HSBC Asset Management, eine der weltweit führenden Vermögensverwaltungsgesellschaften, befindet sich aktuell in einer entscheidenden Umbruchphase. Die jüngste Bekanntgabe, dass Erin Leonard, die globale Leiterin für Nachhaltigkeit, das Unternehmen verlassen wird, zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Leonard hatte seit der Gründung des Sustainability Office im Jahr 2021 maßgeblich die nachhaltigen Investmentstrategien und Diversitätsinitiativen des Unternehmens verantwortet. Ihr Ausscheiden fügt sich in eine Reihe von Führungspersonen-Abgängen ein, die HSBC im Rahmen eines umfassenden Restrukturierungsprozesses vollzieht, der durch den im vergangenen Jahr eingesetzten CEO Georges Elhedery vorangetrieben wird. Der Rückzug von Leonard ist nicht isoliert zu betrachten.
Bereits Ende 2024 hatte die ehemalige Chief Sustainability Officer von HSBC, Celine Herweijer, das Unternehmen verlassen. Diese aufeinanderfolgenden Veränderungen im nachhaltigkeitsorientierten Top-Management werfen ein Schlaglicht auf die neue strategische Ausrichtung, die HSBC unter Elhederys Führung verfolgt. Unter anderem wurden Leitlinien und Prioritäten im Bereich Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) erneut bewertet. Ziel ist es, den nachhaltigen Geschäftsbereich effizienter zu gestalten und stärker in die Gesamtstruktur des Konzerns zu integrieren. Die Entscheidung, das Sustainability Office aufzulösen und die Aufgaben auf verschiedene andere Bereiche innerhalb der Vermögensverwaltung zu verteilen, zeigt einen strategischen Wandel.
Künftig sollen Nachhaltigkeitsaspekte weniger als separater Stab behandelt, sondern stärker in die bestehenden Geschäftsprozesse und Teams eingebunden werden. Diese Maßnahme folgt dem Trend, Nachhaltigkeit nicht einfach als Nischenthema sondern als integralen Bestandteil des Kerngeschäfts zu verstehen. Gleichzeitig wurden weitere Nachhaltigkeitsinitiativen zentralisiert und in das Responsible Investment Team unter der Leitung von Cathrine de Coninck-Lopez zusammengelegt, um Synergien zu schaffen und Ressourcen gezielter einzusetzen. Die Hintergründe dieser Restrukturierung liegen auch in einem sich verändernden regulatorischen und politischen Umfeld, vor allem in den USA, einem wichtigen Markt für HSBC Asset Management. Dort hat der zunehmende Widerstand gegen ESG-Themen, insbesondere nach der Präsidentschaft von Donald Trump, viele Finanzunternehmen dazu veranlasst, ihre Engagements im Bereich Klimaschutz und soziale Verantwortung zu überdenken oder zu reduzieren.
HSBC, mit einem mittelgroßen Geschäft, das sich auf internationale Unternehmen konzentriert, spürt diesen Trend deutlich. Dies hat offensichtlich Einfluss darauf, wie die Bank ihre Nachhaltigkeitsstrategie positioniert und operativ umsetzt. Ein weiterer wichtiger Faktor für die aktuelle Entwicklung ist die unternehmensweite Effizienzsteigerung und Kostensenkung, die Elhedery vorantreibt. In den vergangenen sechs Monaten hat der CEO bereits zahlreiche Führungskräfte entlassen und verschiedene Bereiche umorganisiert. Ziel ist es, bis Ende 2026 Einsparungen von rund 1,5 Milliarden US-Dollar zu erzielen, was etwa acht Prozent der Gesamtpersonalkosten entspricht.
Die Verkleinerung oder Zusammenlegung von Abteilungen, wie es beim Sustainability Office der Fall ist, gehört zu diesen Maßnahmen. Trotz dieser Veränderungen betont HSBC, dass man weiterhin das langfristige Ziel verfolgt, bis 2050 klimaneutral zu agieren. Allerdings hat die Bank im Frühjahr 2025 ihr früheres Vorhaben, bereits 2030 Netto-Null-Emissionen im eigenen Geschäftsbetrieb zu erreichen, aufgegeben. Die Begründung beruht auf der langsamen Fortschrittlichkeit im realen Wirtschaftsumfeld und den Herausforderungen bei der Umsetzung. Stattdessen hat HSBC eine Überprüfung ihrer Emissionsziele im Kreditportfolio angestoßen – ein zentraler Hebel im Kampf gegen den Klimawandel – und plant, nachhaltige Investitionsrichtlinien anzupassen.
HSBC Asset Management verwaltet laut aktuellen Angaben etwa 179 Milliarden US-Dollar in ESG- und nachhaltigen Anlagestrategien. Damit ist das Unternehmen weiterhin einer der bedeutenden Akteure in diesem Bereich und hält seine Verpflichtung als Unterzeichner der Net Zero Asset Managers Initiative, einer von den Vereinten Nationen unterstützten Vereinigung, die Investments auf eine kohlenstoffarme Zukunft ausrichtet. Gleichzeitig zeigt die Entlassung wichtiger Nachhaltigkeitsmanager und die Verlagerung von ESG-Verantwortlichkeiten innerhalb der Organisation, wie sensibel und dynamisch der Markt für nachhaltige Finanzprodukte ist. Neben personellen Veränderungen investiert HSBC in neue Führungspersönlichkeiten und Initiativen, die den ökologischen Wandel fördern sollen. So wurde der ehemalige britische Politiker Danny Alexander verpflichtet, um eine neue Einheit für Infrastruktur- und Projektfinanzierungen im Zusammenhang mit der Energiewende zu leiten.
Diese Maßnahme signalisiert, dass die Bank weiterhin strategisch in zukunftsträchtige, grüne Projekte investieren will – allerdings unter einer neuen, möglicherweise pragmatischeren Zielsetzung. Insgesamt verdeutlichen die Veränderungen bei HSBC Asset Management eine breitere Erscheinung in der Finanzwelt. Viele Banken und Vermögensverwalter stehen vor der Herausforderung, Nachhaltigkeit und Rendite in Einklang zu bringen, während sie sich auf volatile Märkte und wechselnde politische Rahmenbedingungen einstellen müssen. Der Rückzug von Führungskräften wie Erin Leonard ist dabei weniger ein Zeichen des Scheiterns, sondern eher Ausdruck einer notwendigen Evolution innerhalb des Unternehmens, die für Anpassungsfähigkeit und Effizienzgewinn sorgt. Die Zukunft von ESG im Finanzsektor bleibt spannend.
Obwohl es Gegenwind gibt, vor allem aus politischen Lagern, die ESG als zu restriktiv oder wirtschaftsschädlich kritisieren, wächst gleichzeitig das globale Bewusstsein für die Dringlichkeit von Klimaschutz und sozialer Verantwortung. Unternehmen wie HSBC müssen daher Wege finden, diese Themen glaubwürdig und wirtschaftlich sinnvoll zu integrieren, um den Erwartungen von Investoren, Kunden und Regulierungsbehörden gerecht zu werden. Der Abgang von Erin Leonard könnte für HSBC Asset Management somit auch die Gelegenheit bieten, Nachhaltigkeitsstrategien neu zu definieren, sie stärker an operative Geschäftsziele anzubinden und gleichzeitig die Rolle nachhaltiger Anlagen im Portfolio zu schärfen. Die kommenden Monate werden zeigen, wie effektiv diese Neuausrichtung umgesetzt wird und wie sie sich auf die Position von HSBC im globalen Markt für nachhaltige Investments auswirkt.