Die Nutzung von Balkon-Solaranlagen ist in Deutschland ein boomender Trend, der mittlerweile Hunderttausende Verbraucher erreicht hat. Diese kleinen, einfach zu installierenden Solarstromsysteme bestehen meist aus einem oder zwei Photovoltaik-Paneelen und einem Mikro-Wechselrichter, die direkt in eine Haushaltsteckdose eingesteckt werden können. Sie liefern im Durchschnitt bis zu 800 Watt, was ausreicht, um etwa einen Laptop zu laden oder einen kleinen Kühlschrank zu betreiben. Dieses Konzept hat in Deutschland viele Befürworter gefunden – von Mietern über Umweltaktivisten bis hin zu Technikliebhabern –, die das System als kostengünstige und unkomplizierte Möglichkeit schätzen, selbst grünen Strom zu erzeugen. Bis Dezember 2024 wurden offiziell über 780.
000 solcher Geräte bei der deutschen Regulierungsbehörde registriert, tatsächlich dürfte die Zahl noch höher liegen, da viele Anlagen ohne Meldung in Betrieb sind. Doch während Deutschland mit Balkon-Solar einen regelrechten Boom erlebt, ist vergleichbare Technologie in den USA bislang kaum verbreitet, und der Markt für solche Systeme befindet sich dort praktisch noch im Anfangsstadium. Ein wesentlicher Grund für die frühe und breite Akzeptanz in Deutschland liegt in der zügigen Entwicklung und Implementierung von klaren Standards und Sicherheitsrichtlinien, die für Balkon-Solarsysteme gelten. Bereits 2017 verabschiedete der Verband der Elektrotechnik (VDE) Richtlinien, welche die Sicherheit und Effektivität dieser Anlagen gewährleisten. Diese Standards wurden in den folgenden Jahren weiter verfeinert und haben es Herstellern und Nutzern ermöglicht, Balkon-Solarprodukte problemlos und vor allem sicher einzusetzen.
Neben technischen Vorgaben wurden auch politische und gesellschaftliche Maßnahmen ergriffen. Beispielsweise bieten zahlreiche Städte staatliche Förderungen und Subventionen an, um die Anschaffung solcher Systeme zu erleichtern. Zudem haben Mietrechtliche Anpassungen das Recht auf Balkon-Solaranlagen für Mieter verankert, was den Zugang für viele Bewohner von Mietwohnungen erheblich verbessert. Im Gegensatz dazu stehen die USA vor einer Vielzahl von technischen und regulatorischen Herausforderungen, die die Verbreitung der Technologie hemmen. Ein zentrales Problem ist, dass es bisher keine umfassenden nationalen Sicherheitsstandards für Balkon-Solarprodukte gibt.
Die US-amerikanische National Electrical Code (NEC), ein dreijährlich aktualisiertes Regelwerk, regelt die elektrische Installation und den Betrieb von elektrischen Geräten im Land, lässt jedoch momentan keinen expliziten Platz für die Installation und den Betrieb von Plug-in-Solarsystemen wie Balkon-Solar zu. Ohne entsprechende Standards bleiben Risiken hinsichtlich der elektrischen Sicherheit ungeklärt und unreguliert. Ein spezifisches Sicherheitsproblem ist das sogenannte "Breaker-Masking". In einem Haushalt ist oft eine einzige Sicherung für mehrere Steckdosen zuständig. Wenn ein Balkon-Solargerät Strom in diese Leitung einspeist, kann die Sicherung eine Überlastung nicht korrekt erkennen, da die Stromzufuhr quasi von zwei Seiten erfolgt.
Im schlimmsten Fall kann die Sicherung nicht auslösen, wenn eine Überlastung stattfindet, was eine Brandgefahr birgt. In Deutschland wurde diesem Problem durch die Begrenzung der maximalen Leistung von Balkon-Solaranlagen auf etwa 800 Watt begegnet, ein Wert, der als sicher für die gängigen Elektroinstallationen gilt. Zudem existieren sogenannte Residual Current Devices (RCDs), eine spezielle Variante von Fehlerstromschutzschaltern, die bidirektionalen Stromfluss erkennen und so ein hohes Sicherheitsniveau gewährleisten. Vergleichbare Technologien sind in den USA bislang für diese Anwendung nicht zertifiziert und fehlen daher in der Praxis. Auch die mangelnde Entwicklung von passenden Fehlerstromschaltern, wie beispielsweise Ground Fault Circuit Interrupters (GFCIs), erschwert die rechtliche Zulassung und breite Nutzung von Balkon-Solaranlagen in den USA.
