Interviews mit Branchenführern

Wie Bürgerwissenschaften das Verständnis urbaner Beleuchtung revolutionieren

Interviews mit Branchenführern
Citizen science illuminates the nature of city lights

Eine umfassende Analyse der urbanen Lichtquellen durch Bürgerwissenschaften eröffnet neue Perspektiven für Umweltschutz, Stadtplanung und die Bekämpfung von Lichtverschmutzung.

Die nächtliche Beleuchtung unserer Städte ist ein allgegenwärtiger Bestandteil des modernen Lebens. Sie erfüllt viele Funktionen: von der Sicherheit über Orientierung bis hin zur Werbung und Ästhetik. Doch trotz der großen Präsenz künstlicher Lichtquellen ist unser Wissen über deren genaue Zusammensetzung und Verteilung bislang unzureichend. Gerade in einer Zeit, in der Umweltbewusstsein und nachhaltige Stadtentwicklung zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist es essentiell, die Details der urbanen Lichtlandschaft zu verstehen. Hier setzt ein innovatives, bürgerschaftliches Forschungsprojekt an, das unter dem Namen "Nachtlichter" bekannt geworden ist und mithilfe von Bürgerwissenschaftlern neuartige Einblicke in die Struktur der städtischen Beleuchtung ermöglicht hat.

Die Herausforderung der Lichtverschmutzung Die Auswirkungen von künstlichem Licht in der Nacht beschränken sich schon lange nicht mehr nur auf den gestörten Sternenhimmel. Wissenschaftliche Studien belegen zunehmend, dass Lichtverschmutzung große ökologische, gesundheitliche und gesellschaftliche Folgen hat. Sie beeinflusst das Verhalten von Tieren, stört natürliche Ökosysteme und kann auch den menschlichen Biorhythmus negativ beeinträchtigen. Darüber hinaus geht die Lichtemission mit signifikantem Energieverbrauch und damit verbundenen ökologischen Kosten einher. Besonders kritisch ist dabei, dass bisher nur ein geringer Teil der Lichtquellen bekannt und dokumentiert ist, was eine gezielte Steuerung und Regulierung erschwert.

Die entscheidende Wissenslücke besteht darin, dass die meisten vorhandenen Inventare und kommunalen Datenbanken sich überwiegend auf Straßenbeleuchtung konzentrieren. Doch Lichtquellen sind vielfältiger: beleuchtete Schilder, Fenster in Wohn- und Geschäftshäusern, dekorative Fassadenbeleuchtung und mehr tragen wesentlich zur Gesamthelligkeit bei. Satellitenaufnahmen in der Nacht zeigen zwar ein beeindruckendes Bild der beleuchteten Erde, liefern aber keine ausreichende Genauigkeit hinsichtlich der Quelle und Art des Lichts. Hier sind innovative Methoden und niedrigschwellige, aber breite Datenerhebungen notwendig. Bürgerwissenschaft als Schlüssel zur Erkenntnis Das "Nachtlichter"-Projekt ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie Bürgerwissenschaft – also die aktive Mitwirkung von Laien an wissenschaftlichen Untersuchungen – diese Lücke schließen kann.

In einem groß angelegten Feldversuch in Deutschland haben hunderte Freiwillige über Monate hinweg an speziell entwickelten Erfassungsrunden teilgenommen und wurden dabei zu Lichtdetektiven. Mit einer mobilen App dokumentierten sie vor Ort die Anzahl und Art von Lichtquellen auf Fußwegen durch verschiedene Stadtteile, von belebten Stadtzentren bis zu kleinen Vororten. 234.044 Lichtquellen konnten so klassifiziert werden. Die kategorisierte Erfassung erfolgte entlang von 18 verschiedenen Lichtarten, darunter Straßenlaternen, beleuchtete Fenster, Leuchtschilder und dekorative Beleuchtung.

Die Stärke dieses Ansatzes liegt in der Kombination von großem räumlichen Umfang mit detaillierter, qualitativ hochwertiger Information. Anders als bei satellitengestützten Messungen können die Bürgerwissenschaftler die Lichtquelle genauer identifizieren, die Helligkeit einschätzen, die Farbe beschreiben und besondere Eigenschaften, etwa Abschirmungen der Leuchten, erfassen. Diese Art von Daten sind fundamental, um das Verständnis darüber zu verbessern, wie Licht ausgestoßen wird und wohin es letztlich gelangt. Zudem erlaubt diese Methodik, temporale Veränderungen im Lichtverhalten, beispielsweise durch Ausschalten von Werbung in den späten Nachtstunden, zu erfassen. Ergebnisse und überraschende Erkenntnisse Die Analyse zeigt, dass in deutschen Stadtzentren Lichtquellen, die der Werbung und ästhetischen Beleuchtung dienen, in der Gesamtzahl die Straßenbeleuchtung übertreffen.

