Institutionelle Akzeptanz

Die wichtigste Regel im Risikomanagement und ihre Bedeutung für dein Spieleunternehmen

Institutionelle Akzeptanz
The number one rule of risk, and why it matters to your games business (2013)

Ein tiefgehender Einblick in die Risiken der Spieleindustrie und wie das Verständnis von operativem und finanziellem Risiko den Erfolg deines Unternehmens beeinflussen kann.

Die Spieleindustrie hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant verändert. Noch vor nicht allzu langer Zeit dominierten große Publisher das Marktgeschehen, kontrollierten den Vertrieb und investierten enorme Summen in die Entwicklung und Vermarktung von Spielen. Diese Investitionen brachten jedoch nicht nur Chancen mit sich, sondern auch erhebliche Risiken, die das Überleben von Unternehmen stark beeinflussen können. Ein zentrales Prinzip, das dabei oft übersehen wird, lautet: Wenn du das operative Risiko verringerst, erhöhst du gleichzeitig das finanzielle Risiko. Dieses scheinbar einfache Gesetz hat weitreichende Konsequenzen und muss von allen Beteiligten in der Branche verstanden und berücksichtigt werden, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Früher hatten Spielepublisher eine relativ gute Kontrolle über den Verkauf ihrer Produkte, da die Distribution hauptsächlich über stationäre Händler wie Gamestop oder GAME lief. Wöchentlich wurden nur wenige Titel veröffentlicht, was den Fokus auf Qualität und Vermarktung erleichterte. Produktionskosten und Marketingausgaben waren enorm, teilweise in der Größenordnung von mehreren zehn Millionen Dollar pro Spiel. Zusätzlich mussten Lizenzgebühren für Plattformen wie Sony oder Microsoft gezahlt werden, die bei etwa sieben Dollar pro verkauftem Exemplar lagen. Die Kombination aus hohen Vorlaufkosten, langen Entwicklungszeiten und einem komplexen Vertriebsnetz führte dazu, dass Publisher zunächst viel Kapital investieren mussten, ohne sofort Einnahmen zu generieren.

Die Tatsache, dass Händler erst deutlich nach dem Verkaufszeitpunkt ihre Lieferanten bezahlten – zum Teil mit Verzögerungen von mehreren Monaten – verschärfte die finanzielle Situation zusätzlich. Diese langen Zahlungszyklen bedeuteten, dass Publisher über lange Zeiträume große Summen in Vorleistung setzen mussten, während das Risiko eines Flops enorm blieb. Die Folge war eine starke Konzentration der Branchenteilnehmer: Nur wenige große Firmen konnten sich diesen finanziellen Aufwand leisten. Mit der massiven Kapitalbindung entstand auch eine ausgeprägte Kultur des Risikomanagements, in der Projekte eng kontrolliert und Entscheidungen stark formell abgesichert wurden. Nur Projekte, die vielversprechend erschienen und eine breite Unterstützung hatten, erhielten grünes Licht.

Auf den ersten Blick scheint diese Herangehensweise sinnvoll: Das Ziel ist es, das Scheitern von Spielen zu vermeiden und durch zusätzliche Features, mehr Marketing und größere Produktionsbudgets den Erfolg zu sichern. Doch es liegt eine fatale Dynamik zugrunde. Um das Risiko für den einzelnen Entscheidungsträger zu minimieren – also das sogenannte operative Risiko, das sich auf Karriere und persönliche Verantwortung bezieht – werden die Projekte immer umfangreicher und komplexer. Multiplayer-Modi, zusätzliche Levels, aufwändige Grafiken und narrative Elemente werden hinzugefügt. Ebenso steigen die Marketinginvestitionen, um den Titel bestmöglich zu positionieren.

Dabei wird jedoch übersehen, dass mit jeder dieser Maßnahmen das finanzielle Risiko für das Unternehmen als Ganzes anwächst. Mehr Features bedeuten längere Entwicklungszeiten und höhere Kosten, zusätzliche Marketingaktionen verschlingen Budgets, die nur schwer wieder hereinzuholen sind, falls das Spiel nicht den erhofften Absatz generiert. So entsteht ein Spannungsfeld: Das individuelle Risiko (den eigenen Job zu verlieren) wird zwar kleiner, aber das Risiko, dass das Unternehmen insgesamt finanziell unter die Räder kommt, steigt dramatisch. Diese Umkehrung traditioneller Risikodynamiken widerspricht modernen, agilen Ansätzen wie Lean Startup, die gerade auf schnelles und iteratives Entwickeln mit möglichst wenig Kapital setzen. Skalierung und spätere Investitionen basieren dort auf tatsächlichem Erfolg und validiertem Feedback, nicht auf dem Versuch, mit maximalem Aufwand sofort einen Hit zu landen.

