Immer mehr Menschen in den USA, die auf der Suche nach bezahlbarer Krankenversicherung sind, geraten durch aggressive Telemarketing-Anrufe in eine Falle, die kaum einer vorhersehen würde. Hinter den schier unverkennbar günstigen Prämien verbergen sich sogenannte Schein-Arbeitsverträge, mit deren Hilfe Anbieter von sehr stark eingeschränkten Krankenversicherungsplänen bestehende Regulierungsvorschriften geschickt umgehen. Diese sogenannten Bare-Bones Health Plans versprechen niedrige Kosten, erfüllen jedoch in der Regel nicht die Mindestanforderungen, die für reguläre Krankenversicherungen gelten – ein Trend, der zunehmend für Ärger und Enttäuschung bei Verbrauchern sorgt. Die Täuschung ist perfide: Verbraucher schließen neben ihrer Gesundheitsversicherung gleichzeitig ein Pseudobeschäftigungsverhältnis ab, das meist darin besteht, eine App zu installieren, die angeblich Daten erhebt. Diese Pseudoarbeit soll die Teilnehmer zu Mitarbeiterähnlichen Personen machen, sodass die Anbieter dieser Pläne argumentieren können, dass es sich um arbeitgeberfinanzierte Versicherungen handelt, die nicht den strengen Regeln des Affordable Care Act unterliegen.
Das ist möglich, weil für arbeitgebergestützte Versicherungssysteme andere und meist weniger strenge Anforderungen gelten als für privat abgeschlossene Policen im regulierten Markt. Die Folgen für die Verbraucher sind dramatisch: Nach Zahlung hoher Jahresprämien erhalten sie oft kaum oder gar keine Leistungen, die Behandlungskosten werden nicht erstattet, und oft sind wichtige Gesundheitsleistungen wie Krankenhausaufenthalte, Notfallbehandlungen oder die Rezeptkosten von Medikamenten ausgeschlossen. Besonders erschütternd sind die Berichte von Menschen, die auf lebenswichtige Behandlungen verzichten mussten, weil ihre Versicherungen nicht gezahlt haben. Viele dieser Täuschungsversuche erwachsen aus Telemarketing-Zentren vor allem in Südflorida. Hier nutzen einige Callcenter aggressiv skrupellose Verkaufsmethoden.
Oft werden falsche Namen verwendet, es wird vorgegaukelt, dass die Pläne mit bekannten Versicherungen wie Blue Cross oder Aetna zusammenhängen, und Leistungszusagen werden gemacht, die am Ende nicht eingehalten werden. Die hohe Provision, die einzelne Verkaufsagenten für vertriebene Police erhalten, macht den Verkauf dieser Pläne für die Callcenter äußerst profitabel, obwohl die abgedeckte Versorgung minimal ist. Ein weiterer Faktor ist die kaum greifbare Struktur jener Unternehmen, die diese Pläne anbieten. Firmen wie Outreach Data Partners oder Socios Buenos bestehen häufig nur als Postfachadressen in eher unscheinbaren Gewerbegebäuden. Ihre Geschäftsmodelle basieren auf dem Datenerfassungsangebot, das über die installierten Apps generiert wird, nicht auf echten Gesundheitsleistungen.
Die eigentliche Krankenversicherungskasse wird von einem anderen Unternehmen in Puerto Rico betrieben, das diese Pläne verwaltet, aber seine direkten Verbindungen verschleiert. Regulatorisch befinden sich diese Konstrukte in einer Grauzone: Weder die Bundesstaaten noch die Bundesbehörden können effektiv eingreifen, weil die Anbieter argumentieren, der Plan sei als arbeitgebergestützt einzustufen und somit unterliege er Bundesgesetzen, nicht den staatlichen Aufsichtsbehörden, die sonst Versicherungen regulieren. Infolgedessen gelingt es den Anbietern, eine Aufsicht und Regulierung weitgehend zu umgehen. Verbraucher, die Beschwerden einreichen, stoßen auf Ablehnung, da die Verantwortung zwischen verschiedenen Behörden und Organisationen verschoben wird. Die Schädigung der Versicherten ist dabei immens: Sie verlieren ihre Ersparnisse, Vertragsbedingungen bleiben unklar, und die angebotenen Gesundheitsleistungen sind oft praktisch nicht existent.
