Minnesota erlebt derzeit eine kontroverse politische Entwicklung im Bereich Klimaschutz und nachhaltige Mobilität. Am 28. April 2025 hat das Repräsentantenhaus von Minnesota das Omnibus-Verkehrshaushaltsgesetz HF2438 mit einer Mehrheit von 85 zu 49 Stimmen verabschiedet, das weitreichende Rückschritte bei Klimaschutzmaßnahmen beinhaltet. Neben der Verschiebung wichtiger Emissions- und Verkehrsziele wurden auch Fördermittel für den öffentlichen Nahverkehr sowie für Fuß- und Radwege drastisch gekürzt. Zudem sieht das Gesetz eine erhebliche Erhöhung der jährlichen Registrierungsgebühren für Elektrofahrzeuge vor.
Diese politischen Entscheidungen haben bei Umweltschutzorganisationen, Aktivisten und Teilen der Bevölkerung starke Kritik ausgelöst und werfen Fragen über die künftige Ausrichtung Minnesotas im Bereich Umweltschutz und Verkehrspolitik auf. Vor dem Hintergrund weltweiter Bemühungen gegen den Klimawandel hatte Minnesota erst im Jahr 2023 ein bahnbrechendes Omnibus-Verkehrsgesetz verabschiedet, das den Bundesstaat als Vorreiter im Umweltschutz etablierte. Das damalige Gesetz schrieb verbindliche Ziele zur Verringerung von Treibhausgasemissionen (GHG) sowie zur Reduktion der gefahrenen Fahrzeugkilometer (VMT) vor. Zudem förderte es maßgeblich den Ausbau des ÖPNV, umweltfreundlicher Fuß- und Radwege sowie Maßnahmen zur Vermeidung von Verkehr. Dieses ambitionierte Gesetz wurde als „Climate Impact of Highways Law“ bekannt und ging am 1.
Februar 2025 in Kraft. Nun sorgt HF2438 für eine Verschiebung der Umsetzung dieser ehrgeizigen Klimaziele um viereinhalb Jahre, bis zum August 2028. Kritiker sehen darin einen gefährlichen Rückschritt in Zeiten, in denen die Klimakrise bereits akute Auswirkungen zeigt. Der Aufschub der GHG- und VMT-Ziele wird als völlig unnötig und schädlich bewertet, da diese Verzögerung unabhängig von budgetären Zwängen erfolgte. Für viele stellt sich die Frage, warum ein solch wichtiger Verzicht auf Klimaschutzmaßnahmen in einem Haushaltsgesetzgebungsverfahren verankert wurde.
Ein signifikanter Kritikpunkt ist auch die drastische Erhöhung der Registrierungsgebühren für Elektrofahrzeuge von 75 auf 200 US-Dollar pro Jahr. Für Besitzer solcher Fahrzeuge, die traditionell als umweltfreundliche Alternative gelten, bedeutet dies eine enorme finanzielle Mehrbelastung. Befürworter der Steuererhöhung argumentieren mit dem Ausgleich entgangener Einnahmen durch Kraftstoffsteuern, da Elektroautos keine Benzin- oder Dieselsteuer zahlen. Gegner hingegen verweisen darauf, dass E-Fahrzeuge bereits durch höhere Kaufsteuern und geringere Fahrleistung unverhältnismäßig belastet werden. Ein Versuch, die Erhöhung moderater zu gestalten und gleichzeitig inflationsangepasst zu machen, scheiterte mit einem Patt von 67 zu 67 Stimmen in der Abstimmung.
Neben den Steuererhöhungen sind finanzielle Einschnitte bei wichtigen Verkehrsprojekten vorgesehen. Förderungen für den Schienenverkehr, Metro Transit, aktive Mobilitätsprojekte wie Fuß- und Radwege sowie spezielle Transportdienste für mobilitätseingeschränkte Personen werden teilweise drastisch gestrichen. So sind Kürzungen von bis zu 40 Millionen US-Dollar für den Großraumverkehr in den ersten beiden Jahren vorgesehen, mit einer steigenden Tendenz in späteren Jahren. Auch Programme, die kostenlose Fahrten für Metro-Mobilitäts-zertifizierte Kunden ermöglichen, sind von Sparmaßnahmen betroffen. Diese Kürzungen betreffen nicht nur die Infrastruktur, sondern auch soziale Aspekte der Mobilität, da insbesondere vulnerable Gruppen und Menschen mit Mobilitätseinschränkungen durch reduzierte Angebote belastet werden.
Die Entscheidung für diese Maßnahmen wird von mehreren Umwelt- und Bürgerorganisationen scharf kritisiert, die sich in einer breiten Koalition zusammengeschlossen haben, um auf politischer Ebene Widerstand zu leisten. Die politische Dynamik im Repräsentantenhaus von Minnesota spiegelt die tiefe Spaltung wider, die auch auf nationaler Ebene bei Umweltfragen zu beobachten ist. Die Abstimmung spiegelt ein klassisches Parteiendenken wider: Alle 67 Republikaner stimmten für das Gesetz, während die Demokraten mit 49 Gegenstimmen eine Mehrheit gegen das Gesetz bildeten. Dies zeigt, dass selbst innerhalb der Demokratischen Partei unterschiedliche Positionen vertreten sind, da 18 Mitglieder das Gesetz unterstützten. Mehrere prominente Stimmen aus dem politischen Spektrum sowie von Umweltaktivisten haben öffentlich ihre Sorge über die Kursänderung geäußert.
Risa Hustad, Vorsitzende des Landnutzungs- und Verkehrsausschusses der Sierra Club North Star Chapter, bezeichnete die Entscheidung als Rückkehr zu einem schlechten Gesetz, nachdem Minnesota im Vorjahr noch als Vorbild galt. Joshua Houdek, Senior Program Manager der Sierra Club North Star Chapter, betonte, dass es keine rationale Erklärung für die Verzögerung der Klimaziele gebe, besonders angesichts der Dringlichkeit des Problems. Die Debatte um Minnesota ist ein Teil eines größeren nationalen und globalen Trends, bei dem die Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen, politischem Druck und der Notwendigkeit zu umfassendem Klimaschutz oft schwer zu halten ist. Während viele Staaten und Regionen den Ausbau von nachhaltiger Mobilität vorantreiben, scheint Minnesota derzeit einen gegenteiligen Weg einzuschlagen, der von Umweltorganisationen als nicht zukunftsfähig bezeichnet wird. Wichtig ist auch, dass die Eskalation der Steuerbelastung für Elektrofahrzeuge in Minnesota im Kontext der Verkehrswende gesehen wird.
Elektromobilität gilt als Schlüsseltechnologie auf dem Weg zu emissionsfreiem Verkehr, der dringend notwendig ist, um die nationalen und internationalen Klimaziele zu erreichen. Durch die unverhältnismäßige Belastung von E-Autos könnten Kaufanreize geschwächt und die Akzeptanz dieser Technologie in Frage gestellt werden. Gleichzeitig könnte die finanzielle Belastung dazu führen, dass potenzielle Käufer auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zurückgreifen, was den Klimaschutzbemühungen entgegenwirkt. Auch die Streichung von Fördermitteln für Fuß- und Radwege steht im Widerspruch zu aktuellen Trends, die eine multi-modale Verkehrspolitik fördern. Der Ausbau von Rad- und Fußwegen sowie Nahverkehr ist elementar, um die Abhängigkeit vom Individualverkehr zu verringern, die Lebensqualität in Städten zu verbessern und die Emissionen zu senken.