Der Januar 2024 markiert ein bedeutendes historisches Kapitel in der Geschichte der chinesischen Eisenbahnindustrie: Das endgültige Ende des Dampflokomotivbetriebs. Nach jahrzehntelangem Einsatz werden die letzten Dampflokomotiven in der Volksrepublik China außer Dienst gestellt. Insbesondere in der abgelegenen Region Xinjiang, am riesigen Tagebau von Sandaoling, wurde Dampfeisenbahn zuletzt noch routinemäßig für den innerbetrieblichen Transport eingesetzt. Mit dem Verlöschen der Feuer in den Feuerbüchsen dieser Loks geht eine Ära zu Ende, die China beim Thema Dampflokomotiven zu einem internationalen Faszinosum für Eisenbahnfreunde machte. Die Dampflok-Zeit in China war eine der letzten ihrer Art weltweit und erstreckte sich über drei Jahrzehnte, in denen das Land immer noch neue Dampflokomotiven herstellte und sie kontinuierlich im Einsatz hielt, während andere Länder schon lange auf Diesel und Elektrifizierung gesetzt hatten.
Die chinesische Dampflokgeschichte ist untrennbar verbunden mit einer großen Anzahl von Maschinen wie den bekannten QJ, SY und JS Dampflokomotiven. Beispielsweise wurde die QJ-Reihe mit der charakteristischen Achsformel 2-10-2 in einer beeindruckenden Anzahl von 4.717 Exemplaren von 1957 bis 1988 gebaut. Diese Maschinen fanden ihren Einsatz sowohl im Güter- als auch im Personenzugverkehr. Die lange Nutzungsdauer und die hohe Produktionsmenge machten sie zu Symbolen industrieller Stärke sowie einem beliebten Objekt unter Eisenbahnliebhabern weltweit.
Einige QJ-Loks gelangten sogar ins Ausland, darunter drei in die USA, wo sie teils für Museums- und Museumsfahrten verwendet wurden. Trotz ihrer Bedeutung sind die meisten dieser Loks inzwischen verschrottet oder in Museen ausgestellt. Die Dampflokstrecke „Jing Peng“ in der Inneren Mongolei erfährt in der jüngeren Vergangenheit besondere Beachtung. Hier verkehrten Dampflokomotiven bis 2005 auf der 587 Meilen langen Strecke zwischen Jitong und Tongliao. Erst mit der Umstellung auf Dieseltriebfahrzeuge wurde dort der Dampfbetrieb eingestellt.
Diese Strecke, die erst 1995 eröffnet wurde, nutzte zum Aufbau ihres Betriebs die große Verfügbarkeit von Dampflokomotiven in China, denn Vorhandensein und Produktionskapazitäten waren weiterhin vorhanden. Die Tatsache, dass hier Dampflokomotiven auf einer modernen, langen Hauptstrecke noch so lange zum Einsatz kamen, lockte internationale Eisenbahnfans an und machte China zum letzten Hort der Dampflokaktivitäten. Auch im industriellen Umfeld, speziell im Kohle- und Stahlwerkverkehr, blieben Dampflokomotiven noch lange Jahre präsent. SY- und JS-Modelle mit der Achsformel 2-8-2 dominierten hier. Die SY-Baureihe wurde von 1960 bis 1999 hergestellt, was bis heute eindrucksvoll für die lange Tradition der Dampferhaltung in China zeigt.
Oft wurden diese Dampfloks gegen gebrauchte Dieselloks ausgetauscht, vor allem weil China in den letzten Jahrzehnten massiv in Hochgeschwindigkeitszüge und elektrische Hauptstrecken investiert hat. Der Einsatz von Dieselgeführten ließ die Dampfloknutzung nach und nach zurückgehen, besonders in operativen Bereichen, in denen Effizienz und Kosten entscheidend sind. Das letzte verbliebene Dampflokrevier war der riesige offene Kohlentagebau von Sandaoling in der Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas. Hier wurden die Dampfloks rund um die Uhr eingesetzt und dienten primär dem Transport innerhalb des Bergwerks, etwa zum Verladen und dem Anschluss an das chinesische Eisenbahnnetz. Die extremen klimatischen Bedingungen, vor allem im Winter mit starken Temperaturschwankungen und tiefen Temperaturen, zeigten die Leistungsfähigkeit der Maschinen besonders eindrucksvoll.