Im klassischen Modell der großen Publisher hingegen wird versucht, die Unsicherheit durch immer mehr Ressourcen und Planung zu eliminieren, was oft zu Überladung und Innovationshemmnissen führt. Ein weiteres Problem resultiert daraus, dass die finanziellen Verluste nicht nur Investoren treffen, sondern auch die Mitarbeiter, die an der Entwicklung beteiligt sind. Die Vernichtung von Kapital bedeutet Druck auf das ganze Unternehmen, das sich immer weniger leisten kann. Dies senkt den Spielraum für kreative Risiken und gefährdet letztlich die Qualität der Spiele. Ein „zu viele Köche verderben den Brei“-Effekt entsteht, wenn Designentscheidungen durch zahlreicher Stakeholder gelenkt und abgesichert werden müssen.

In der jüngeren Vergangenheit hat die Branche eine Gegenbewegung erfahren. Immer mehr Entwicklergruppen verlassen die großen Studios und gründen eigene Indie-Studios. Diese kleineren Teams profitieren oft von geringeren Fixkosten und einem direkteren Feedbackkontakt zu ihren Kunden. Allerdings besteht die Gefahr, dass sie die alten Denkweisen in Bezug auf Risiko und Investition übernehmen. Insbesondere wenn sie versuchen, alle potenziellen Risiken vom Projekt fernzuhalten, ohne die finanziellen Konsequenzen ausreichend zu beachten.

Die zentrale Erkenntnis aus dieser Entwicklung lautet deshalb: Jedes Mal, wenn du versuchst, das Risiko eines Scheiterns auf Projektebene oder für einzelne Führungskräfte zu reduzieren, verschiebst du die Art des Risikos hin zu einem größeren finanziellen Risiko für das Gesamtunternehmen. Risiko ist nicht einfach verschwunden, sondern wurde transformiert. Dies kann dazu führen, dass das Unternehmen weniger Versuche hat, um einen Blockbuster zu produzieren, und sich stattdessen in einer riskanten Konzentration auf wenige kapitalintensive Projekte verfängt. Für die Praxis bedeutet das, dass Teams und Führungskräfte in der Spielebranche ein neues Bewusstsein schaffen müssen. Wenn Entscheidungen etwa zu Verzögerungen getroffen werden, um das Produkt „perfekt“ zu machen, sollte bewusst sein, welche finanziellen Risiken damit verbunden sind.

Es reicht nicht aus, nur das eigene Verantwortungsrisiko abzusichern; es muss verstanden werden, welches Risiko für das Unternehmen insgesamt entsteht. Effektives Risikomanagement in der Spieleindustrie verlangt daher eine klare Unterscheidung und Balance zwischen operativem und finanziellem Risiko. Agile Methoden, iterative Entwicklung und das Testen mit realen Nutzern können helfen, den operativen Teil zu reduzieren, ohne das finanzielle Risiko explodieren zu lassen. Zugleich sollten Investoren und Entscheidungsträger ein Umfeld schaffen, in dem scheitern kein Tabu ist, sondern als notwendiger Teil des Lernprozesses gesehen wird. Nur so kann die kreative Energie in der Spielebranche erhalten werden, die für Innovation und langfristigen wirtschaftlichen Erfolg unerlässlich ist.

Die Erkenntnis, dass Risiko nicht verschwinden kann, sondern nur transformiert wird, ist nicht nur ein Grundprinzip der Physik, sondern auch eine fundamentale Geschäftswahrheit. Wer sie verinnerlicht, kann bessere Entscheidungen treffen, die nicht auf kurzfristige Sicherheit, sondern auf nachhaltiges Wachstum und Stabilität hinauslaufen. Die Zukunft der Spieleindustrie wird dadurch geprägt sein, wie gut Unternehmen und Teams in der Lage sind, Risiken differenziert zu managen. Große Publisher müssen ihre Prozesse hinterfragen und sich vom zwanghaften Absichern und Aufblasen von Projekten lösen. Indie-Studios sollten lernen, Risiken selbstbewusster und informierter einzugehen, ohne in alte Muster zu verfallen.

Nur wenn diese Balance gelingt, bleibt die Spielebranche lebendig, kreativ und wirtschaftlich stark – zum Wohl der Entwickler, der Spieler und aller Beteiligten.

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