GFCIs sollen das Risiko elektrischer Schläge verringern, indem sie bei unerwünschtem Stromfluss schnell die Stromzufuhr unterbrechen. Allerdings existieren noch keine GFCI-Produkte, die für Geräte gedacht sind, die nicht nur Strom verbrauchen, sondern auch in das Netz einspeisen – wie es bei Balkon-Solar der Fall ist. Die fehlende technische Voraussetzung führt dazu, dass die National Fire Protection Association (NFPA), die für die NEC zuständig ist, bisher Änderungen am Code ablehnt, die Plug-in-Solarsysteme erlauben würden. Neben den technischen Hürden stellen auch Zulassungs- und Zertifizierungsprozesse eine Hürde dar. In den USA ist die Organisation Underwriters Laboratories (UL) für die Prüfung von elektrischen Geräten zuständig und gilt als ein wichtiger Garant für Produktsicherheit.
Obwohl UL Standards für die Einzelkomponenten einer Balkon-Solaranlage wie Photovoltaik-Module oder Wechselrichter anbietet, fehlt eine Prüfung für das gesamte System. Ohne eine solche Komplettzertifizierung hadern Hersteller mit Unsicherheiten, die Verbrauchervertrauen beeinträchtigen können und die Marktentwicklung bremsen. Erste sinnvolle Schritte in den USA zeigen sich jedoch, etwa durch ein neues Gesetz in Utah (H.B. 340), das eigens dazu geschaffen wurde, Balkonsolar-Geräte von strikten Regulierungen zu befreien, die für herkömmliche Solaranlagen gelten.
Aufgrund des Wegfalls der Notwendigkeit einer verbindlichen Interconnection Agreement mit Versorgungsunternehmen können private Verbraucher einfacher und kostengünstiger Balkon-Solarsysteme nutzen. Dennoch gilt das Gesetz vorerst nur für bereits UL-zertifizierte Produkte, was wiederum ein begrenztes Angebot bedeutet. Innovative Unternehmen wie CraftStrom aus Houston bieten seit einigen Jahren Plug-in-Solarkits an, die sich durch eine intelligente Messung des Stromflusses auszeichnen und daher ohne speziellen Netzzugang auskommen. Diese Lösungen müssen zwar von einem Elektriker installiert werden, erfreuen sich aber wachsender Nachfrage und könnten Vorreiter für eine breitere Marktdurchdringung sein. Parallel arbeiten andere Start-ups an der Entwicklung von Standards und neuen Produkten, wie zum Beispiel GismoPower mit seinem mobilen Solar-Carport, das 240-Volt-Steckdosen nutzt, um typische Risiken von Mehrfachbelegungen an Standard-120-Volt-Steckern zu umgehen.
Gleichzeitig führen sie jedoch intensive Verhandlungen mit Versorgungsunternehmen und Aufsichtsbehörden, was den Prozess verlangsamt und verteuert. Der Wunsch nach Balkonsolar in den USA wächst dennoch stetig. Die Kombination aus steigendem Energieverbrauch, wachsendem Umweltbewusstsein und volatilen Preisen für fossile Energieträger motiviert immer mehr Verbraucher, unabhängige und nachhaltige Energiequellen zu nutzen. Experten sind sich einig, dass der fehlende Rechtsrahmen und technische Normen im Laufe der Zeit entwickelt und angepasst werden müssen, um dem Markt den nötigen Raum zu geben. Die Geschichte in Deutschland zeigt, dass mit Durchhaltungsvermögen, politischem Willen und klarem Fokus auf Sicherheit und Nutzerfreundlichkeit innovative Technologien erfolgreich eingeführt werden können.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Balkon-Solaranlagen in Deutschland ein Erfolgsmodell sind, das sich durch klare Standards, gesellschaftlichen Rückhalt und politische Unterstützung auszeichnet. Die USA stehen zwar vor größeren regulatorischen und technischen Herausforderungen, haben jedoch erste Initiativen gestartet, die Hoffnung auf eine baldige Annahme der Technologie wecken. Damit Balkonsolar auch in den Vereinigten Staaten durchstarten kann, sind weitere Entwicklungen bei Sicherheitsstandards, nationalen Zertifizierungen und Anpassungen der Elektrokodizes notwendig. Wenn diese Hürden genommen werden, eröffnet sich eine nachhaltige Möglichkeit, die eigene Energieversorgung zu ergänzen und die Abhängigkeit von konventionellen Energien zu verringern. Die Zukunft der Balkon-Solaranlagen hängt somit maßgeblich von der Anpassung regulatorischer Rahmenbedingungen und der Entwicklung sicherer, zertifizierter Produkte ab.
Das große Potenzial zur Demokratisierung der Energiewende und die Entlastung der Stromnetze sprechen für eine rasche Umsetzung in den USA, ähnlich wie es in Deutschland bereits erfolgreich gelungen ist.