Schwarze Löcher gehören zu den faszinierendsten und zugleich rätselhaftesten Objekten in unserem Universum. Seit über einem Jahrhundert beschäftigen sich Wissenschaftler und Mathematiker mit der Frage, unter welchen konkreten Bedingungen ein Schwarzes Loch entsteht. Obwohl die Grundlagen der Theorie seit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie und Schwarzschilds bahnbrechender Arbeit von 1916 bekannt sind, blieb bisher die genaue mathematische Bestimmung der Voraussetzungen einer Schwarzen Loch-Formation unvollständig und mit Unklarheiten behaftet. Der Begriff des Schwarzen Lochs beschreibt eine Region im Raum, in der die Anziehungskraft derart gewaltig ist, dass nichts, nicht einmal Licht, entkommen kann. Zentral darin liegt eine Singularität, ein Punkt unendlich hoher Dichte, an dem die bekannten physikalischen Gesetze ihre Gültigkeit verlieren.
Die Schwarzschild-Lösung stellte die ersten theoretischen Grundlagen dar, indem sie die sogenannte Schwarzschild-Radius-Formel einführte, die angibt, wie kompakt eine Masse sein muss, um ein solches Objekt zu bilden. In den Jahrzehnten nach dieser Entdeckung ist viel theoretische Arbeit in das Verständnis der Eigenschaften Schwarzer Löcher geflossen. Dennoch konnte bislang keine vollständig allgemeingültige Antwort auf die Frage gegeben werden, wann genau eine Ansammlung von Materie sozusagen unweigerlich zu einem Schwarzen Loch kollabiert. Diese Problematik ist nicht nur von theoretischem Interesse, sondern hat Auswirkungen auf die Astrophysik und unser Verständnis von Sternentwicklung, Supernovae und kosmischen Strukturen. Kürzlich gelang jedoch Mathematikern ein bedeutender Schritt, der neue Perspektiven eröffnet.
Forscher wie Marcus Khuri von der Stony Brook University und seine Kollegen Sven Hirsch, Demetre Kazaras und Yiyue Zhang veröffentlichten eine Studie, die methodisch neue Wege beschreitet, Schwarze Löcher auf der Grundlage der Konzentration von Materie ausschließlich über geometrische Größen zu identifizieren. Die Studie fußt auf grundlegenden Konzepten wie der sogenannten „geschlossenen gefangenen Fläche“. Diese beschreibt Bereiche im Raum, in denen Lichtstrahlen aufgrund extremer Krümmung des Raums nicht entkommen können, sondern „eingefangen“ werden. Die Existenz einer solchen Fläche impliziert einen Singularitätskern im Inneren, also die Entstehung eines Schwarzen Lochs. Der Physiker Roger Penrose legte bereits 1964 mit seinen berühmten Singularitätentheoremen die theoretische Basis, indem er den Zusammenhang zwischen diesen gefangenen Flächen und Singularitäten verhinderte.
Bis heute war allerdings unklar, welche konkreten Bedingungen zur Ausprägung dieser gefangenen Flächen führen. Mit der sogenannten Reifung der geometrischen und topologischen Werkzeuge konnten sich Wissenschaftler wie Kip Thorne der Problematik annähern. Thorne stellte 1972 die sogenannte Hula-Hoop- oder „Hoop“-Vermutung auf, die besagt, dass eine Masse innerhalb eines bestimmten kritischen „Reifens“ eingezwängt werden muss, damit ein Schwarzes Loch entstehen kann. Diese metaphorische Formel – ein Körper muss durch einen Radius passen, der für jede Ausrichtung gleich eng angesetzt ist – stellt einen intuitiven, aber vagen Hinweis dar. Die Herausforderung besteht darin, diesen Gedanken mathematisch präzise zu formulieren und zu beweisen.
