Die Welt der dezentralen Finanzen (DeFi) erlebt derzeit einen bedeutenden Rechtsstreit, der die Grundlagen des dezentralisierten Handels erschüttern könnte. Im Mai 2025 haben die Bprotocol Foundation und LocalCoin eine Klage gegen Uniswap Labs und die Uniswap Foundation eingereicht. Die Kläger werfen Uniswap vor, ihre patentierten Smart-Contract-Strukturen unlizenzierte zur Grundlage ihrer dezentralen Börsen genutzt zu haben. Im Kern geht es dabei um die Technologie des Constant Product Automated Market Maker (CPAMM), die ursprünglich von Bancor entwickelt wurde und essenziell für viele DEX-Protokolle ist. Dieser Streit hebt nicht nur die komplexen Herausforderungen im Umgang mit geistigem Eigentum in der Blockchain-Welt hervor, sondern zeigt auch, wie innovativ und gleichzeitig umkämpft die DeFi-Landschaft ist.
Die Ursprünge des Konflikts reichen bis ins Jahr 2016 zurück. Bancor entwickelte damals eine Smart-Contract-Struktur, die den Handel auf dezentralen Plattformen ohne zentrale Vermittler ermöglichte. Dies stellte eine revolutionäre Abkehr von herkömmlichen Orderbüchern und zentralisierten Market Makern dar. Am 8. Januar 2017 reichte Bancor daraufhin eine Patentanmeldung ein, die später zu zwei erteilten Patenten führte, welche die technologische Grundlage ihres Protokolls schützten.
Das Bancor-Protokoll, das auf diesem Konzept basiert, wurde am 12. Juni 2017 eingeführt und stellte den ersten echten automatisierten Market Maker auf einer dezentralen Börse dar. Dadurch gelang es, liquiditätsbasierte Arbitrage und Handel in einem vollkommen autonomen, algorithmischen Rahmen zu ermöglichen. Uniswap, ein heute weltweit führender Player im DeFi-Sektor, trat erst später auf die Bildfläche, entwickelte aber ebenfalls ein Protokoll basierend auf einem CPAMM-Modell. Bereits 2018 veröffentlichte Uniswap Labs die erste Version ihres Protokolls.
Bancor behauptet, diese Implementierung beruhe wesentlich auf ihrem patentierten Design, das Uniswap ohne entsprechende Lizenz genutzt habe. Seit diesem Zeitpunkt soll Uniswap die Technologie unbefugt verwendet und dadurch erhebliche Gewinne erzielt haben, ohne Rücksicht auf die geistigen Eigentumsrechte von Bancor und der Bprotocol Foundation. Die Klage, eingereicht beim United States District Court for the Southern District of New York, fordert Schadenersatz und eine Anerkennung der Verletzung. Bancor hebt hervor, dass die Beachtung von Patenten und geistigem Eigentum gerade in einer so innovativen und dynamischen Branche wie DeFi essenziell ist. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass Innovationen nicht entsprechend geschützt werden und sich Unternehmen an den Grundlagen anderer bedienen, ohne Investitionen in Forschung und Entwicklung zu tätigen.
Diese Situation könnte das gesamte Ökosystem schädigen und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung der Technologie einschränken. Mark Richardson, Projektleiter bei Bancor, unterstrich in seiner Stellungnahme die Bedeutung der patentierten Technologie. Diese sei eine der herausragendsten Innovationen im Bereich Blockchain gewesen und habe durch die Schaffung von dezentralen Börsen die Handhabung von Kryptowährungen grundlegend verändert. Für Bancor sei es daher selbstverständlich, geistiges Eigentum zu schützen und gegen unbefugte Nutzung vorzugehen. Der Schritt, gegen Uniswap zu klagen, erfolge im Interesse der gesamten DeFi-Community und zur Sicherung eines fairen Wettbewerbs.