Während Straßenlaternen oft als Hauptquelle urbaner Lichtemissionen wahrgenommen werden, belegen die Befunde, dass private Fensterbeleuchtung und kommerzielle Fenster eine erhebliche Rolle spielen. So wurde geschätzt, dass in Deutschland etwa 78 Millionen individuelle Lichtquellen um Mitternacht beleuchtet sind. Zum Vergleich: Die Anzahl der öffentlichen Straßenlaternen beträgt etwa 9 bis 9,5 Millionen. Diese Diskrepanz verdeutlicht das Potenzial, das in der Reduktion privater und werblicher Beleuchtung liegt. Darüber hinaus wurden Unterschiede in den Lichttypen je nach Stadtgebiet, Landnutzung und Tageszeit beobachtet.

In dichten Stadtgebieten dominieren Werbeschilder und illuminierte Schaufenster gegenüber Stadtbeleuchtung, während in Vororten und kleineren Gemeinden Gartenbeleuchtung stärker vertreten ist. Auch die Abschirmung der Leuchten variiert stark: Etwa die Hälfte der Straßenlaternen sind vollständig oder teilweise abgeschirmt, während dies bei Flutlichtanlagen und an Gebäuden montierten Leuchten deutlich geringer ist. Fehlende Abschirmungen führen zu vermehrter Lichtstreuung nach oben und tragen so zu verstärktem Lichtsmog bei. Politische und gesellschaftliche Implikationen Die Ergebnisse der Bürgerwissenschaftsexkursion werfen ein neues Licht auf bisherige politische Ansätze zur Lichtverschmutzung. Bisher fokussieren viele kommunale Initiativen primär auf die Straßenbeleuchtung, die zwar ein wichtiger Arbeitsplatz für technische Modernisierungen und Energieeffizienz darstellt, aber nicht die Hauptquelle der gewaltigen nächtlichen Lichtemissionen ist.

Erkenntnisse aus dem Nachtlichter-Projekt legen nahe, dass ganzheitlichere Strategien entwickelt werden müssen, die auch private und gewerbliche Beleuchtung umfassen. Beispielsweise zeigen Erfahrungen aus Ländern wie Frankreich, wo Beleuchtungen für Werbeschilder innerhalb bestimmter Nachtzeiträume abgeschaltet werden müssen, dass wirtschaftliche Interessen und Umweltschutz durchaus in Einklang gebracht werden können. Ebenso könnten Maßnahmen ergriffen werden, die private Hausbewohner ermuntern, nach Einbruch der Dunkelheit Fensterbeleuchtung beziehungsweise Außenbeleuchtung zu reduzieren oder mit Vorhängen zu arbeiten. Urbanes Lichtmanagement könnte zudem durch den vermehrten Einsatz von Bewegungsmeldern und Zeitschaltungen optimiert werden, die nach Bedarf Licht abgeben und ansonsten zur Schonung der Umwelt ausgeschaltet bleiben. Anwendungen für Forschung und Stadtentwicklung Neben der Regulierung bietet die detaillierte Erfassung der Lichtquellen neue Möglichkeiten für ökologische und soziale Forschungsfelder.

Die zeitliche Abnahme von Licht im Verlauf der Nacht kann Auswirkungen auf das Verhalten von Tierarten erklären, die durch Licht angelockt oder gestört werden. Ebenso ist die Qualität des Nachthimmels ein Indikator für Umweltzustand und Lebensqualität in städtischen Gebieten. Präzise Daten zu Lichtquellen tragen zudem zur Verbesserung von computergestützten Modellen bei, mit denen beispielsweise die Ausbreitung von künstlichem Licht und seine Einflussbereiche berechnet werden. Darüber hinaus können solche Daten helfen, den Energieverbrauch genauer zu erfassen und Einsparpotenziale zu entdecken. Ein besseres Verständnis der Lichtverteilung in Städten ist auch für die intelligente Stadtplanung von Bedeutung, die digitale Technologien und adaptive Beleuchtungssysteme integriert.

Bürgerwissenschaftliche Projekte wie Nachtlichter können dabei als Instrument dienen, um Veränderungen zu messen und die Wirksamkeit von Maßnahmen zu überprüfen. Die Stärke der Bürgerbeteiligung Das Nachtlichter-Projekt hat nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert, sondern auch das Bewusstsein für Lichtverschmutzung und nachhaltigen Lichtgebrauch bei den Teilnehmern und der breiten Öffentlichkeit gestärkt. Die aktive Mitwirkung regt zum Nachdenken über eigene Lichtnutzung an und fördert Verantwortung gegenüber der Umwelt. Beteiligte haben Erfahrungen und Ergebnisse mit lokalen Entscheidungsträgern geteilt, was den Dialog zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik verbessert. Zukünftige Perspektiven und Herausforderungen Um die gewonnenen Erkenntnisse weiter auszubauen, sind weitere großflächige und international vergleichbare Untersuchungen notwendig.

