Im Frühjahr 2025 zeichnete sich auf den europäischen Aktienmärkten ein bemerkenswerter Trend ab: Hedgefonds veräußerten europäische Aktien in einem bislang unerreichten Umfang. Laut einem Bericht von Goldman Sachs, der Ende April veröffentlicht wurde, erreichte das Verkaufsvolumen im März und April ein Rekordniveau, das seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen wurde. Diese Entwicklung offenbart eine Reihe von Faktoren, die Investoren in Europa verunsichern und zu einem signifikanten Umdenken bei großen institutionellen Akteuren führen. Die Ursache für diese Verkaufswelle ist vielfältig. Basierend auf der Analyse von Goldman Sachs lassen sich insbesondere zwei Hauptgründe identifizieren, die die Stimmung der Anleger negativ beeinflussten.
Zum einen bereitet die angedrohte Einführung von US-Zöllen auf europäische Produkte Sorgen. Zum anderen wirkt die anhaltende Stärke des Euro hemmend auf die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten europäischen Unternehmen. Der Fokus auf die Exportabhängigkeit ist besonders wichtig, wenn man die Zusammensetzung der STOXX 600 betrachtet, den wichtigsten europäischen Aktienindex. Dieser Index umfasst Unternehmen, die etwa 60 Prozent ihrer Umsätze außerhalb Europas generieren, wobei die USA knapp die Hälfte dieses Auslandsgeschäfts ausmachen. Eine Verschärfung des Handelskonflikts, insbesondere durch US-Version erhobene Zölle, würde somit unmittelbar die Ertragskraft vieler Unternehmen beeinträchtigen.
In den ersten beiden Monaten des Jahres haben Hedgefonds daher ihre Long-Positionen, also Wetten auf steigende Kurse, massiv reduziert. Gleichzeitig wurde vermehrt auf Short-Positionen gesetzt, mit denen auf fallende Kurse spekuliert wird. Dieser zweite Punkt ist insofern interessant, als dass Hedgefonds somit nicht nur ihr Risikoprofil anpassten, sondern auch aktiv auf eine Verschlechterung der Marktbedingungen setzten. Goldman Sachs beobachtete, dass an etwa zwei Dritteln der Handelstage Europas Aktien netto verkauft wurden. Besonders stark betroffen waren Unternehmen aus Branchen, die als besonders anfällig für Zölle gelten.
Dazu zählen unter anderem die Automobilindustrie sowie der Luxusgütersektor. In letzterem beschleunigte sich die Verkaufsaktivität zusätzlich durch enttäuschende Quartalsergebnisse einiger wichtiger Branchenvertreter. Die Kombination aus Handelsrisiken und schwächerer operativer Performance führte zu einem massiven Ausverkauf innerhalb kurzer Zeit. Gleichzeitig hielt die Branche defensive Handelspositionen, mit denen Gewinne erzielt werden können, wenn die europäischen Indizes fallen. Diese Absicherungen, insbesondere zu Beginn des Aprils, wurden jedoch im Zuge der 90-tägigen Zollpause, die US-Präsident Donald Trump am 9.
April kurzfristig ankündigte, wieder aufgelöst. Die zusätzliche Ungewissheit führte aber trotzdem dazu, dass der Bestand an Short-Positionen innerhalb der Hedgefonds für europäische Aktien den höchsten Stand seit 2019 erreichte. Der politische Entscheidungsspielraum und die damit verbundenen Handelsverhandlungen bleiben somit ein zentraler Treiber für die kurzfristige Marktdynamik. Die Zollpause, die als Verhandlungsfenster interpretiert wurde, sorgte zunächst für eine leichte Entspannung in den Märkten, auch wenn die fundamentalen Risiken weiterhin vorhanden blieben. Ein weiterer interessanter Trend zeigt sich im Verhalten gegenüber europäischen Pharmakonzernen.
Nach einem etwas abgeflachten Verkaufsdruck in der Mitte des Aprils intensivierten Hedgefonds ihre Short-Positionen gegen Ende des Monats wieder. Diese Schwankungen spiegeln höchstwahrscheinlich Unsicherheiten bezüglich regulatorischer Entwicklungen, Innovationszyklen und Wettbewerb in diesem Bereich wider. Parallel zu diesen Entwicklungen erhöhte sich das Handelsvolumen in Aktien europäischer Verteidigungsunternehmen signifikant. Hedgefonds positionierten sich sowohl auf der Long- als auch auf der Short-Seite und zeigten dabei eine klare Präferenz für Long-Positionen. Ende April hielten sie im Durchschnitt viermal so viele Wetten auf steigende Kursentwicklungen in der Verteidigungsbranche wie Short-Positionen.
Diese Strategie steht im Zusammenhang mit erwarteten Ausweitungen der Verteidigungsausgaben in Deutschland und der EU, die dadurch als Wachstumsimpuls für betroffene Unternehmen wahrgenommen werden. Interessanterweise hielten Hedgefonds ihre Netto-Long-Positionen vor allem bei deutschen Firmen, während sie bei Unternehmen anderer europäischer Länder überwiegend netto Short positioniert blieben. Die Rolle Deutschlands als europäisches Wirtschaftszentrum mit starken Industriezweigen dürfte diesen Gegensatz erklären. Insbesondere die Stahlindustrie profitiert davon, dass staatliche Verteidigungsausgaben und Infrastrukturprojekte eine erhöhte Nachfrage erzeugen könnten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Verhalten der Hedgefonds in den Monaten März und April 2025 ein klares Bild von Unsicherheit und strategischer Neuausrichtung vermittelt.