kombiniert Geschwindigkeit mit angemessener Genauigkeit.
Statt hunderte von Zyklen für eine Division zu benötigen, reichen einige wenige Speicherzugriffe und eine Subtraktion. Die Gesamtgröße der Tabellen beträgt etwa 512 Bytes, was selbst im sehr limitierten Speicher eines ZX Spectrum 48K problemlos Platz findet. Das Ergebnis ist eine Winkelauflösung von etwa 0,175 Grad pro Einheit, was für die meisten Spielzwecke wie Zielverfolgung oder Bewegungssteuerung mehr als ausreichend ist. Die Eleganz dieses Algorithmus liegt nicht nur in der mathematischen Trickkiste, sondern im wundervollen Zusammenspiel aus quantifizierter Information und Hardwarenahem Code. Entwickler mussten bei der Programmierung für den ZX Spectrum weit über die üblichen Methoden hinausdenken und mathematische Eigenschaften wie Logarithmen nutzen, um grundlegende Probleme mit integerbasierten Mitteln und ohne Floating-Point-Abstraktionen zu bewältigen.
Auch heute noch bietet dieses Beispiel hervorragende Einblicke darin, wie man Algorithmen im Bereich der eingebetteten Systeme oder bei der Retro-Programmierung effizient gestalten kann. Es zeigt, wie komplizierte Berechnungen durch cleveren Einsatz von Tabellen, einfachen Operationen wie Subtraktion und bitweisen Manipulationen optimiert werden können. Für alle, die sich für digitale Signalverarbeitung, Spieleentwicklung auf Nostalgiehardware oder optimierte Low-Level-Programmierung interessieren, ist der Algorithmus ein Paradebeispiel. Im Vergleich zur klassischen Methode über grobe Quadranten oder langsame arctan-Approximierungen ist die logarithmische Methode eine Meisterleistung in Sachen Ressourcenbewusstsein und Rechenzeit. Sie macht auch heute noch deutlich, wie wichtig das Verständnis von mathematischen Zusammenhängen und deren praktische Umsetzung innerhalb der Limitationen von Hardware sein kann.
Darüber hinaus verdeutlicht die Art, wie dieser Algorithmus die Probleme der langen Division auf dem Z80 umgeht, welche Möglichkeiten für ähnliche Herausforderungen an vergleichbarer Hardware bestehen. Die Methode ist keineswegs nur auf die Winkelberechnung beschränkt, sondern kann als Blaupause für jede Situation dienen, in der eine rationale Zahl oder ein Verhältnis berechnet werden muss. Unter dem Strich erlaubt diese Technik, nahezu Echtzeit-Winkelbestimmung auf einer Plattform zu erreichen, die im Normalfall für derartige Aufgaben gar nicht ausgelegt ist. Die Kombination aus zwei kleinen Lookup-Tabellen, einfachen subtraktiven Berechnungen und der Rückübersetzung in das Koordinatensystem mit Negativitäts- und Spiegelungsflags macht das Verfahren robust und universell einsetzbar in vielen Anwendungen. Heutzutage, in Zeiten schnellster Prozessoren und mächtiger Grafikprozessoren, mag dieses Verfahren auf den ersten Blick altbacken wirken.
Doch gerade das Studium und die Anwendung solcher Algorithmen schärfen das Verständnis für effiziente Programmierung und kreative Lösungsansätze. Gerade in ressourcenarmen Umgebungen, wie in eingebetteten Systemen oder bei der Emulation alter Hardware, sind derartige Verfahren Gold wert. Die Würdigung dieses Algorithmus geht daher weit über seine bloße Implementierung hinaus: Es ist ein Stück Hackertradition, ein Denkmal des Ingenieursgeistes aus einer Zeit, als jede Recheneinheit teuer und begrenzt war. Die Programmierer der ZX Spectrum-Ära bewiesen, wie mit mathematischem Gespür und pragmatischem Denken selbst scheinbar herausfordernde Probleme gelöst werden konnten, womit sie den Grundstein für viele moderne Optimierungsideen legten. Zusammenfassend bietet die Winkelberechnung auf dem Z80 mit Hilfe von logarithmschen Tabellen und arctan-Approximierungen einen faszinierenden Einblick in das kreative Potenzial klassischer Programmierung.
Die Transformation der oft mühsamen Division in eine einfache Subtraktion ist ein Paradebeispiel für algorithmische Eleganz und Praxistauglichkeit. Die Ergebnisse sind ausreichend präzise, um Spiele und Anwendungen auf dem ZX Spectrum präzise Steuerungen und intelligente Gegnerbewegungen zu ermöglichen – alles auf einem winzigen Prozessor mit einer Taktfrequenz von lediglich 3,5 MHz. Die Studie solcher Techniken fördert das Verständnis dafür, wie man mit begrenzten Mitteln das Optimum herausholen und durch mathematische Einsicht und pragmatische Umsetzung beeindruckende Leistungen auf vermeintlich veralteter Hardware erzielen kann. Damit bleibt das Thema Winkelberechnung auf dem Z80 nicht nur ein technisches Kuriosum, sondern eine Inspirationsquelle für Entwickler und Retro-Enthusiasten weltweit.