Die Suche nach Wasser im Universum ist von zentraler Bedeutung, vor allem, weil Wasser eine Grundvoraussetzung für Leben ist, wie wir es kennen. Nun haben internationale Wissenschaftler, unter anderem aus den USA und Spanien, zum ersten Mal kristallines Wasser in einem jungen Sternsystem jenseits unseres Sonnensystems nachgewiesen. Das Sternsystem, das als HD 181327 katalogisiert ist, befindet sich rund 155 Lichtjahre von der Erde entfernt und besitzt einen Staub- und Trümmergürtel, der dem Kuiper-Gürtel unseres Sonnensystems ähnelt. Die Entdeckung ist von großer Bedeutung, da sie zeigt, dass die Prozesse, die zur Entstehung von Wasser und möglicherweise von Leben auf der Erde führten, auch an anderen Orten im Universum stattfinden können. Die Untersuchung wurde mit Hilfe des James-Webb-Weltraumteleskops durchgeführt, dessen fortschrittliche Infrarotinstrumente es ermöglichen, die chemische Zusammensetzung von Gas- und Staubscheiben um ferne Sterne äußerst präzise zu analysieren.
Dabei konnte zum ersten Mal eindeutig kristallines Wasser identifiziert werden, das sich in Form von Eis im sogenannten Trümmerdisk befindet – ein Bereich, der durch Kollisionen von Asteroiden, Kometen und anderen Himmelskörpern ständig erneuert wird. Kristallines Eis unterscheidet sich von amorphem Eis durch seine hexagonale, geordnete Struktur, die unter relativ stabilen Bedingungen entsteht und beispielsweise auch das in irdischen Gletschern gefundene Eis charakterisiert. Diese Art von Eis wurde bislang außerhalb unseres Sonnensystems in dieser Deutlichkeit nicht bestätigt. Die Entdeckung ist auch deshalb bahnbrechend, da sie frühere Messungen aus dem Jahr 2012 ergänzt und bestätigt, bei denen das Hubble-Weltraumteleskop lediglich auf Wasser in HD 181327 hingewiesen hatte, aber keine endgültigen Belege liefern konnte. Das junge Sternsystem HD 181327 ist etwa 23 Millionen Jahre alt – gemessen an der Entstehung unseres eigenen Sonnensystems mit rund 4,6 Milliarden Jahren also noch sehr jung.
Sein Trümmerdisk ist enorme dreimal so groß wie der Kuiper-Gürtel und erstreckt sich über etwa 18 Milliarden Kilometer. Astronominnen und Astronomen vermuten, dass sich in diesem Trümmerfeld durch fortlaufende Kollisionen und Aggregationen größere Körper bilden, aus denen sich schließlich Planeten entwickeln können. Diese Erkenntnisse werfen ein neues Licht darauf, wie Planetensysteme überhaupt entstehen und wie lebenswichtige Stoffe wie Wasser über kosmische Distanzen und Zeiträume hinweg verteilt werden. Ein wichtiger Aspekt der Untersuchung ist die Beobachtung der sogenannten Schneegrenze. Sie markiert die Distanz zum Stern, ab der Wasser gefroren und als Eis vorliegt.
Innerhalb dieser Grenze ist es aufgrund der intensiven Wärme des Sterns zu heiß für Eis, während außerhalb ein hoher Anteil von gefrorenem Wasser vorhanden ist. Bei HD 181327 macht Wasser-Eis bis zu 20 Prozent der Gesamtmasse des Trümmerdisks aus. Diese Grenze ist für die Entwicklung von planetarem Wasser von großer Bedeutung, denn im frühen Sonnensystem spielten Körper, die jenseits der Schneegrenze entstanden sind, eine Schlüsselrolle, indem sie durch Kollisionen Wasser auf die inneren Planeten transportierten – so entstand vermutlich auch das irdische Wasser. Die Wissenschaftlerin Noemí Pinilla-Alonso, Mitautorin der Studie, erklärt, dass man in HD 181327 eine Art Spiegelbild der Vergangenheit unseres eigenen Systems erblickt. Die Prozesse im Trümmerdisk ähneln stark den Bedingungen, die in unserem Sonnensystem herrschten, noch bevor die vier großen Gasriesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun ihre heutigen Bahnen einnahmen und durch gravitative Wechselwirkungen eine Kaskade von Kollisionen auslösten.
Dieses katastrophale Ereignis brachte immense Mengen an Wasser in die inneren Bereiche unseres Sonnensystems, was als entscheidend für die Entstehung von Leben auf der Erde gilt. Neben Wasser konnten auch Kohlenmonoxid und womöglich Kohlendioxid sowie mineralische Bestandteile nachgewiesen werden, was das Bild eines jungen, aktiven Sternsystems vervollständigt, das in vielerlei Hinsicht mit unserem frühen Sonnensystem vergleichbar ist. Die Beobachtungen mit dem James-Webb-Teleskop erlauben es den Forschenden, Brücken zwischen den verschiedenen Entwicklungsphasen von Sternsystemen zu schlagen – von der protoplanetaren Staub- und Gasscheibe über die Entstehung von Trümmerscheiben bis hin zur endgültigen Planetenbildung. Damit wird ein ganzheitliches Verständnis der planetaren Entwicklung möglich. Zusätzlich zeigen die Ergebnisse, dass die weitverbreitete Auffassung, Wasser könne nur in amorpher Form existieren, hinterfragt werden muss, denn kristallines Wasser scheint in jungen Systemen und auch in unserem Kuiper-Gürtel häufiger vorzukommen als bisher angenommen.
Diese Erkenntnis wirft neue Fragen auf, etwa wie sich kristallines Eis bildet und erhält, obwohl kosmische Umgebungen den Zerfall von geordneten Eiskristallen begünstigen könnten. Die zukünftige Forschung wird versuchen, diese Prozesse besser zu verstehen. Fachleute wie Guillem Anglada vom Astrophysikalischen Institut Andalusiens betonen die Bedeutung der Entdeckung und zugleich die noch vorhandenen Unsicherheiten. Obwohl es wahrscheinlich ist, dass katastrophale Ereignisse, vergleichbar mit denen im frühen Sonnensystem, auch in HD 181327 auftreten werden, ist dies bislang nicht passiert. Erste Studien deuten allerdings darauf hin, dass bereits Planeten im Trümmergürtel vorhanden sein könnten oder sich in den kommenden 100 Millionen Jahren bilden werden.
Parallel dazu laufen Untersuchungen zu einem möglichen neunten Planeten in unserem eigenen System, der die Umlaufbahnen von weit entfernt liegenden eisigen Körpern beeinflussen könnte. Insgesamt markiert die Entdeckung von kristallinem Wasser in einem jungen Sternsystem einen Meilenstein für die Astronomie und Astrophysik. Sie unterstreicht, dass die Bedingungen für die Entstehung von Wasser und damit die Grundlage für Leben im Universum möglicherweise weit verbreitet sind. Die neuen Erkenntnisse unterstützen die These, dass Planetenbildung und Wasserverteilung universelle Prozesse sind, die in vielfältiger Form auftreten können. Das Verständnis dieser Mechanismen bringt uns unserem Ziel näher, die Entstehung des Lebens im Kosmos umfassender zu begreifen und vielleicht sogar Spuren außerirdischen Lebens zu entdecken.
Die Zukunft der Weltraumbeobachtung mit Instrumenten wie dem James-Webb-Teleskop verspricht weitere revolutionäre Erkenntnisse, die unser Wissen über das Universum und unsere eigene Herkunft stetig erweitern werden.