Die Bank of Japan (BOJ) plant nach Einschätzung einer knappen Mehrheit von Volkswirten in einer aktuellen Reuters-Umfrage keine weitere Zinserhöhung mehr in diesem Jahr. Stattdessen wird die nächste Anhebung der Leitzinsen auf das erste Quartal 2026 verschoben. Dieses Stimmungsbild spiegelt die Unsicherheiten wider, die sich aus globalen Handelspolitiken und Unsicherheiten bei den Staatsfinanzen Japans ergeben. Die wirtschaftliche Entwicklung wird in engem Zusammenhang mit den anhaltenden Veränderungen in den USA sowie der japanischen Geld- und Fiskalpolitik gesehen. In den letzten Jahren hat die Bank of Japan mit ihrer Geldpolitik ein vergleichsweise zögerliches Vorgehen gezeigt.
Trotz weltweiter Tendenzen hin zu restriktiveren Zinspolitiken haben die japanischen Währungshüter die Zinsen bisher nur moderat erhöht. Anfang 2024 wurde der Leitzins zuletzt auf 0,50 Prozent angehoben, wobei die vorherigen Schritte im Juli und Januar 2024 auf 0,25 beziehungsweise 0,50 Prozent datieren. Die Beamten der BOJ verfolgen weiterhin eine vorsichtige Strategie, die schnell auf sich verändernde globale und nationale Bedingungen reagieren soll. Ein großer Unsicherheitsfaktor ist dabei die handelspolitische Lage, speziell die volatilen US-Zölle unter der Führung des damaligen Präsidenten Donald Trump. Diese Zölle haben die weltweiten Handelsströme belastet und beeinflussen signifikant die Exportnation Japan.
Die Reaktionen der Märkte und die wirtschaftlichen Aussichten sind eng verknüpft mit den Verhandlungen und Entscheidungen der USA bezüglich ihrer Tarifpolitik. Solange die Handelspolitik der USA unklar bleibt, erwarten viele Ökonomen, dass die BOJ ihren Zinserhöhungskurs aussetzt oder zumindest verzögert. Darüber hinaus sorgt die Aufmerksamkeit auf die öffentliche Verschuldung Japans für zusätzliche Besorgnis. Japan zählt zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt, was die Geldpolitik vor besondere Herausforderungen stellt. Nur wenige Ökonomen sind überzeugt, dass die japanische Regierung ihre Emissionen von sogenannten Super-Langläufern – Anleihen mit sehr langen Laufzeiten – deutlich reduzieren wird.
Fast drei Viertel der Befragten gehen jedoch davon aus, dass dies in der nahen Zukunft geschieht, was auf eine strengere Kontrolle der Staatsfinanzen hindeutet. Die Umsetzung einer milderen Form der quantitativen Straffung spielt ebenfalls eine Rolle im Kommunikationsmix der BOJ. Das Absenken der Kaufvolumen japanischer Staatsanleihen (Japanese Government Bonds, JGBs) soll nach Einschätzung der meisten Ökonomen ab dem nächsten Geschäftsjahr verlangsamt werden. Während derzeit etwa 400 Milliarden Yen pro Quartal im Rahmen der Tapering-Maßnahmen reduziert werden, erwarten Experten, dass die Reduktion ab April 2026 moderater ausfallen wird und im Bereich zwischen 200 und 370 Milliarden Yen liegen könnte. Interessanterweise hebt sich die Politik der BOJ von den Zentralbanken anderer Industrienationen ab, die tendenziell eher zu Zinssenkungen neigen oder zumindest die Straffung der Geldpolitik zurückfahren.
Kazuo Ueda, der Gouverneur der Bank of Japan, hat mehrfach betont, wie wichtig es sei, weiterhin bereit zu sein, die Zinsen zu erhöhen, wenn die Inflation nachhaltig in Richtung des Zielwertes von 2 Prozent steigen sollte. Das Ziel bleibt, das japanische Wirtschaftswachstum mit einem ausgewogenen Mix aus Zinsanhebungen und restriktiver Fiskalpolitik zu stabilisieren. Auch wenn die derzeitige Inflation in Japan noch nicht konstant das Zielniveau erreicht, beobachten Ökonomen genau die zugrunde liegenden Preiseffekte. Die Wachstumsprognosen des Landes sind eng mit dem globalen Handel verknüpft – insbesondere mit der Entwicklung in den USA – und könnten einen Schub erhalten, falls die Handelsgespräche Fortschritte machen und protektionistische Maßnahmen reduziert werden. Sollte sich das Umfeld entsprechend entspannen, wird die BOJ voraussichtlich den ursprünglich vorgesehenen Straffungspfad weiterverfolgen.
