Die Wissenschaft in den Vereinigten Staaten steht unter Trump 2.0 vor einer beispiellosen Bewährungsprobe. Während die USA seit Jahrzehnten als Weltspitze in Forschung und Innovation gelten und wesentliche Fortschritte mit globaler Strahlkraft hervorbringen, drohen massive Verschiebungen durch die politischen Maßnahmen der zweiten Amtszeit von Präsident Donald Trump. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen reichen weit über die Landesgrenzen hinaus und könnten langfristige Konsequenzen sowohl für die wissenschaftliche Gemeinschaft als auch für den technologischen Fortschritt haben. Die zweite Amtszeit von Trump begann mit radikalen Einschnitten in den staatlichen Wissenschaftssektor.
Innerhalb der ersten drei Monate wurden tausende Beschäftigte in wissenschaftlichen Bundesbehörden entlassen und viele Forschungsprojekte gestoppt. Über 1.000 Förderungen, die zuvor an Universitäten und Forschungseinrichtungen vergeben wurden, wurden gekündigt. Dabei handelte es sich vor allem um Fördermittel für besonders zukunftsträchtige und gesellschaftlich relevante Themen wie Klimawandelforschung, Krebsbekämpfung, Alzheimer-Forschung und HIV-Prävention. Diese Entwicklung bringt nicht nur einen vorübergehenden Stillstand mit sich, sondern gefährdet auch die langjährige partnerschaftliche Verbindung zwischen Staat und Wissenschaft sowie den internationalen Ruf der USA als Innovationsmotor.
Die vorgesehenen Budgetkürzungen für das Jahr 2026 sind erschreckend: Eingefrorene Mittel und deutliche Reduzierungen bei Schlüsselinstitutionen wie der NASA, dem National Institutes of Health (NIH) und dem National Science Foundation (NSF) sollen nach Plan des Weißen Hauses in einem Maß umgesetzt werden, das die Forschungstätigkeiten schwer beeinträchtigen wird. Beispielsweise könnte das Budget der NASA auf nahezu die Hälfte heruntergefahren werden, während NIH-Kürzungen von bis zu 40 Prozent vorgesehen sind. Diese Kürzungen bilden den Kern einer Strategie, die im Schatten des sogenannten Project 2025 steht, einer politisch konservativen Blaupause für Trumps zweite Präsidentschaft, die eine fundamentale Reduzierung und Umgestaltung der staatlichen Verwaltungen vorsieht. Diese Initiative verfolgt unter anderem das Ziel, den sogenannten „administrativen Staat“ zu „demontieren“, was konkret bedeutet, dass tausende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bei BIAs wie NIH, NSF und der Umweltbehörde EPA ihre Stellen verlieren. Gleichzeitig wird eine neue Rhetorik etabliert, die Bundesbeamte häufig als Verschwendungstreiber oder politisch indoktrinierte Akteure diffamiert.
Dies wirkt sich nicht nur auf die Arbeit der Behörden aus, sondern auch auf das Vertrauen von Forschenden und Institutionen in die Stabilität der Förderung und Unterstützung durch den Staat. Die Folge der Kürzungen und Umstrukturierungen ist nicht nur personeller Abbau. Sie birgt die Gefahr eines sogenannten „Brain Loss“, also eines Abflusses hochqualifizierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ins Ausland oder in den privaten Sektor, wo zwar andere Ressourcen zur Verfügung stehen, aber häufig nicht das nötige Umfeld für grundlagenorientierte und risikoreiche Forschung. Die restriktive Einwanderungspolitik und restriktive Regelungen für internationale Studierende und Forschende verstärken diesen Trend zusätzlich. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen sich gezwungen, ihre Karrierepläne außerhalb der USA zu realisieren.
Zudem führt die Kürzung der staatlichen Mittel auch zu einem Rückgang der Forschungsaktivitäten an den Universitäten. Die amerikanischen Universitäten investieren traditionell massiv in Forschung und Entwicklung, wobei ein erheblicher Teil der Finanzierung von Bundesmitteln abhängt. Im Jahr 2023 betrug die Gesamtinvestition der US-Hochschulen in Forschung rund 109 Milliarden US-Dollar, davon fast die Hälfte aus Bundesmitteln. Die politisch motivierten Förderstopps gegen renommierte Elitinstitutionen wie Harvard, Columbia und Princeton setzen diese Partnerschaft unter enormen Druck. Die US-Wissenschaftsgemeinschaft reagiert alarmiert.