Im Gegensatz zu regulären Obamacare-Plänen müssen diese Bare-Bones-Pläne keine Essenziellen Gesundheitsleistungen abdecken. Gerade für chronisch Kranke oder Familien sind die Konsequenzen verheerend, wenn Medikation oder stationäre Behandlungen nicht übernommen werden. Hinter dem Konzept steht ein ehemaliger Fernsehautor, der mit Hilfe von durchdachten rechtlichen Konstruktionen ein Geschäftsmodell aufgebaut hat, das vor allem auf die Deregulierung und Umgehung bestehender Krankenversicherungsregeln abzielt. Unterstützt wurde die Idee von einigen politischen Akteuren, die solch eine Deregulierung begrüßen, auch wenn sie damit Risiken für die Versicherten in Kauf nehmen. Die laufenden Rechtsstreitigkeiten und Auseinandersetzungen zwischen Branchenvertretern, Behörden und Gerichten könnten die Situation bald verschärfen oder entschärfen, je nach Urteil.
Sollte die Interpretation der Bundesrichter zu Gunsten der Anbieter ausfallen, wären weitere Millionen Amerikaner potentiell Zielgruppe dieser kostengünstigen, aber unzureichenden Krankenversicherungen. Zudem besteht die Gefahr, dass sogenannte „Death Spirals“ im Versicherungssystem beginnen könnten. Das bedeutet, dass vor allem gesunde Menschen in die vergünstigten Pläne abwandern, während Kranke auf teureren Standardplänen sitzenbleiben, was die Preise für sie in die Höhe treibt und das System destabilisiert. Die Geschichten von Betroffenen zeichnen ein warnendes Bild: Menschen, die sich zum Beispiel teure Operationen oder teils lebensnotwendige Spezialbehandlungen nicht leisten oder verweigert bekommen, weil die scheinbaren Versicherungen nicht zahlen. Viele bleiben auf hohen Rechnungen sitzen, oft mit Mehrkosten von mehreren tausend Dollar.
Die Verbraucher fühlen sich von den Anbietern, Vermittlern und vom System im Stich gelassen. Telemarketing-Techniken reichen von aggressivem Drängen über wiederholte Anrufe bis hin zu falschen Versprechen, welche die angeblichen Vorteile der Pläne übertreiben. Gleichzeitig verfügen Kunden oft über wenig Wissen oder werden unzureichend über die Bedingungen informiert. Selbst unterschriebene Dokumente bleiben für viele ein Buch mit sieben Siegeln, da sie vor dem Abschluss kaum gelesen oder verstanden werden. Die Vermarktung über Social Media und vermeintlich seriöse Plattformen sorgt für eine weitere Verbreitung des Problems.
Einige der Verkäufer nutzen gezielt Online-Kanäle, um Reichweite zu schaffen und einen seriösen Eindruck zu vermitteln, obwohl dahinter oft unseriöse Absichten stecken. Die Nachforschungen und Berichte von unabhängigen Medien und Verbraucherschützern verdeutlichen die Notwendigkeit eines stärkeren regulatorischen Eingreifens. Mehr Transparenz bei den Vertragsbedingungen, klare Information und eine strengere Kontrolle der Telemarketing-Aktivitäten sind dringend notwendig, um Verbraucherschutz zu gewährleisten. Ebenso müssen die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden, damit nicht über bürokratische Schlupflöcher so grundlegende Verbraucherrechte umgangen werden können. Nach Ansicht von Experten gefährdet das derzeitige System nicht nur Verbraucher, sondern auch das Vertrauen in den Versicherungsmarkt allgemein.
Gerade in Zeiten steigender Gesundheitskosten und komplexer finanzieller Herausforderungen ist es notwendig, versicherte Grundversorgung als verbindlich und sicherzustellen – Selbstschutzmechanismen gegen Täuschung und Betrug sind dabei unerlässlich. Bis regulatorische Maßnahmen greifen, sollten Verbraucher besonders vorsichtig sein, wenn sie per Telefon unerwartete Angebote erhalten, die Zu gut scheinen, um wahr zu sein. Allgemeine Empfehlungen sind, Vertragsbedingungen genau zu prüfen, auf offizielle Zertifikate oder Lizenzen zu achten und im Zweifelsfall professionellen Rat einzuholen. Gesundheit ist ein zu wichtiges Gut, um es durch trügerische Vertriebsmaschen aufs Spiel zu setzen. Die Fälle rund um Scheinjobs und Bare-Bones Health Plans zeigen exemplarisch, wie aktuelle Defizite im System Menschen in eine prekäre Lage bringen und wie wichtig der Schutz vor unseriösen Angeboten ist.
Ein Umdenken im Gesundheitsmarkt, auch auf politischer und gesetzlicher Ebene, ist dringend notwendig, um nachhaltige, faire und echte Versicherungsoptionen bezahlbar und zugänglich zu machen. Nur so kann das Vertrauen der Verbraucher wiederhergestellt und langfristig gesichert werden.