Inmitten wachsender regulatorischer Kontrollen in Hongkong hat Justin Sun, Gründer und prominenter Akteur der Kryptobranche, ernste Anschuldigungen gegen den in Hongkong ansässigen Verwahrer First Digital Trust (FDT) erhoben. Die Vorwürfe umfassen mutmaßlichen Missbrauch von TUSD-Reserven in Höhe von über 500 Millionen US-Dollar sowie eine Reihe schwerwiegender Verstöße gegen rechtliche und ethische Standards. Dieser Fall stellt nicht nur das Vertrauen in den betroffenen Dienstleister infrage, sondern wirft auch ein Schlaglicht auf die Herausforderungen regulatorischer Aufsicht im globalen Finanzumfeld. Justin Sun hat die mutmaßlichen Vergehen von First Digital Trust in einer öffentlichen Erklärung als die „sieben Sünden“ des Unternehmens benannt. Dabei geht es um schwerwiegende Vorwürfe, die das ganze Spektrum illegaler Handlungen von der Zweckentfremdung von Kundengeldern bis hin zu Korruptionsvorwürfen abdecken.
Die Anschuldigungen beinhalten unter anderem die unerlaubte Verwendung der TUSD-Custodial-Reserven. So soll FDT Gelder ohne die Zustimmung der Kunden an die Firma ARIA DMCC weitergeleitet haben, was gegen die regulatorischen Regeln in Hongkong verstößt, die getrennte Verwahrung von Kundenvermögen vorschreiben und unautorisierte Auszahlungen verbieten. Des Weiteren steht First Digital Trust im Verdacht, unerlaubte Investmentaktivitäten betrieben zu haben. Obwohl das Unternehmen als Trust or Company Service Provider (TCSP) registriert ist, verfügt es über keine Lizenz der Hongkonger Securities and Futures Commission (SFC) für regulierte Investmentdienstleistungen. Stattdessen sollen Investitionen über diverse verbundene Firmen wie ARIA, TrueCoin, gegründet von Alex De Lorraine, und Crossbridge/Finaport abgewickelt worden sein, wodurch die nötige Transparenz vermisst wurde und regulatorische Kontrollen umgangen wurden.
Die Vorwürfe gehen noch weiter und beinhalten mutmaßlichen Betrug durch falsche Buchführung und Dokumentenfälschung. Justin Sun behauptet, FDT habe Unterlagen manipuliert, um zu verschleiern, dass Kundengelder inzwischen veruntreut oder umgeleitet wurden. Diese Praktiken verstoßen gegen Hongkongs Theft Ordinance und sind als strafbare Handlungen einzustufen. Die Manipulation von Belegen diente dazu, den Eindruck zu erwecken, dass die Gelder ordnungsgemäß verwahrt und investiert seien. Ein weiterer kritischer Punkt sind die mutmaßlichen Geldwäschedelikte durch Offshore-Strukturen sowie die Annahme von nicht offen gelegten Provisionen.
Laut Sun könnten diese Handlungen gegen das Hongkonger Prevention of Bribery Ordinance verstoßen, was die Einschaltung der Independent Commission Against Corruption (ICAC), der Anti-Korruptionsbehörde Hongkongs, nach sich ziehen dürfte. Die Kombination aus Geldwäschevorwürfen und der Annahme von Schmiergeldern zeigt ein potenzielles Ausmaß an kriminellen Aktivitäten und Korruption innerhalb des Unternehmens. In Reaktion auf die Krise hat Justin Sun ein Belohnungsprogramm in Höhe von 50 Millionen US-Dollar ins Leben gerufen, um Hinweise auf die Rückgewinnung der verlorenen Gelder zu fördern. Dieses Programm richtet sich ausdrücklich an Whistleblower und bezieht sich auf etwa zehn Prozent der von Sun persönlich bereitgestellten Liquiditätsmittel zur Stabilisierung der TUSD-Reserven. Die Auszahlung der Prämien ist dabei an die Verifizierung und erfolgreiche Wiederbeschaffung der Kundengelder gebunden.
