Der Traum von Olympia ist für viele Athleten der Höhepunkt ihrer sportlichen Laufbahn – der ultimative Wettkampf, der Jahre harter Arbeit, Disziplin und Hingabe erfordert. Doch für Kurts Adams Rozentals, einen britischen Kanuten, gestaltet sich dieser Traum inmitten moderner Herausforderungen als komplexes Dilemma. Rozentals steht aktuell vor einer schwierigen Wahl: Er muss sich zwischen der Teilnahme am Olympischen Programm und dem Betreiben seiner OnlyFans-Seite entscheiden. Diese Situation wirft ein Schlaglicht auf die finanziellen Hürden und gesellschaftlichen Erwartungen, mit denen Sportler heute konfrontiert sind, und stellt grundlegende Fragen über die Unterstützung von Spitzensportlern in England und weltweit. Kurts Adams Rozentals hat sich auf den Kanuslalom spezialisiert und nahm 2022 an Paddle UK‘ s World Class Programme teil, einer von UK Sport finanzierten Initiative, die Athleten auf den Weg zu den Olympischen Spielen bringen soll.
Trotz seines sportlichen Talents und des Erfolgs, unter anderem einer Silbermedaille bei den World Under-23 Championships 2023 im C1-Einzel, sieht sich Rozentals finanziell kaum in der Lage, den Trainings- und Lebensalltag ausreichend zu finanzieren. Das jährliche Förderbudget der Athleten im Rahmen des Programms beläuft sich auf etwa 16.000 Pfund, was für Rozentals jedoch bei Weitem nicht genügt. Er stammt aus dem East Midlands und lebt nicht in London, dem Zentrum der britischen Sportszene – der Weg zu Trainingseinheiten und Wettkämpfen ist somit mit zusätzlichem Pendeln und Kosten verbunden. Außerdem fehlen oft familiäre finanzielle Unterstützungen, was die Belastung massiv erhöht.
Um diese finanzielle Lücke zu schließen, entschied sich Rozentals Anfang 2025 dazu, einen OnlyFans-Account zu betreiben. OnlyFans ist eine Plattform, die vor allem für erwachsene Inhalte bekannt ist, jedoch grundsätzlich allen Kreativen die Möglichkeit bietet, Inhalte zu monetarisieren. Rozentals nutzt seinen Account, um sogenannte „spicy content“ anzubieten, was sich als ein lukratives Nebeneinkommen erwies: Innerhalb weniger Monate erzielte er über 100.000 Pfund, mit Tausenden Abonnenten. Seine Strategie umfasst das Teilen von provokativen Videos und Fotos auf Instagram, um User auf seine kostenpflichtigen Inhalte bei OnlyFans zu lenken.
Mit diesem Einkommen kann er seine hohe finanzielle Belastung abdecken – Mietkosten, Reisen zu Trainingsstätten und Wettkämpfen, Ernährung und Ausrüstung. Doch die Entscheidung für OnlyFans provozierte eine harsche Reaktion vom Paddle UK Verband. Im April 2025 wurde Rozentals aufgrund „von Vorwürfen im Zusammenhang mit seinen Social-Media-Aktivitäten“ suspendiert und aus dem World Class Programme ausgeschlossen, bis eine unabhängige Untersuchung abgeschlossen ist. Der Verband verweist auf eine Athleten-Disziplinarrichtlinie, die „offensive Nutzung von sozialen Medien“ sowie „unmoralisches Verhalten“ als Gründe für Disziplinarmaßnahmen nennt. Dies stellt für Rozentals nicht nur eine sportliche Restriktion dar, sondern auch eine existentielle Bedrohung für seine sportliche Zukunft.
Rozentals äußerte gegenüber BBC Sport sein Unverständnis über die Entscheidung und über die Forderung, zwischen seiner OnlyFans-Tätigkeit und seiner Karriere als Profi-Kanute wählen zu müssen. Seiner Ansicht nach sollte er nicht gezwungen sein, auf eine Einkommensquelle zu verzichten, die ihm finanzielle Sicherheit bietet, während Paddle UK seiner Meinung nach nicht ausreichend für seine Lebenshaltungskosten aufkommt. Die Debatte zeigt einen tiefen Riss in der Unterstützung von Athleten, die oft mit finanzieller Unsicherheit kämpfen, obwohl sie Spitzensport ausüben und Großes erreichen wollen. Ihre Alltagssorgen und Finanzprobleme sind dabei alles andere als ungewöhnlich in der Welt des Sports. Viele Athleten in Disziplinen mit geringerer medialer Aufmerksamkeit und geringeren Sponsoringmöglichkeiten kämpfen darum, grundlegende Kosten zu decken.
