Die Fordow-Anreicherungsanlage, oft auch unter dem geheimnisvollen Projektnamen „Al Ghadir“ bekannt, hat sich als einer der umstrittensten Bestandteile von Irans Nuklearprogramm erwiesen. Jahrzehntelang von der internationalen Gemeinschaft nur spekulativ betrachtet, wurden mit der Entdeckung und Analyse des sogenannten Nukleararchivs wertvolle neue Erkenntnisse über die wahre Absicht und Geschichte dieser Anlage gewonnen. Erhebungen und Dokumente weisen darauf hin, dass Fordow ursprünglich nicht für die zivile Nutzung bestimmt war, sondern im Rahmen des militärischen Amad-Programms eine wichtige Rolle bei der Produktion von waffenfähigem Uran spielte – ein Umstand, der das geopolitische Spannungsfeld rund um den Iran nachhaltig beeinflusst. Der geheim gehaltene Standort nahe der Stadt Qom wurde erstmals Anfang der 2000er Jahre konzipiert und gebaut. Geheimdienstliche Erkenntnisse und archivarische Quellen deuten darauf hin, dass die Bauarbeiten bereits um 2002 begannen, während der Iran gegenüber internationalen Kontrollorganen versicherte, die Anlage sei erst deutlich später, nämlich 2007, errichtet worden.
Diese Diskrepanz war Teil der langanhaltenden Kontroversen und Fragen hinsichtlich der Absichten Irans im nuklearen Bereich. Das Nukleararchiv enthüllte, dass Fordow als hochgeheime militärische Einrichtung gedacht war, um auf Basis von niedrig angereichertem Uran (LEU) waffenfähiges Uran zu erzeugen. Daraus hätte Iran jährlich zwei Atomwaffen bestücken können. Der Codename „Al Ghadir“ ist ein bedeutungsschwerer Begriff im schiitisch-islamischen Kontext, der auf den historischen Ort Ghadir al-Khumm verweist, an dem der Prophet Mohammed nach schiitischem Glauben den Führungsanspruch der Imame festlegte. Es ist bemerkenswert, dass dieser religiös symbolische Name für ein Projekt gewählt wurde, das darauf abzielte, Atomwaffen zu produzieren – besonders angesichts der wiederholten öffentlichen Versprechungen Irans, niemals Atomwaffen zu entwickeln oder zu besitzen.
Dieses Spannungsfeld zwischen offizieller Rhetorik und geheimen Aktivitäten unterstreicht die Komplexität und Widersprüchlichkeit von Irans Atompolitik. Die Analyse des Nukleararchivs zeigt auch den engen Zusammenhang zwischen dem zivilen und dem militärischen Nuklearbereich Irans. Während die zivile Atomenergieorganisation (AEOI) für die Herstellung von LEU zuständig war, wurde die Weiteranreicherung zu waffenfähigem Uran dem Verteidigungsministerium übertragen. Diese Arbeitsteilung verdeutlicht eine strategische Verzahnung, in der zivile Aktivitäten als Deckmantel für militärische Zwecke dienen konnten. Fordow wurde speziell als tief unterirdische Anlage errichtet, um sie vor möglichen Luftangriffen zu schützen, was auf das Verständnis hingewiesen hat, dass die internationale Gemeinschaft auf eine eventuelle militärische Option Irans aufmerksam werden könnte.
Historische Dokumente belegen, dass das Amad-Programm in den späten 1990er- und frühen 2000er-Jahren intensiv an der Entwicklung von Gaszentrifugen arbeitete. Dabei baute der Iran parallel zivile und militärische Kapazitäten auf, die in gewisser Weise miteinander verbunden waren. Frühere Versuche der Urananreicherung in Natanz oder der geheimen Fertigung von Metallteilen für Zentrifugen durch das Verteidigungsministerium zeigen die langanhaltende Erfahrung und das technische Know-how, das der Iran angesammelt hatte. Das Fordow-Projekt war eine Weiterentwicklung dieser Bemühungen, mit dem Ziel, eine größere, geschützte und leistungsstarke Anlage zu schaffen. Als im Jahr 2009 Fordow öffentlich bekannt wurde, reagierten internationale Instanzen mit Besorgnis.
Die IAEA inspizierte die Anlage und stellte fest, dass sie zwar noch nicht vollständig in Betrieb war, aber fortgeschrittene Konstruktionsstadien erreicht hatte. Unklar war damals noch, ob die Anlage tatsächlich für die zivile Produktion von LEU genutzt werden sollte, wie Iran behauptete, oder ob sie weiterhin für die Produktion waffenfähigen Urans vorgesehen war. Die Inspektoren beobachteten Veränderungen und Umbauten an der Anlage, die auf eine Umstellung der Anreicherungskapazitäten hindeuteten. Experten beschrieben, dass Teile der Piping-Systeme und der Bauabschnitte auf eine zweckmäßige Nutzung zur Herstellung von Uran mit höherer Anreicherung ausgelegt waren. Die wiederholten und voneinander abweichenden Angaben Irans über den Zweck und die Kapazitäten von Fordow verstärkten den Zweifel.