Damit verfolgt Sun nicht nur monetäre, sondern auch justice-getriebene Ziele, indem er auf die verantwortliche Aufarbeitung und das Auffinden der vermissten Vermögenswerte drängt. Der Skandal um First Digital Trust erinnert viele Beobachter an den Zusammenbruch von FTX, bei dem ebenfalls Kundengelder missbräuchlich verwendet wurden. Während FTX den Missbrauch der Mittel als besicherte Kredite darstellte, die durch Eigenkapital und Token-Assets gedeckt waren, betont Sun, dass die Transaktionen bei FDT ohne Sicherheiten, ohne Offenlegung und völlig außer Sichtweite der Kunden stattgefunden hätten. Dies verschärft die Schwere der Anschuldigungen und zeigt eine gefährliche Dimension an Intransparenz und Verantwortungslosigkeit auf. Die Auswirkungen dieses Falles auf die Regulierungslandschaft in Hongkong könnten beträchtlich sein.
Die Securities and Futures Commission (SFC) sowie die Independent Commission Against Corruption (ICAC) verfügen über die Befugnis, die rechtlichen Verstöße eingehend zu untersuchen und Strafverfahren einzuleiten. Im Falle einer Verurteilung drohen First Digital Trust und beteiligten Personen heftige strafrechtliche Sanktionen, Schadenersatzforderungen und der dauerhafte Entzug von Geschäftslizenzen. Dies wäre ein deutliches Signal für mehr Kontrolle und Verantwortung in der digitalen Finanzbranche. Die Kontroverse hat zudem weitreichende Bedeutung für Investoren und Kunden im Kryptosektor. Sie unterstreicht die Wichtigkeit, sich nicht nur auf vermeintlich vertrauenswürdige Dienstleister zu verlassen, sondern auch wachsam gegenüber regulatorischer Einhaltung und Transparenz zu bleiben.
Gerade im Bereich der Kryptowährungen, der noch immer von regulatorischer Unsicherheit und Schnelllebigkeit geprägt ist, zeigt sich, wie dringend es einer effizienten Überwachung bedarf, um solche Skandale zu vermeiden. Die Nutzung von Kryptowährungen und digitalen Assets wächst weltweit rasant, und damit einher gehen Herausforderungen für traditionelle Finanzaufsichtsbehörden. Der Fall First Digital Trust ist ein exemplarisches Beispiel, wie komplex die Überwachung der digitalen Finanzwelt geworden ist. Regulatoren stehen vor der Aufgabe, technologische Innovationen zu fördern und gleichzeitig Schutzmechanismen zu etablieren, die das Vertrauen der Verbraucher gewährleisten. Justin Suns Engagement in dieser Angelegenheit geht über finanzielle Interessen hinaus.
Er setzt sich öffentlich für eine umfassende Aufklärung und Rechtsdurchsetzung ein, um das Vertrauen in den TUSD-Stablecoin zu retten und die Integrität des Marktes zu stärken. Seine öffentliche Kampagne und das großzügig ausgestattete Belohnungsprogramm dienen als Weckruf für andere Stakeholder, sich aktiv an der Aufdeckung möglicher Missstände zu beteiligen. Die Affäre um First Digital Trust wirft auch Fragen zur zukünftigen Rolle von Verwahrern und Dienstleistern im Kryptoökosystem auf. Es wird zunehmend klar, dass reine Registrierungen oder eingeschränkte Lizenzen nicht ausreichen, um komplexe Treasury- und Investmentstrukturen angemessen zu kontrollieren. Klare gesetzliche Rahmenbedingungen und die Verpflichtung zur vollkommenen Transparenz werden zum zentralen Thema, um derartige Vorfälle zukünftig zu vermeiden.