Eine weitere interessante Facette der aktuellen Einschätzungen ist die Bandbreite hinsichtlich des genauen Zeitpunkts der nächsten Zinserhöhung. Von den Ökonomen, die einen Monat für die nächste Anhebung spekulierten, befürworteten rund 37 Prozent Januar 2026 als wahrscheinlichstes Datum. Demgegenüber sahen 23 Prozent noch eine mögliche Anhebung im Oktober 2025 vor, während 9 Prozent Mitte März 2026 als realistisch einschätzten. Diese Unterschiede unterstreichen das bestehende Maß an Unsicherheit und die Abhängigkeit der Geldpolitik von wechselnden Wirtschaftsindikatoren und globalen Entwicklungen. Die momentane Zurückhaltung der BOJ spiegelt auch die starke Verbindung zwischen Geldpolitik und Haushaltslage wider.
Japans enorm hohe öffentliche Verschuldung zwingt die Zentralbank zur Vorsicht, damit höhere Zinsen nicht zu einer Belastung für die Staatsfinanzen werden. Gleichzeitig bleibt die Inflationsbekämpfung ein wichtiges Ziel, um die Kaufkraft zu stabilisieren und die Wirtschaft vor einer dauerhaften Deflation zu schützen. In der Vergangenheit war Japan mehrfach von langanhaltenden Deflationsperioden betroffen, die das Wirtschaftswachstum lähmten und die Entwicklung der Verbraucherpreise negativ beeinflussten. Durch die angestrebte moderate Straffung der Geldpolitik versucht die BOJ, ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen Wachstumsförderung und Preisstabilität herzustellen. Die Risiken einer zu schnellen Zinserhöhung, die eine Kreditklemme oder negative Wachstumsimpulse auslösen könnte, nimmt man ebenso ernst wie die Gefahren einer anhaltend niedrigen Inflation oder gar Deflation.
Die aktuelle Umfrage zeigt, dass trotz der leichten Mehrheit für eine Verschiebung der Zinserhöhung viele Ökonomen weiterhin von einer Aufwärtsbewegung ausgehen. Das bedeutet, dass die Geldpolitik in Japan langfristig straffer wird, wenn auch mit einer anderen zeitlichen Abfolge als zunächst angenommen. Die auch anderswo steigenden Inflationsraten geben der BOJ zusätzlichen Druck, das Kursziel von 2 Prozent anzustreben, ohne die fragile wirtschaftliche Stabilität zu gefährden. Die Börsen und Finanzmärkte reagieren entsprechend vorsichtig auf diese Prognosen. Die Terminkontrakte für Zinsen spiegeln aktuell nur eine geringe Wahrscheinlichkeit von weiteren Zinsanhebungen im laufenden Jahr wider.
Für Anfang 2026 wird jedoch eine merkliche Steigerung der Zinsen erwartet, was den Einfluss der angekündigten Verzögerung auf die Kapitalmärkte unterstreicht. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Bank of Japan vor einer komplexen Herausforderung steht. Der Balanceakt zwischen den globalen Unsicherheiten durch Handelspolitik, den inländischen fiskalischen Zwängen und dem Ziel, die Inflation auf ein gesundes Maß zu bringen, erfordert eine äußerst vorsichtige und flexible Herangehensweise. Die Verschiebung der nächsten Zinserhöhung auf das erste Quartal 2026 entspricht dem Wunsch, die geldpolitischen Maßnahmen an aktuelle Entwicklungen anzupassen, ohne die wirtschaftliche Dynamik zu ersticken. Die kommenden Monate werden entscheidend sein, wie sich die Beziehungen im internationalen Handel entwickeln und wie die japanische Regierung ihre Finanzen handhabt.
Die Wachsamkeit der Ökonomen und Investoren bleibt hoch, die Signale der Bank of Japan werden genau analysiert, um frühzeitig Reaktionen auf Trends einzuleiten. Die japanische Wirtschaft steht somit weiterhin im Fokus globaler Beobachtung und geprägt von einer Geldpolitik, die sowohl auf Risiken als auch Chancen mit Augenmaß eingeht.