Über 1.900 führende Forscherinnen und Forscher der US National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine richteten im März einen dringenden Appell an die Öffentlichkeit und die Politik, um auf den drastischen Verfall der wissenschaftlichen Infrastruktur und die mörderischen Auswirkungen der gegenwärtigen Politik aufmerksam zu machen. Die Sorge, dass die USA ihre führende Rolle als Wissenschaftsnation verlieren könnten, ist groß. Eine Umfrage unter Nature-Lesern aus dem April 2025 ergab, dass 94 Prozent der Teilnehmenden die wissenschaftspolitischen Maßnahmen der Trump-Regierung als negativ für das Land und die ganze Welt einschätzen. Die Konsequenzen der umfangreichen Streichungen betreffen wichtige Zukunftsbereiche der Wissenschaft und Forschung.
Die NIH beispielsweise fördert jährlich über 60.000 Projekte und war maßgeblich an der Entwicklung von mehr als 99 Prozent der zwischen 2010 und 2019 zugelassenen Arzneimittel beteiligt. Ein dramatischer Rückgang der Fördermittel bedeutet nicht nur einen Rückschlag für aktuelle Projekte, sondern auch eine Verringerung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit über Jahre hinweg. Zugleich verändern sich die Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Arbeit grundlegend. Mancherorts werden Staatliche Einrichtungen wie der National Weather Service (NWS) personell so stark von Kürzungen getroffen, dass deren Funktionen eingeschränkt oder nicht mehr erfüllt werden können.
Dies birgt die Gefahr einer schleichenden Privatisierung von bislang öffentlichen Dienstleistungen. Experten warnen, dass essenzielle Aufgaben, von Wettervorhersagen bis hin zur Gesundheitsforschung, nicht dauerhaft und in der nötigen Qualität durch private Anbieter übernommen werden können. Ein weiteres Problem liegt in der Finanzierung der Grundlagenforschung, die teuer und risikoreich ist und deren Erträge erst nach Jahren oder Jahrzehnten messbar werden. Private Unternehmen investieren meist nur in die späteren Phasen der Entwicklung, wenn eine kommerzielle Anwendung bereits absehbar ist. Der Staat übernimmt die Finanzierung von Grundlagenprojekten, die das Fundament für künftige Innovationen legen.
Wenn dieser Investitionskanal versiegt, droht eine Innovationslücke, von der zukünftige Generationen noch lange betroffen sein werden. Eine nachhaltige Schwächung der Wissenschaft in den USA hätte nicht nur nationale Auswirkungen, sondern gefährdet die globale wissenschaftliche Zusammenarbeit. Als weltweite Wissenschafts- und Innovationsführerin haben die USA bislang maßgeblich zur Entwicklung neuer Technologien, von der Internettechnologie bis zur medizinischen Diagnostik, beigetragen. Sollte das Land diese Stellung verlieren, so ginge dies zu Lasten der gesamten Weltgemeinschaft. Gleichzeitig entstehen aber auch Widerstände und Proteste gegen die politischen Maßnahmen.
So hat beispielsweise die Harvard University angekündigt, sich weigern zu wollen, den politischen Auflagen der Trump-Regierung Folge zu leisten, woraufhin die Regierung mit einer Einfrierung von über zwei Milliarden Dollar an Fördergeldern reagierte. Dies könnte den Beginn stärkerer juristischer Auseinandersetzungen und Protestbewegungen im Wissenschaftssektor markieren. In der politischen Arena kommt es zunehmend zu Spannungen. Während es in Trumps erster Amtszeit einen gewissen parteiübergreifenden Widerstand gegen drastische Kürzungen in der Wissenschaftsförderung gab, unterstützt die derzeitige republikanische Mehrheit im Kongress die ambitionierten Kürzungspläne weitgehend. Die Zukunft der US-Wissenschaft scheint somit auch von der politischen Dynamik und dem Wählerwillen in den kommenden Jahren abzuhängen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die US-Wissenschaft durch die Politik von Trump 2.0 unter enormen Druck gerät. Die geplanten und bereits umgesetzten Einschnitte treffen nicht nur die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst, sondern bedrohen ein Jahrzehnte altes System der Forschungsförderung und -kooperation, das mit hohen Investitionen und internationaler Anerkennung als Grundlage von Innovation und gesellschaftlichem Fortschritt dient. Die Herausforderung besteht nun darin, Wege zu finden, um diese Entwicklungen zu stoppen oder abzuschwächen, ohne die wissenschaftliche Exzellenz und die Innovationskraft dauerhaft zu gefährden. Dies erfordert sowohl politischen Willen und öffentliche Unterstützung als auch neue Modelle der Finanzierung, die Stabilität und Unabhängigkeit der Forschung gewährleisten können.
Nur so kann die USA ihre Rolle als Wissenschaftsnation bewahren und auch in Zukunft wissenschaftlichen Fortschritt ermöglichen, der der gesamten Menschheit zugutekommt.