Die rechtliche Auseinandersetzung wirft aber auch ein Licht auf eine der jüngsten Herausforderungen im Blockchain-Umfeld: die Frage, wie man mit Patenten und Schutzrechten in einem grundsätzlich offenen, kollaborativen System umgeht. Dezentralisierte Finanzprotokolle basieren oft auf Open-Source-Technologien und gemeinschaftlicher Entwicklung. Dies steht teilweise im Spannungsfeld mit der klassischen Patentlandschaft, die exklusive Rechte und Lizenzen vorsieht. Während Patente Innovation schützen sollen, können sie auch zur Blockade und Einschränkung zukünftiger Entwicklungen führen, wenn sie zu restriktiv oder zu breit gefasst sind. Bancor und die Bprotocol Foundation sind sich dieser Problematik bewusst und verfolgen einen Ansatz, der neben dem Schutz ihrer Innovationen auch die Förderung des Ökosystems im Blick hat.
Die juristische Maßnahme soll dabei nicht die DeFi-Entwicklung bremsen, sondern sicherstellen, dass Innovationen wirtschaftlich gewürdigt und nachhaltig gefördert werden. Die Zukunft der Branche wird also stark davon abhängen, wie solche Konflikte gelöst und wie Patente im Kontext von Blockchain-Technologien interpretiert werden. Uniswap selbst hat sich bislang nicht offiziell zu der Klage geäußert, doch der Ausgang des Verfahrens wird mit Spannung erwartet. Sollte das Gericht zugunsten von Bancor entscheiden, könnten sich daraus weitreichende Auswirkungen auf viele andere Projekte ergeben, die ähnliche Technologien einsetzen. Das könnte zu neuen Lizenzvereinbarungen führen, aber auch zu einem Umdenken bei der Entwicklung künftiger Protokolle und der Art und Weise, wie DeFi-Projekte ihre Innovationsarbeit schützen.
Die DeFi-Branche steht also an einem Scheideweg zwischen offenem Innovationsgeist und dem Bedürfnis nach Schutz geistigen Eigentums. Dieser Konflikt zeigt exemplarisch Herausforderungen, denen sich viele technologische Disruptionen gegenübersehen. Die Balance zwischen freiem Zugang zu Technologie und der Sicherung von Entwicklungserfolgen wird entscheidend sein, um nachhaltiges Wachstum und eine gesunde Wettbewerbslandschaft zu gewährleisten. Bancor selbst ist seit seiner Gründung ein Pionier der DeFi-Innovation und hat mit der Einführung von Bonding Curves, Pool-Token und automatisierten Market Makern Maßstäbe gesetzt. Mit der Bprotocol Foundation verfügt das Projekt über eine gemeinnützige Organisation, die sich um die Weiterentwicklung und den Schutz des Bancor-Protokolls kümmert.
Als ursprünglicher Entwickler des Protokolls steht LocalCoin ergänzt dazu als erfahrene Blockchain-Entwicklungsfirma im Hintergrund. Insgesamt offenbart dieser Patentstreit nicht nur die wirtschaftlichen Interessen hinter den Kulissen vieler DeFi-Projekte, sondern auch die zunehmende Professionalisierung und Reifung des Sektors. Während in den Anfangsjahren noch Experimentierfreude und Aufbruchstimmung dominierten, werden heute rechtliche und regulatorische Fragen immer wichtiger. Diese Entwicklung ist ein natürlicher Schritt in Richtung eines stabileren, vertrauenswürdigeren Marktes, in dem technologische Innovation und geistiges Eigentum gleichermaßen Beachtung finden. Die kommenden Monate und das Ergebnis des Verfahrens werden zeigen, wie sich der Konflikt zwischen Bancor und Uniswap konkret auswirkt.
Es bleibt spannend, ob es zu einer Einigung, Lizenzvereinbarungen oder gar einem Gerichtsurteil kommt. Sicherheit ist jedoch gegeben: Die DeFi-Community und die gesamte Blockchain-Branche verfolgen diesen Fall mit großem Interesse, denn er hat das Potenzial, die Zukunft dezentraler Börsen und den Umgang mit geistigem Eigentum nachhaltig zu prägen.