Im Laufe von wenigen Jahren reichte Iran mehrere Design-Informationen bei der IAEA ein, die den Verwendungszweck der Anlage von niedriger Anreicherung, über 20 Prozent Zentrifugenstützung bis hin zu einer Kombination von verschiedenen Anreicherungsstufen wechselten. Dieses ständige Ändern der Erklärungen galt als strategische Verwirrungstaktik, um das wahre Ausmaß und die Natur der Einrichtung zu verschleiern. Fordows Kapazität wurde auf rund 3.000 Zentrifugen geschätzt, die im Untergrund in mehreren Hallen untergebracht sind. Die Anordnung und Anzahl der Zentrifugen ermöglichten theoretisch die Produktion von 30 Kilogramm waffenfähigem Uran pro Jahr, ausreichend für ein bis zwei Atomwaffen.
Im Vergleich zu anderen Anlagen des Iran wie Natanz ist Fordow bemerkenswert klein, verfügte jedoch auf Grund seiner geschützten Lage und technischen Ausstattung über eine robuste Verteidigungsfunktion. Die erbitterte Geheimhaltung rund um das Fordow-Projekt steht in hellem Kontrast zu öffentlich vorgetragenen Bekenntnissen Irans zur friedlichen Nutzung der Atomenergie. Die Entdeckung des Nukleararchivs durch israelische Kräfte im Jahr 2018 brachte Licht in verborgene Details und offenbarte die rigorosen militärischen Pläne hinter den Kulissen. Dieses Wissen hat die internationale Debatte über Irans tatsächliche Ziele in der Nuklearpolitik weiter intensiviert und Forderungen nach strengerer Kontrolle und Überwachung laut werden lassen. Auch im Rahmen des internationalen Atomabkommens von 2015, dem sogenannten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), blieb Fordow ein Stolperstein.
Obwohl das Abkommen die Urananreicherung stark einschränkte, gestattete es Iran die Weiternutzung von Fordow in begrenztem Umfang, vor allem für Forschungen und die Produktion von stabilen Isotopen in Zusammenarbeit mit Russland. Experten warnen jedoch, dass die Anlage mit mittlerem Aufwand wieder für militärische Zwecke hochgefahren werden könnte, was sie weiterhin zu einem Risiko für die regionale und globale Sicherheit macht. Zusammengefasst illustriert die Fordow-Anreicherungsanlage beziehungsweise das Al Ghadir-Projekt exemplarisch die Doppelstrategie Irans in seinem Nuklearprogramm. Auf der einen Seite wird die zivile Nutzung propagiert und internationale Verpflichtungen wie IAEA-Inspektionen eingehalten, auf der anderen Seite entstehen geheime Kapazitäten mit klarer militärischer Ausrichtung. Das Nukleararchiv und dessen Auswertung zeigen deutlich, dass die operative Flexibilität und Umfunktionierbarkeit der Anlagen gezielt geplant wurden, um im Ernstfall rasch auf eine militärische Option umschalten zu können.
Die Erkenntnisse aus dem Al Ghadir-Projekt mahnen die internationale Gemeinschaft, sowohl technisch als auch politisch wachsam zu bleiben. Die Überwachung des Fordow-Komplexes, die Durchsetzung transparenter Atompolitik und die kontinuierliche Inspektion sind Schlüsselfaktoren, um eine nukleare Eskalation zu verhindern. Die komplexe Verschleierungstaktik des Irans zeigt, wie schwer es ist, mit herkömmlichen Mitteln allein den tatsächlichen Fortschritt in geheimen Nuklearprogrammen zu durchschauen. Fordow bleibt damit Symbol und Ausgangspunkt für Debatten um Irans Nuklearkapazitäten und den Balanceakt zwischen friedlicher Nutzung und einer möglichen militärischen Bewaffnung. In den kommenden Jahren wird die Rolle der Fordow-Anlage weiterhin im Fokus westlicher und internationaler Sicherheitsbehörden stehen.
Die Erfahrungen verdeutlichen, dass technische Details, begleitet von tiefgreifender politischer Analyse und rigoroser Überwachung, entscheidend sind, um die wahren Absichten in internationalen Nuklearprogrammen besser erkennen zu können und somit Risiken für globale Sicherheit zu minimieren.