Richard Schoen und Shing-Tung Yau machten 1983 mit ihrem wegweisenden „Black Hole Existence Theorem“ einen entscheidenden Fortschritt, indem sie eine klare Menge an Materiekonzentration und Volumenmaßen angaben, die eine gefangene Fläche garantieren. Dabei nutzten sie die Torus-Geometrie, also die Vorstellung eines „dicksten möglichen Donut“, der in eine Region passt. Obwohl die Methode äußerst innovativ war, galt sie vielen als wenig intuitiv und schwer handhabbar, da sie eine recht komplexe Form voraussetzt. An dieser Stelle setzt die Arbeit von Khuri und seinem Team an, indem sie gegenüber dem Torus eine alternative geometrische Figur ins Spiel bringen: den Würfel, dessen Seitenbahn deformiert werden kann. Dieses Konzept ist eine gedankliche Weiterentwicklung der Idee von Thorne, bei der statt Kreisformen quadratische bzw.
kubische Maße berücksichtigt werden. Die neue Methode beruht auf der sogenannten „Würfelungleichung“ des Mathematikers Mikhail Gromov, die einen Zusammenhang zwischen der Ausdehnung eines Würfels und der Krümmung des Raums beschreibt. Konkret zeigt die aktuelle Studie, dass bei Vorhandensein eines deformierbaren Würfels in einer Region, in der die Materiedichte im Verhältnis zur Größe des Würfels außerordentlich hoch ist, eine geschlossene gefangene Fläche entsteht. Diese Erkenntnis macht die Prüfung der Bedingungen für die Schwarze-Loch-Bildung erheblich zugänglicher, da nur Abstände zwischen gegenüberliegenden Seiten des Würfels gemessen werden müssen – ein wesentlich einfacheres Verfahren als die Analyse von komplexen Torus-Topologien. Ein weiterer spannender Aspekt der neuen Forschung liegt in der Ausdehnung auf Schwarze Löcher in höheren Dimensionen, jenseits unseres üblichen dreidimensionalen Raums.
Während klassische Physik gewöhnlich drei Raum- und eine Zeitdimension annimmt, spielen in der modernen theoretischen Physik, etwa in der Stringtheorie, zusätzliche räumliche Dimensionen eine Rolle. Khuri und seine Kollegen gelangten bis zu sieben Raumdimensionen, bevor mathematische Singularitäten im Beweisprozess auftauchten — eine Herausforderung, die als typisches Problem geometrischer Theorien bekannt ist. Die Möglichkeit, mathematisch fundiert Aussagen über Schwarze Löcher in höheren Dimensionen zu treffen, ist so bedeutend, dass sie künftige Forschungsansätze in der Quantengravitation und Kosmologie beeinflussen könnte. Die Arbeit zeigt auch, dass weitere Schritte notwendig sind, um sogenannte „quasi-lokale Massen“, die sowohl Materie als auch gravitative Energie umfassen, in die Argumentation einzubeziehen. Das ist ein komplexes Unterfangen, weil es keine einheitliche Definition dieser Größen gibt.
Die Fragestellung, ob ein Objekt zur Ausbildung eines Schwarzen Lochs zwingend in alle drei Raumdimensionen komprimiert werden muss, oder ob bereits Kompression in zwei oder sogar nur einer Richtung ausreichen kann, bleibt ebenfalls offen. Die bisherigen Erkenntnisse stützen Thorne zufolge die Annahme, dass eine dreidimensionale Einengung notwendig ist, doch ein abschließender Beweis steht noch aus. Dieser mathematische Durchbruch ist nicht nur eine Neuformulierung eines alten Problems, sondern er grenzt das Gebiet ein, in dem eine Schwarze Loch Entstehung sicher vorhergesagt werden kann. Dadurch verbessert sich das theoretische Werkzeug, mit dem Physiker kosmische Ereignisse wie die Entstehung Schwarzer Löcher aus kollabierenden Sternen oder galaktischen Kernen vorhersagen können. Die Anwendung strenger geometrischer Methoden verdeutlicht, wie eng Physik und Mathematik im Verständnis des Universums verknüpft sind.