Worldcoin, das ambitionierte Krypto-Projekt des OpenAI-Gründers Sam Altman, steht aktuell unter enormem regulatorischen Druck. Kurz nach einem Verbot durch die indonesische Regierung hat auch ein keniatisches Gericht die Aktivitäten der Worldcoin Foundation als illegal eingestuft. Die Entscheidung in Kenia führte zu einem deutlichen Preisverfall des zugehörigen WLD-Tokens und wirft brennende Fragen hinsichtlich Datenschutz, regulatorischer Compliance und Datenschutzpraktiken im globalen Kontext auf. Diese Ereignisse markieren eine bedeutende Zäsur in der Geschichte von Worldcoin und liefern gleichzeitig wichtige Erkenntnisse für die Kryptoindustrie insgesamt. Die Hintergründe des Konflikts liegen vor allem in der massiven Erfassung und Verarbeitung biometrischer Daten durch Worldcoin.
Das Unternehmen hatte insbesondere in Kenia damit begonnen, Menschen für das Einsammeln ihrer biometrischen Informationen finanzielle Anreize in Form von Kryptowährungen anzubieten. Die Methode umfasste das Scannen der Iris mittels spezieller Orb-Geräte, verbunden mit der Erhebung weiterführender persönlicher Daten. Diese Praxis war von Anfang an umstritten, da die Einhaltung nationaler Datenschutzgesetze wie dem kenianischen Data Protection Act von 2019 infrage gestellt wurde. Am 5. Mai 2025 entschied eine High Court in Kenia unter Leitung von Lady Justice Aburili Roselyne, dass Worldcoin gegen das Datenschutzgesetz verstoßen habe.
Konkret wurde festgestellt, dass eine legitime Datenschutz-Folgenabschätzung vor der Datenverarbeitung nicht vorlag und die Einwilligung der betroffenen Personen durch das Anbieten von Kryptowährungsanreizen nicht rechtsgültig sei. Im Ergebnis wurde die Worldcoin Foundation dazu verpflichtet, sämtliche biometrischen Daten kenianischer Bürger innerhalb von sieben Tagen vollständig zu löschen und jegliche weitere Erfassung solcher Daten zu unterlassen. Diese restriktiven Auflagen werden von der kenianischen Datenschutzkommission überwacht. Parallel zum Gerichtsurteil in Kenia trat auch die indonesische Regierung bei Worldcoin auf die Bremse. Das Ministerium für Kommunikation und Digitalisierung (Komdigi) suspendierte die Registrierung von Worldcoin, da das Unternehmen mithilfe nicht autorisierter lokaler Partner agiert und gegen Vorschriften beim Betrieb elektronischer Systeme verstoßen habe.
Unter anderem war demnach keine gültige Berechtigung für das Anbieten von digitalen Dienstleistungen vorhanden, und lokale Kooperationspartner standen in Verdacht, falsche Angaben gemacht zu haben. Die indonesische Behörde rief die Öffentlichkeit dazu auf, nicht registrierte digitale Anbieter zu melden, um die Sicherheit in der digitalen Sphäre zu gewährleisten. Diese regulatorischen Maßnahmen haben unmittelbare Auswirkungen auf den Marktwert des WLD-Tokens. Nach Veröffentlichung der kenianischen Gerichtsentscheidung und der indonesischen Suspendierung sank der Kurs von Worldcoin innerhalb von 24 Stunden um mehr als sechs Prozent. Der Token fiel von einem Tageshoch bei 0,9627 US-Dollar auf etwa 0,8816 US-Dollar.
Auch die offene Position, die die Höhe der Handelsaktivität widerspiegelt, reduzierte sich signifikant. Diese Reaktionen zeigen, wie sensibel der Kryptomarkt auf regulatorische Entwicklungen und Unsicherheiten reagiert. Die Entscheidungsfindung in Kenia geht auf eine Klage des Katiba Institute zurück, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die den Datenschutz und die Menschenrechte im Land schützt. Diese hatte eine Überprüfung der Worldcoin-Praktiken gefordert und argumentiert, dass die Erfassung irisbasierter und gesichtserkennungsbasierter Daten ohne rechtsgültige Einwilligung einen Verstoß gegen die Grundrechte darstelle. Ihre erfolgreiche Initiative leistet einen wichtigen Beitrag zum Schutz persönlicher Daten in einem Umfeld, in dem neue Technologien zu immer invasiveren Datenerhebungen führen.
Interessant ist der Umstand, dass Worldcoin trotz dieser Schwierigkeiten im Januar 2025 mit der Einführung der WLD ID in den Vereinigten Staaten eine strategische Expansion unternahm. Dies erfolgte zeitgleich mit der Ankündigung, den WLD-Token bei der bekannten Kryptobörse Coinbase listen zu wollen. Diese Entwicklungen demonstrieren den Versuch, trotz negativer Nachrichten und regulatorischem Gegenwind den Marktstart und die Adoption voranzutreiben. Die Debatte rund um Worldcoin berührt jedoch weitreichendere Themen. Die Sammlung biometrischer Daten in Verbindung mit Kryptowährungen wirft komplexe Fragen zur ethischen Nutzung von Technologie und zur Überwachung auf.
Die Kombination aus finanziellen Anreizen und innovativem Identitätsmanagement wird von Befürwortern als Chance für inklusivere Finanzdienstleistungen und eine demokratisierte Teilnahme an der digitalen Wirtschaft gesehen. Kritiker jedoch warnen vor einer potenziellen Gefährdung der Privatsphäre, Manipulationsrisiken und einer unzureichenden Regulierung dieser sensitiven Informationen. Weltweit ringen Regierungen, Aufsichtsbehörden und Rechtsexperten darum, einen angemessenen rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Krypto-Anwendungen und biometrischer Erfassung zu schaffen. Das Beispiel Worldcoin zeigt exemplarisch die Schwierigkeiten auf, die dabei entstehen: einerseits die Notwendigkeit, Innovationen zu fördern, andererseits ein Schutz der Bürgerrechte, der nicht kompromittiert werden darf. Gerade in Ländern mit sich entwickelnden Datenschutzgesetzen markiert das Urteil in Kenia einen wichtigen Präzedenzfall, der sowohl für internationale Projekte als auch für lokale Regulierungen eine Signalwirkung haben kann.
Zudem unterstreicht die Situation, wie eng vernetzt die regionale und globale Regulierungslandschaft bereits ist. Ein Eingreifen in einem Land kann Auswirkungen auf den weltweiten Markt und die Nutzerbasis des Projekts haben. Für Anleger, Entwickler und Nutzer ist es somit heute essenziell, nicht nur technologische, sondern auch regulatorische Entwicklungen zu verfolgen und zu verstehen. Die nächste Zeit wird zeigen, wie Worldcoin mit diesen Herausforderungen umgehen wird. Ob die Foundation sich an die Rechtsvorschriften hält und die Datensätze tatsächlich binnen der gesetzten Frist löscht, ist eine kritische Frage.