Die Entscheidung, wo ein Krypto-Fonds angesiedelt werden soll, ist sowohl aus rechtlicher als auch aus strategischer Sicht ein komplexes Thema. In Europa konkurrieren aktuell zwei Hauptstandorte miteinander: Die Europäische Union mit ihrer harmonisierten MiCA-Verordnung und Großbritannien, das trotz Brexit mit einem eigenen Regelwerk und einer flexiblen Innovationsstrategie punkten möchte. Fondsmanager und Akteure der Krypto-Industrie stehen vor der Herausforderung, zwischen diesen beiden unterschiedlichen Regulierungsmodellen den für ihr Geschäft passenden Standort auszuwählen. Das europäische Regulierungssystem zeichnet sich durch die Markets in Crypto-Assets-Verordnung (MiCA) aus, die für alle 27 EU-Mitgliedstaaten eine klare, einheitliche Rechtsgrundlage schafft. MiCA verschafft vor allem durch seine sogenannte Passporting-Funktion einen großen Vorteil: Ein lizenziertes Krypto-Unternehmen in einem EU-Mitgliedsstaat erhält das Recht, seine Dienstleistungen in der gesamten EU ohne zusätzliche Zulassungen anzubieten.
Dies ist ein starkes Argument für Fonds mit Plänen, in mehreren europäischen Märkten tätig zu sein, denn durch die Abschaffung der früher notwendigen Einzellizenzen entfällt ein erheblicher Verwaltungsaufwand, der bislang Zeit und Geld kosten konnte. Mit MiCA etabliert sich in Europa ein stabiler Rechtsrahmen, der Transparenz und Sicherheit garantiert. Für Investoren und institutionelle Akteure bietet dies zuverlässige Rahmenbedingungen und fördert somit die Akzeptanz von Krypto-Fonds als ernsthafte Anlagevehikel. Insbesondere Fondsmanager, die auf langfristige Planungssicherheit setzen und auf institutionelle Kunden abzielen, finden in der EU ein attraktives Umfeld vor. Mit Standorten wie Luxemburg, das seit Jahrzehnten als Fondszentrum bekannt und geschätzt wird, bietet die EU bereits bewährte Strukturen, die sich nun auch für Krypto-Fonds nutzen lassen.
Luxemburg kombiniert klare regulatorische Bedingungen mit einem unterstützenden Finanzmarktumfeld, was den Standort zusätzlich attraktiv macht. Demgegenüber präsentiert sich Großbritannien nach dem Austritt aus der EU ohne ein vergleichbares, umfassendes Regelwerk wie MiCA. Stattdessen verfolgt das Vereinigte Königreich einen flexiblen und pragmatischen Ansatz, der stark auf Innovation setzt. Das „Plan for Change“ der britischen Regierung signalisiert die Absicht, die Chancen der Krypto-Industrie auszuschöpfen, ohne die Innovationskraft durch übermäßige Regulierung zu hemmen. Statt eines einheitlichen Gesetzes entsteht ein regulärer Rahmen, der klare Regeln für Verbraucherschutz und Transparenz schaffen soll, gleichzeitig aber Spielraum für neue Produkte und Technologien lässt.
Eine Besonderheit im UK-Ansatz ist die geplante Einführung eines gemeinsamen internationalen Sandbox-Modells mit den USA. Dieses Konzept ermöglicht es Unternehmen, neue Krypto-Angebote in einem kontrollierten, regulatorisch abgestimmten Umfeld zu testen, bevor diese vollständig auf den Markt kommen. Für Pioniere und junge Unternehmen mit innovativen Ideen bietet sich somit ein dynamisches Umfeld, das rasche Entwicklungen und Anpassungen erlaubt. Gerade Start-ups und Fonds mit experimentellen Strategien könnten von diesen Gestaltungsmöglichkeiten profitieren. Die Entscheidung zwischen EU- und UK-Ansiedlung ist für Krypto-Fonds also nicht nur eine Rechtsfrage, sondern auch eine strategische Abwägung.
Fonds, die auf Expansion in mehreren EU-Ländern setzen und Wert auf Rechtssicherheit legen, finden in der EU mit MiCA eine hervorragende Ausgangsbasis. Die integrierte Lizensierung erleichtert den Markteintritt und die Skalierung erheblich und wirkt sich auch positiv auf die Kostenstruktur aus. Fonds mit einem klaren Fokus auf innovative Technologien, Dezentralisierung und neue Geschäftsmodelle sehen in Großbritannien einen Standort mit größerer Flexibilität. Die Möglichkeit, neue Ansätze in einem experimentellen Umfeld zu erproben, verbunden mit einer raschen Anpassung der Gesetzgebung, macht den UK-Markt für Innovationstreiber attraktiv. Wenn es der britischen Regierung gelingt, die Balance zwischen Verbraucherschutz und Innovation zu halten, könnte Großbritannien perspektivisch zu einem führenden Zentrum für dezentralisierte Finanzprodukte (DeFi) werden.
Neben den regulatorischen Aspekten spielt auch das wirtschaftliche Umfeld eine Rolle. Großbritannien strebt an, mit der Krypto-Industrie einen signifikanten Beitrag zur Wirtschaft zu leisten, was sich in milliardenschweren Förderungen und Initiativen niederschlägt. Die EU hingegen bietet durch das etablierte Finanzökosystem und die hohe Investorenbasis eine solide Grundlage für nachhaltiges Wachstum. Letztlich ist die Wahl des Fondsdomizils eine individuelle Entscheidung, die von den Zielen, der Risikobereitschaft und der Ausrichtung des jeweiligen Fonds abhängt. Eine repräsentative Alltagserfahrung zeigt, dass viele Unternehmen den Ansatz einer kombinierten Nutzung beider Jurisdiktionen verfolgen, um mehrere Vorteile parallel zu nutzen.
Die Zukunft der Krypto-Fonds-Ansiedlung wird sich vermutlich in einer gewissen Koexistenz von EU und UK zeigen, in der beide Märkte eigene Stärken ausspielen. Die EU punktet mit einer stabilen, einheitlichen Regulierung, die besonders für etablierte Fonds und institutionelle Investoren attraktiv ist. Großbritannien überzeugt mit Flexibilität und einem innovationsfreundlichen Klima, das gerade für neue Marktteilnehmer und technologische Vorreiter anziehend ist. Transparenz, Rechtssicherheit, Innovationsfähigkeit und internationale Anschlussfähigkeit sind die Eckpfeiler, auf denen sich die Krypto-Fondsbranche in Europa weiterentwickeln wird. Die Wahl zwischen EU und UK ist dabei ein entscheidender Schritt, der nicht nur den aktuellen Stand widerspiegelt, sondern auch den Weg der weiteren Entwicklung maßgeblich mitbestimmt.
Wer heute an der Spitze der digitalen Vermögensverwaltung stehen möchte, muss die Besonderheiten beider Jurisdiktionen genau kennen und strategisch nutzen. Abschließend zeigt sich, dass keine der beiden Regionen als alleiniger Gewinner aus der Standortentscheidung hervorgeht. Vielmehr ergänzen sich die EU und Großbritannien gegenseitig und gestalten zusammen die Zukunft der Krypto-Regulierung und -Innovation. Für Fondsmanager bietet diese Vielschichtigkeit nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen, die es zu erkennen und zu nutzen gilt.