Trotz Sicherheitsbeschränkungen nach regionalen Terrorvorfällen kamen hier noch bis kurz vor dem endgültigen Betriebsende Besucher und Eisenbahnfreunde aus aller Welt, um die Dampflokomotiven in Aktion zu erleben und zu fotografieren. Bis 2015 waren am Sandaoling-Bergwerk noch mehr als 20 JS-Klasse 2-8-2 Dampflokomotiven im regulären Einsatz. Insgesamt wurden von diesem Modell bis 1988 über 1900 Exemplare hergestellt. Einige JS-Lokomotiven wurden ebenfalls exportiert, beispielsweise eine nach Iowa in die USA, wo sie als einzige ihrer Art außerhalb Chinas gepflegt und betrieben wird. Anfang der 2020er Jahre reduzierte sich die Flotte im Bergwerk deutlich aufgrund von nachlassendem Abbau und fortschreitender Modernisierung.
Mittlerweile erfolgte der Ersatz durch leichte Diesellokomotiven vom Typ HXN5B, die aufgrund ihrer geringeren Achslast die empfindlichen Gleisanlagen schonen. Der Dampfbetrieb im Tagebau Sandaoling nahm nach einem zunächst geplanten Ende im Jahr 2021 noch eine Gnadenfrist bis Anfang 2024. Der Kohletagebau selbst neigte sich dem Ende zu und war wirtschaftlich kaum mehr vertretbar, weshalb die Umstellung auf Diesel als Alternative erfolgte. Die letzten verbliebenen Dampflokomotiven wurden nach und nach stillgelegt. JS8314 wurde im November 2023 durch einen Unfall mit einem LKW beschädigt und musste aus dem Betrieb genommen werden.
Kurz darauf folgte die Außerdienststellung von JS8366 und schließlich war zuletzt nur noch JS8089 im Einsatz. Diese Maschine erlebte ihr letztes Betriebsjahr mit besonderen Einsätzen, darunter sogar Kombinationen mit offenen Kohlecontainern, eine für Dampflokomotiven eher ungewöhnliche Fracht. Damit endet endgültig der Einsatz von Dampflokomotiven im Alltag Chinas, obwohl rein technisch betrachtet in einigen alten Bergwerken, beispielsweise im Ausland, noch vereinzelt Dampfbetrieb stattfindet, dieser aber meist musealer oder touristischer Natur ist und keinen regulären Einsatz mehr bedeutet. In Nordkorea existieren Berichte über noch vorhandene Dampflokomotiven, doch für Eisenbahnfans sind diese kaum zugänglich und von internationaler Bedeutung für den Dampflokbetrieb eher marginal. China hat mit dem Ende der Dampflokära einen Wandel vollzogen, der auch für das Bild der chinesischen Eisenbahn steht: Weg von traditionellen Technologien hin zu moderner, effizienter und nachhaltiger Mobilität.
Der Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes und die Elektrifizierung der Hauptstrecken sind sichtbare Zeichen des Fortschritts, der nun endgültig auch im Bereich des Bergbaus angekommen ist. Mit dem Abschied von der Dampflok wird eine wichtige kulturelle und industrielle Phase abgeschlossen, die dennoch tief im kollektiven Gedächtnis vieler Eisenbahnliebhaber und Historiker bleiben wird. Der Dampflokbetrieb in China war weltweit einzigartig in seiner Langlebigkeit und seiner industriellen Breite. Jahrzehntelang kombinierte das Land große Mengen selbst produzierter Lokomotiven mit den Herausforderungen eines riesigen Binnenmarkts und komplexer Infrastruktur. Die internationale Aufmerksamkeit, die der eiserne Dampfzug aus China genoss, spiegelte nicht nur technische und historische Bedeutung wider, sondern auch das Zusammenspiel von Tradition und Modernisierung in einem der dynamischsten Verkehrssysteme der Welt.
Zukunftsorientiert betrachtet setzt China nun verstärkt auf emissionsarme Technologien, darunter Elektrifizierung, Hybridantriebe und Wasserstoff. Diese werden in den kommenden Jahren den Transportsektor weiter verändern. Die Ära der Dampflok hat sich nun zwar formell geschlossen, doch sie bleibt ein lebendiger Teil der industriellen Geschichte Chinas und Symbol für das technische Erbe einer Zeit, die viele Länder längst hinter sich gelassen haben. Anhänger und Historiker haben bereits Initiativen gestartet, um Dampflokomotiven aus China in Museen und bei Sonderfahrten zu erhalten und so für die Zukunft zu bewahren. Abschließend lässt sich sagen, dass das Ende des Dampflokbetriebs in China mehr als nur ein technischer Schritt ist.
Es ist ein Symbol für den Übergang von einer alten in eine neue industrielle Welt. Die Dampflokomotive steht als Leitbild für Jahrzehnte harter Arbeit, mechanischer Ingenieurskunst und der Umwälzungen, die das Land in seiner Entwicklung geprägt haben. Nun beginnt für die chinesische Eisenbahn ein neues Kapitel – schnell, sauber, digital und weltweit vernetzt.