Die Nachtlichter-App und Methodik könnten an andere Sprachen angepasst und auf Städte in verschiedenen Ländern ausgeweitet werden. Dabei können Fortschritte in der Satellitentechnologie mit höherer Auflösung und Empfindlichkeit künftig unterstützend wirken und gezieltere Erhebungen ermöglichen. Herausforderungen bleiben bezüglich der Variabilität von Messungen, zum Beispiel durch unterschiedliche Zählmethoden und die dynamische Natur der Beleuchtung. Auch das Zusammenspiel von Gebäudestrukturen, naturräumlichen Gegebenheiten und Lichtstreuung ist komplex und muss in zukünftigen Studien berücksichtigt werden. Dennoch zeigt das Projekt deutlich, wie durch Bürgerwissenschaften bedeutende Wissenslücken geschlossen und nachhaltige Strategien für urbanes Licht erarbeitet werden können.

Fazit Das Projekt Nachtlichter ist ein wegweisendes Beispiel, wie Bürgerwissenschaften helfen können, ein tiefgehendes Verständnis der urbanen Lichtlandschaft zu erlangen. Die Erkenntnis, dass die Mehrheit der Lichtquellen in Städten nicht aus der öffentlichen Straßenbeleuchtung stammt, sondern aus Fenstern, Werbung und ästhetischer Beleuchtung, fordert eine Neubewertung urbaner Lichtpolitik und eine stärkere Einbindung privater und kommerzieller Akteure. Durch systematische, detailreiche Erfassung mittels engagierter Bürger schafft die Forschung eine Basis für effektivere Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung, fördert ökologische Nachhaltigkeit und setzt Impulse für eine lebenswertere Stadt der Zukunft.

Automatischer Handel mit Krypto-Geldbörsen Kaufen Sie Ihre Kryptowährung zum besten Preis

Als Nächstes
Chemical knowledge and reasoning of large language models vs. chemist expertise
Freitag, 05. September 2025. Künstliche Intelligenz in der Chemie: Können große Sprachmodelle menschliche Expertise ersetzen?

Die Entwicklung großer Sprachmodelle revolutioniert die chemische Forschung, indem sie komplexe Fragestellungen bearbeiten und chemisches Wissen anwenden. Ein Vergleich ihrer Fähigkeiten mit der Expertise erfahrener Chemiker zeigt Chancen und Herausforderungen bei ihrem Einsatz in Wissenschaft und Praxis auf.

USS Liberty Incident
Freitag, 05. September 2025. Die USS Liberty Affäre: Ein Blick auf einen umstrittenen Angriff im Sechs-Tage-Krieg

Analyse des Angriffs auf das US-Aufklärungsschiff USS Liberty im Jahr 1967, Hintergründe, Verlauf und anhaltende Debatten über die Absicht hinter dem Vorfall im Kontext des Sechs-Tage-Kriegs.

FreeRDP 3.16 Released with Better SDL3 Client Support
Freitag, 05. September 2025. FreeRDP 3.16 Veröffentlicht: Verbesserte SDL3 Client Unterstützung und Neue Funktionen

FreeRDP 3. 16 liefert wesentliche Verbesserungen für die SDL3-basierte Client-Unterstützung und optimiert die Leistung unter Linux durch wichtige Fehlerbehebungen und erweiterte Funktionalitäten.

Pile up, the worlds biggest crash test
Freitag, 05. September 2025. Pile Up: Der weltweit größte Crashtest – Wie Sicherheit auf der Straße neu definiert wird

Eine tiefgründige Analyse des weltweit größten Crashtests „Pile Up“, der durch innovative Technologien und mutige Experimente die Sicherheit im Straßenverkehr revolutioniert. Erfahren Sie, wie dieser einzigartige Ansatz neue Maßstäbe in der Fahrzeug- und Insassensicherheit setzt und warum er für die Zukunft der Verkehrssicherheit so bedeutsam ist.

Show HN: Open-source translator that critiques+combines many LLM outputs
Freitag, 05. September 2025. Revolutionäre Open-Source-Übersetzer: Wie hybride LLM-Modelle die Zukunft der maschinellen Übersetzung verändern

Entdecken Sie, wie moderne hybride Übersetzungssysteme, die mehrere große Sprachmodelle kombinieren und bewerten, die Qualität maschineller Übersetzungen auf ein neues Niveau heben und dabei sowohl Privatsphäre als auch idiomatische Ausdrucksweise gewährleisten.

Norbauer and Co. – Luxury Keyboard Atelier
Freitag, 05. September 2025. Norbauer & Co. – Die Kunst luxuriöser Tastaturen aus Los Angeles

Norbauer & Co. steht für exklusive Tastaturkunst aus Los Angeles und verbindet moderne Technik mit nostalgischem Design.

Compass Online
Freitag, 05. September 2025. Compass Online: Ihr digitaler Kompass für präzise Navigation und Standortbestimmung

Eine umfassende Einführung in Compass Online, das innovative digitale Werkzeug zur Bestimmung der Himmelsrichtung, Standortdaten und weiteren nützlichen Funktionen für moderne Smartphones und Tablets.