Während populärere Sportarten wie Fußball und Tennis enorme Gehälter und Sponsoringverträge bieten, steht ein Großteil der Sportler in weniger bekannten Sportarten vor existenziellen Finanzproblemen. Die UK Sport Leistungsausstattung (Athlete Performance Award - APA) wurde erst kürzlich erhöht, um den gestiegenen Lebenshaltungskosten Rechnung zu tragen. Doch für viele reicht dies bei weitem nicht, zumal die Kosten für professionelles Training, Reisen und Ernährung enorm sind. Viele sind auf Nebenjobs angewiesen, was jedoch Zeit und Energie vom Sporttraining abziehen kann. Zur gleichen Zeit zeigt die Situation von Kurts Rozentals, wie sich das Umfeld von Spitzensportlern mit fortschreitender Digitalisierung und Diversifizierung der Einkommensquellen verändert hat.
Plattformen wie OnlyFans, Patreon oder Twitch bieten Athleten neue Möglichkeiten, ihre Marken aufzubauen, mit Fans direkt zu interagieren und ihre sportlichen Aktivitäten zu finanzieren. Doch diese Innovationen kollidieren oft mit traditionellen Erwartungen seitens der Sportverbände, die strikte Richtlinien bezüglich Moral, Verhalten und Image pflegen. Solche Plattformen werden von manchen immer noch stigmatisiert, besonders wenn sie mit expliziten oder kontroversen Inhalten assoziiert werden. Der Fall löste in der Öffentlichkeit und in der Sportszene eine Debatte über Akzeptanz, finanzielle Realitäten und die Zukunft des olympischen Sports aus. Befürworter einer Öffnung argumentieren, dass Athleten selbst entscheiden sollten können, wie sie ihre Karriere finanzieren, solange dies legal ist und keine direkten Regelverstöße darstellt.
Kritiker hingegen sehen in der Nutzung von Plattformen wie OnlyFans ein Risiko für das Ansehen des Sports, besonders wenn offen sexuelle oder provokante Inhalte gezeigt werden. Hinzu kommen organisatorische Herausforderungen, wenn Verbände Regeln zur Disziplin und zum Verhalten aufstellen, die digitale Selbstdarstellung und Monetarisierung betreffen. Ein anderer prominenter Athlet, der ebenfalls OnlyFans nutzt, ist der britische Wasserspringer Jack Laugher, der 2024 auf der Plattform angemeldet ist, um „über die Runden zu kommen“. Laugher betont, dass seine Inhalte alles andere als provokativ sind – es handelt sich hauptsächlich um Bilder, die ihn in Trainings- und Wettkampfszenen zeigen. Sein Beispiel wird oft als Argument genutzt, dass OnlyFans nicht zwangsläufig mit kontroversen oder anstößigen Inhalten gleichzusetzen ist, sondern vielmehr eine Plattform zur Diversifizierung der Einnahmen bietet.
Paddle UK wurde für seine restriktive Haltung kritisiert, da die seitens des Verbandes verfügbaren Unterstützungen nicht mit den realen Kosten für Spitzensportler in Einklang zu bringen sind. Die finanzielle Sicherheit ist aber eine wesentliche Voraussetzung, um sportliche Höchstleistungen zu erbringen. Athleten, die ständig mit finanziellen Sorgen kämpfen, können ihre Leistungsfähigkeit nicht optimal entfalten – so argumentiert Rozentals. Seine Geschichte zeigt auf drastische Weise, wie der Druck auf junge Talente immens ist und wie traditionelle Strukturen modernisiert werden müssen, um den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden.
Die Auseinandersetzung um Kurs und Haltung des Kanuten trifft auch grundsätzliche Wertefragen. Steht professionelle Selbstvermarktung und individuelle finanzielle Absicherung im Widerspruch zum Vereinheitlichten Image eines Verbandes? Oder sollten sich Sportinstitutionen stärker an den realen Lebensumständen der Athleten orientieren, um deren Wohl und Leistungsfähigkeit zu fördern? Solche Fragen betreffen nicht nur Paddle UK, sondern viele Sportverbände weltweit. Der gesellschaftliche Wandel in Bezug auf Sexualität, Digitalisierung und Berufspolitik verlangt eine Neubewertung alter Werte und Vorurteile. Abschließend bleibt der Fall von Kurts Adams Rozentals ein Weckruf für die Sportwelt: Es braucht dringend flexiblere und gerechtere Modelle zur finanziellen Förderung von Athleten, die verschiedene Einnahmequellen respektieren und gleichzeitig ein positives, respektvolles Sportumfeld sichern. Rozentals‘ Kampf zwischen Olympia und OnlyFans wird als epochales Beispiel gelten, wie sich Sport, Medien und Gesellschaft neu vernetzen – und welche Anpassungen dafür notwendig sind.
Während das Ergebnis der Untersuchung abzuwarten ist, haben bereits viele Stimmen im Sport und in der Öffentlichkeit die Chance erkannt, die sich aus dieser Kontroverse ergibt, um den Spitzensport sozialer, fairer und nachhaltiger zu gestalten.