Kleine modulare Reaktoren (SMRs) werden in vielen Medien und sozialen Netzwerken als zukunftsweisende Technologie präsentiert, die den Übergang zu einer klimafreundlichen und zuverlässigen Energieversorgung maßgeblich erleichtern soll. Insbesondere eine Gruppe von Befürwortern, die oft als „Nuclear Bros“ bezeichnet wird, propagiert SMRs als nahezu perfekte Lösung für die drängenden Probleme des Klimawandels. Doch abseits dieses enthusiastischen Narrativs gibt es viele Aspekte, die deutlich weniger optimistisch sind und die in der öffentlichen Debatte meist wenig Beachtung finden. Eine sachliche Analyse zeigt, dass SMRs nicht zwangsläufig die erhofften Vorteile bringen und oft mit erheblichen Herausforderungen verbunden sind, die bisher zu wenig diskutiert werden. Die Erwartungen an geringe Kosten, erhöhte Sicherheit und Umweltfreundlichkeit sind mit großer Vorsicht zu genießen.
Schon beim wirtschaftlichen Blick auf SMRs zeigt sich, dass kleine Reaktoren im Regelfall nicht günstiger sind als herkömmliche Großkraftwerke. Trotz der Annahme, dass kleinere Anlagen schneller und günstiger gebaut werden könnten, sorgen die fehlenden Skaleneffekte für einen höheren Kapitalaufwand pro erzeugter Kilowattstunde. Ein prominentes Beispiel dafür ist das eingestellte NuScale-Projekt in den USA, dessen geschätzte Kosten pro Kilowatt weit über denen von Großreaktoren liegen. Die versprochene Kosteneinsparung durch Serienfertigung und Massenproduktion von Einheiten ist dabei oft überschätzt, denn tatsächliche Einsparungen dürften begrenzt sein und sich erst nach einer Vielzahl von produzieren Anlagen einstellen. Damit die ersten SMRs überhaupt gebaut werden können, sind teils erhebliche staatliche Subventionen oder Fördergelder notwendig, was die Wirtschaftlichkeit zusätzlich belastet.
Darüber hinaus geht das Kostenargument hand in hand mit der Betriebssicherheit. Das gängige Mantra, wonach kleinere Reaktoren automatisch sicherer seien, basiert auf der Idee, dass kleinere Mengen an radioaktivem Material und geringere Wärmeproduktion das Risiko von Unfällen senken. Diese Annahme erweist sich allerdings als zweifelhaft. Zwar können passive Sicherheitssysteme in der Theorie das Kühlungsmanagement im Notfall erleichtern, doch die Praxis zeigt, dass diese Technologien auch Schwachstellen haben. So kann beispielsweise bei bestimmten Designs die Kühlflüssigkeit, die den Reaktor nach einem Störfall steuern soll, schneller aufgebraucht werden, was die Lage verschlimmern würde.
Weiterhin lockern viele Regulierungsbehörden die Sicherheitsvorgaben für SMRs, indem sie etwa Anforderungen an Containment-Strukturen oder Sicherheitsabstände reduzieren. Das öffnet ein potenzielles Sicherheitsrisiko, gerade im Hinblick auf die erhöhte Gefahr von Sabotagehandlungen oder Terrorangriffen. Die Nähe von SMRs zu bewohnten Gebieten birgt ebenfalls Risiken, wenn keine adäquaten Notfallpläne bestehen. Ein weiterer blinder Fleck im Diskurs rund um SMRs liegt im ungelösten Problem der radioaktiven Abfälle. Trotz verbreiteter Behauptungen, dass SMRs weniger oder gar recycelbare Abfälle produzieren, ist die Realität komplexer.
Pro erzeugter Energieeinheit fallen auch bei kleineren Reaktoren vergleichbare Mengen an langlebigen radioaktiven Reststoffen an wie bei großen Anlagen. Die angebliche Reduzierung bezieht sich meist auf das Volumen oder die Masse, was jedoch wenig über die Langzeitsicherheit und die Herausforderungen der Entsorgung aussagt. Die Infrastruktur zur sicheren Lagerung und Entsorgung von radioaktivem Müll fehlt nahezu flächendeckend, sodass Betreiber von SMRs – etwa Unternehmen mit datenintensiven Rechenzentren – auf absehbare Zeit gezwungen sein werden, gefährliche Abfälle vor Ort zu lagern. Dies bedeutet eine langfristige Verantwortung und auch ein potenzielles Risiko für Anwohner und Umwelt, das oft übersehen wird. In der Praxis ist es zudem fraglich, ob SMRs wirklich zuverlässig und autonom in abgelegenen oder netzfernen Gebieten arbeiten können.
Viele der propagierten Anwendungen wie die Versorgung von Rechenzentren, Wasserstoffherstellung oder petrochemische Anlagen abseits großer Stromnetze setzen eine stabile, dauerhafte Leistung voraus. SMRs benötigen jedoch ähnlich wie Großreaktoren kontinuierlichen Zugang zum Stromnetz, um Sicherheitsfunktionen wie Kühlsysteme zu betreiben. Fällt die Stromversorgung aus, müssen oft dieselbetriebene Notstromaggregate einspringen, was wiederum Umweltrisiken und Kosten nach sich zieht. Zudem sind die meisten SMR-Designs noch in der Entwicklungsphase – Erfahrungswerte aus dem Betrieb fehlen weitgehend. Das Risiko anfänglicher Pannen, längerer Ausfallzeiten oder höherer Wartungskosten ist daher hoch, was insbesondere für Unternehmen mit hohen Anforderungen an Verfügbarkeit eine kritische Hürde darstellt.
Ein letztes zentrales Thema betrifft die Brennstoffeffizienz. Einige Hersteller und Befürworter suggerieren, dass SMRs durch die Verwendung spezieller Brennstoffe wie hochangereichertes Uran sparsamer mit Ressourcen umgehen. Die Wahrheit ist, dass dieser sogenannte High-Assay Low-Enriched Uranium (HALEU) zwar den Brennstoffbedarf einzelner SMRs reduziert, jedoch insgesamt oft einen größeren natürlichen Uranbedarf verursacht, da die Anreicherung aufwendig und ressourcenintensiv ist. Daraus resultieren sowohl höhere Umweltbelastungen durch den Uranabbau als auch eine verschlechterte klimatische Bilanz des Brennstoffzyklus. Fortschritte in der Effizienz sind zwar möglich, setzen aber langwierige Forschung und Entwicklung voraus, die nicht kurzfristig zu erwarten sind.