Der langfristige weltweite Anstieg der Getreideproduktion steht vor vielfältigen Herausforderungen: Klimawandel, zunehmende Bevölkerungszahlen und Umweltbelastungen durch konventionelle Anbaumethoden fordert innovative Lösungen. Wissenschaftler präsentieren eine vielversprechende Technologie, die allein durch die Anwendung eines einfachen Sprays die Erträge von Weizen um über 10 % steigert, ohne dabei zusätzliche Wasser- oder Düngemittelressourcen zu benötigen. Diese Methode basiert auf einem pflanzenpermeablen Vorläufer von Trehalose 6-Phosphat (T6P), einem natürlichen Zucker-Signalstoff, das das Wachstum der Pflanze fördert und optimiert. Die Ergebnisse aus mehrjährigen Feldversuchen in unterschiedlichsten Klimabedingungen bestätigen die Wirksamkeit dieser Anwendung und schaffen neue Perspektiven für nachhaltige Landwirtschaft weltweit.\n\nTrehalose 6-Phosphat spielt eine zentrale Rolle im pflanzlichen Stoffwechsel als Schlüsselregulator für Wachstum und Entwicklung.
Allerdings kann dieses Molekül aufgrund seiner physiochemischen Eigenschaften nicht direkt in Pflanzen eingeführt oder genetisch kontrolliert werden. Wissenschaftler haben deshalb DMNB-T6P entwickelt – einen chemischen Vorläuferstoff, der die Barriere der Pflanze passieren kann und durch Sonneneinstrahlung aktiviert wird, um gezielt T6P freizusetzen. Die zeitlich genau abgestimmte Anwendung eines Mikrodosis-Sprays mit DMNB-T6P während der frühen Phase der Kornfüllung führt zu signifikanten Verbesserungen der Photosynthese und fördert die Stärkesynthese im Korn – zwei entscheidende Faktoren, die den Ertrag erhöhen.\n\nDie Feldversuche, die über vier Jahre in Argentinien mit verschiedenen hochleistungsfähigen Weizensorten durchgeführt wurden, zeigen konsistente Ertragssteigerungen im Durchschnitt von über 10 %, sogar unter Bedingungen mit variabler und eingeschränkter Wasserverfügbarkeit. Diese Steigerung entspricht dem Ertrag, der normalerweise erst durch zwei Jahrzehnte konventioneller Züchtung erzielt wird.
Selbst in Jahren mit starkem Regenmangel behalten die Pflanzen ihre verbesserte Leistung bei, was die Robustheit und Anpassungsfähigkeit der Methode unterstreicht.\n\nDie Ertragsverbesserung wird durch eine Zunahme sowohl der Körnerzahl pro Quadratmeter als auch deren einzelner Masse erreicht. Dies ist insofern bemerkenswert, als bislang oft ein Zielkonflikt zwischen Kornanzahl und Korngröße die Ertragsoptimierung erschwerte. Die Behandlung mit DMNB-T6P führt dazu, dass beide Faktoren parallel verbessert werden. Zusätzlich bleibt der Proteinanteil im Korn konstant oder steigt leicht an, was auf eine verbesserte Stickstoffnutzung binnen der Pflanze schließen lässt – ein weiterer Pluspunkt für die Qualität und Nachhaltigkeit des Ertrags.
\n\nMechanistische Untersuchungen erklären diese Vorteile auf molekularer und physiologischer Ebene. Im Korngewebe werden Gene hochreguliert, die am Zitronensäurezyklus, der Kohlenhydratverwertung und an der Synthese von Aminosäuren beteiligt sind. Strukturelle Analysen zeigen zudem, dass der stärkehaltige Endospermbereich im Korn vergrößert wird, gleichzeitig entwickeln sich die Siebröhren der Gefäßbündel intensiver, was den Transport von Assimilaten verbessert. Im Blatt erhöht sich die CO2-Fixierung und die lineare Elektronenflussrate, was auf eine gesteigerte fotosynthetische Aktivität während der entscheidenden Entwicklungsphase hindeutet. Diese Kombination aus verbesserter Quelle (Photosynthese) und Senke (Kornentwicklung) bildet die Grundlage für die nachhaltige Ertragssteigerung.
\n\nDie breite Anwendbarkeit der DMNB-T6P-Technologie zeigt sich auch in ersten Kontrollversuchen bei anderen wichtigen Getreidearten wie Gerste und Sorghum, wo ebenfalls deutliche Ertragszuwächse nachgewiesen wurden. Diese Perspektive eröffnet neue Möglichkeiten für die Verbesserung verschiedenster Grundnahrungsmittel weltweit unter Berücksichtigung von Klimastabilität und Ressourceneffizienz.\n\nNeben den agronomischen Vorteilen ist die ökonomische Sicht ebenfalls vielversprechend: Die Herstellungskosten des Wirkstoffs sind verhältnismäßig niedrig, sodass die Anwendung kosteneffizient erfolgen kann. Auf Hektarbasis kommen nur geringe Grammzahlen zur Anwendung, was auch die Umweltbelastung durch große Mengen an Düngemitteln erheblich verringern könnte. Die daraus resultierende Steigerung des Ertrags bei gleichbleibendem Düngemitteleinsatz trägt zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen bei und fördert nachhaltige Produktionsverfahren.
\n\nInsgesamt bietet die Verwendung eines pflanzenpermeablen Trehalose 6-phosphat Vorläufers als foliar appliziertes Spray eine bahnbrechende Ergänzung zu herkömmlichen züchterischen Verfahren. Die Technologie ermöglicht eine flexible Anwendung, vielfältige Anpassung an Sorten und Umweltsituationen und das Potenzial, physologische Grenzen der Ertragsbildung nachhaltig zu überwinden.\n\nAngesichts der voranschreitenden globalen Herausforderungen im Bereich Ernährungssicherheit leistet dieser wissenschaftliche Fortschritt einen wichtigen Beitrag zu einer widerstandsfähigen und ökologisch verträglichen Landwirtschaft. Die Kombination aus molekularer Innovation, praxistauglicher Anwendung und messbaren Ertragsvorteilen verspricht den Einstieg in eine neue Ära der Agrartechnologie – eine Zukunft, in der durch wenige gezielte Maßnahmen die Leistung von Nutzpflanzen signifikant gesteigert und damit die Grundversorgung der Weltbevölkerung gesichert werden kann.