Dong Mingzhu gilt als eine der mächtigsten und einflussreichsten Unternehmerinnen Chinas. Ihr Erfolg als Vorsitzende von Gree Electric Appliances, einem der größten Hersteller von Haushaltsgeräten weltweit, hat ihr den Spitznamen „Chinas Queen der Wirtschaft“ eingetragen. Doch jüngst hat sie mit einer kontroversen Aussage für breite Diskussionen gesorgt: Sie lehnt es ab, Führungskräfte einzustellen, die im Ausland ausgebildet wurden. Dahinter stehen tiefgreifende Überlegungen zu Sicherheit und Loyalität, die im chinesischen Wirtschaftskontext immer wichtiger werden. Im April 2025 erklärte Dong Mingzhu auf einer Hauptversammlung von Gree, dass das Unternehmen keine sogenannten „Haigui Pai“ einstellen werde.
„Haigui“ bezeichnet Rückkehrer, also Chinesen, die im Ausland studiert oder gearbeitet haben und zurück in ihre Heimat kehren. Der Zusatz „Pai“ wird dabei in diesem Zusammenhang als Personen verstanden, die entweder selbst im Ausland ausgebildet wurden oder diese Gruppe beim Einstellungsprozess unterstützen. Dong formulierte ihre Sorge, dass es schwierig sei, zwischen loyalen Rückkehrern und möglichen Spionen zu unterscheiden. Deshalb ziehe sie es vor, ausschließlich auf Inlandsausbildung zu setzen. Diese Äußerung spiegelt eine weitverbreitete Debatte in China wider, die sich mit der Rolle ausländisch gebildeter Fachkräfte für Chinas Zukunft beschäftigt.
In einem Land, das sich zunehmend um technologische Unabhängigkeit und nationale Sicherheit bemüht, rücken Fragen rund um Loyalität, mögliche Überwachungen und Einflüsse von außen immer mehr in den Vordergrund. Der Begriff „Haigui“ ist zudem kulturell und gesellschaftlich komplex. Über Jahre hinweg wurden Rückkehrer aus dem Ausland als wichtige Brücke verstanden, die Innovation, Wissen und international erfahrenes Know-how nach China bringen können. Gerade in der Hightech-Branche und bei global agierenden Unternehmen galten diese Talente vielfach als unverzichtbar, um mit der internationalen Konkurrenz Schritt zu halten. Die Haltung von Dong Mingzhu stellt diesen Trend nun infrage.
Sie setzt stattdessen auf Führungskräfte, die innerhalb Chinas ausgebildet wurden und damit ihrer Meinung nach eine höhere Loyalität und weniger Sicherheitsrisiken bergen. Sie wies darauf hin, dass es angesichts der Herausforderungen der Cybersicherheit und geopolitischer Spannungen schwer sei, ganz klar zwischen Vertrauten und potenziellen Agenten ausländischer Mächte zu unterscheiden. Infolge dessen sei es verantwortungsvoll, ein konservatives Rekrutierungskonzept anzuwenden. Kritiker dieser Haltung argumentieren hingegen, dass eine solche Einstellung Innovation in China bremsen könnte. Denn ausländisch ausgebildete Fachkräfte bringen oft neue Perspektiven, unterschiedliche Lösungen und weltweite Netzwerke mit, die für moderne Unternehmen essenziell sind.
Gerade in einem Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung sehen viele den Schlüssel zum Erfolg in der Offenheit für internationales Wissen und Erfahrungsaustausch. Zudem wird die Frage nach der Sicherheit und Loyalität oft als politisch motiviert eingestuft. China steckt mitten in einem komplexen geopolitischen Ringen mit Ländern wie den USA und der EU, in dem wirtschaftliche Kooperation und Wettbewerb eng miteinander verflochten sind. In diesem Spannungsfeld gelten ausländische Verbindungen teilweise als potenzielle Gefahrenquelle, was Misstrauen gegenüber Rückkehrern und überseeisch ausgebildeten Fachkräften schürt. Dong Mingzhu ist bekannt für ihre durchsetzungsstarke und manchmal strenge Management-Philosophie.
Sie fordert von ihren Mitarbeitenden absolute Loyalität, Disziplin und Identifikation mit dem Unternehmen und dessen Zielen. Ihre ablehnende Haltung gegenüber „Haigui“ passt daher zu ihrem konservativen Stil, bei dem die Priorität auf Sicherheit und Stabilität liegt. Die Reaktionen auf Dong Mingzhus Äußerungen sind gespalten. Während manche Unternehmerinnen und Unternehmer in China ihre Bedenken gegen zu viele ausländische Einflussnahmen teilen, warnen andere vor den langfristigen Folgen dieses eingeschränkten Blicks. Die Debatte zeigt auf, wie stark sich die chinesische Gesellschaft und Wirtschaft in einer Phase der Neuorientierung befinden, die geprägt ist von wachsendem Nationalismus, politischen Unsicherheiten und einem rasanteren technologischen Fortschritt.
Für internationalen Arbeitskräftefluss und Chinas wirtschaftliche Öffnung kann eine solche Haltung bedeutende Konsequenzen haben. Viele chinesischstämmige Talente im Ausland überlegen sich inzwischen genauer, ob eine Rückkehr in ihr Heimatland für sie persönlich und beruflich sinnvoll bleibt. Einschränkungen und Vorbehalte gegenüber ihrer internationalen Ausbildung können als Signal einer Abschottung wahrgenommen werden. Auf der anderen Seite zeigt der Fall Dong Mingzhu auch die Bemühungen Chinas, sich unabhängiger von externen Einflüssen zu machen und eine Art „digitaler Souveränität“ zu erreichen. Dazu gehört der Aufbau eigener Hightech-Kompetenzen, die Förderung heimischer Universitäten und eine stärkere Kontrolle im Bereich Cybersicherheit und Datensicherheit.