In den Vereinigten Staaten haben Klimaklagen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, da Bürger, lokale Regierungen und Staaten versuchen, die Verantwortung für den Klimawandel einzuklagen und konkrete Maßnahmen zur Emissionsreduktion durchzusetzen. Diese Rechtsstreitigkeiten bringen vielversprechende Ansätze mit sich, um auf fossile Brennstoffindustrie und staatliche Institutionen Druck auszuüben. Gleichzeitig ist ihre Zukunft jedoch durch komplexe juristische Hürden und politische Gegenbewegungen unsicher. Die Grundlage vieler dieser Klagen beruht auf der Erkenntnis, dass fossile Brennstoffunternehmen und staatliche Akteure seit Jahrzehnten über die schädlichen Auswirkungen von Treibhausgasen Bescheid wissen. Interne Dokumente der Öl- und Gasindustrie belegen, dass diese Unternehmen bereits in den 1970er-Jahren vor den mit ihren Produkten verbundenen Klimarisiken gewarnt wurden.
Dennoch wurde diese Gefahr öffentlich systematisch verharmlost oder bestritten, um die lukrativen Geschäftsmodelle zu schützen. Dieser Umstand bildet eine wichtige Argumentationsbasis für verschiedene Verbraucher- und Umweltschutzklagen. Rechtlich gesehen bedienen sich Kläger in den USA unterschiedlichster Grundlagen, darunter Bundes- und Landesgesetze, die Verfassung sowie das sogenannte Gewohnheitsrecht (common law). Bekannt ist zum Beispiel der Clean Air Act, welcher in einer bahnbrechenden Entscheidung des Supreme Courts im Jahr 2007 erstmals Treibhausgase wie CO2 als Luftschadstoffe anerkannte. Dadurch wurde die Umweltbehörde EPA dazu verpflichtet, die gesundheitlichen Gefahren durch diese Emissionen zu untersuchen und darauf basierende Regulierungen einzuführen.
Die EPA erließ in Folge verbindliche Grenzwerte für Fahrzeugemissionen und neu gebaute Kraftwerke. Allerdings sind solche Regelungen nicht unumstritten. Von manchen Gerichten wurden Versuche abgelehnt, ältere, besonders schadstoffintensive Kraftwerke stärker zu regulieren, da die richterliche Auslegung diese Maßnahmen als zu weitgehend bewertete. Politische Instabilität verstärkt die Probleme: Während unter der Regierung Biden ambitionierte Umweltstandards verfolgt wurden, hat die vorherige Trump-Administration versucht, wichtige Schutzmaßnahmen zurückzunehmen und sogar die wissenschaftliche Grundlage der EPA-Regulierung infrage gestellt. Diese Schwankungen auf Ebene der Bundesregierung erschweren die dauerhafte Rechtsdurchsetzung.
Nicht nur auf Bundesebene, sondern auch auf staatlicher und kommunaler Ebene ist die Klimaklagenbewegung aktiv. Einige Klagen setzen verstärkt auf das Gewohnheitsrecht und argumentieren etwa mit dem Begriff der „öffentlichen Belästigung“ (public nuisance). So versuchten Bundesstaaten schon Anfang der 2000er-Jahre vor Gericht, große Energieproduzenten zur Reduzierung ihrer Emissionen zu zwingen. Diese Versuche wurden jedoch meistens von Richtern zurückgewiesen, da bereits bestehende Gesetze – wie der Clean Air Act – als ausschlaggebend eingestuft wurden und eine Doppelregulierung verhindern sollten. Angesichts solcher Rückschläge hat sich die Strategie vieler Klägergruppen gewandelt.
Ein Schwerpunkt liegt zunehmend auf Verbraucherschutzländern, in denen die Öl- und Gasindustrie wegen irreführender Werbung und bewusster Täuschung der Öffentlichkeit haftbar gemacht werden soll. Hierbei wird argumentiert, dass diese Unternehmen nicht nur die Öffentlichkeit über die Klimafolgen getäuscht, sondern auch ihre angeblichen Investitionen in saubere Energie übertrieben haben. Gerichte haben in solchen Fällen unterschiedlich entschieden: Während einige Klagen bereits abgewiesen wurden, laufen andere noch in den Instanzen und sorgen in der Öffentlichkeit für Aufmerksamkeit. Insbesondere das Bundesverfassungsgericht in Hawaii hat kürzlich klargestellt, dass Bundesgesetze nicht zwingend alle Ansprüche auf Basis von Landesrecht ausschließen und erlaubt, dass Klagen wegen Täuschung durch die fossile Industrie fortgesetzt werden können. Der Oberste Gerichtshof der USA hat diese Entscheidung im großen Stil bestätigt, sodass der Weg für weitere Klagen geöffnet bleibt.
Ein weiterer vielbeachteter Weg besteht darin, die Regierungen wegen ihrer unzureichenden Maßnahmen gegen den Klimawandel zur Verantwortung zu ziehen. Hierfür wurden unter anderem verfassungsrechtliche Klagen von jungen Menschen eingereicht, die argumentieren, die Behörden verletzten ihr Grundrecht auf eine lebensfähige Umwelt. Der bekannte Fall Juliana v. United States wurde jahrzehntelang vor Gericht disputiert und schließlich 2025 vom US Supreme Court als politische Frage abgelehnt, die der Gesetzgebung vorbehalten sei. Dennoch konnten vergleichbare Klagen etwa vor dem Obersten Gerichtshof von Montana punkten.
Dort erkannte das Gericht 2024 an, dass der Bundesstaat gemäß seiner Verfassung verpflichtet sei, einen stabilen und gesunden Klimazustand für kommende Generationen sicherzustellen. Die vielfältigen Ansätze und unterschiedlichen Gerichtsurteile verdeutlichen die widersprüchliche Entwicklung der Klimaklagen in den USA. Sie zeigen zum einen, wie Gerichte Grenzen und Möglichkeiten ausloten, wenn es um Klima- und Umweltschutz durch das Recht geht. Zum anderen reflektieren sie die politischen Spannungen zwischen Umweltschutzambitionen und wirtschaftlichen Interessen im Energiesektor. Trotz dieser Unsicherheiten haben Klimaklagen eine wichtige gesellschaftliche Funktion.
Sie bringen den Klimawandel als Rechtsproblem auf die Tagesordnung, erhöhen den Druck auf Konzerne und Regierungen und fördern Transparenz über die bisherige Täuschungsstrategie der fossilen Industrie. Für die Öffentlichkeit gelten sie als Ausdruck eines wachsenden Bewusstseins und einer Bereitschaft, nicht nur auf politische Entscheidungen zu warten, sondern auch Rechtswege zu beschreiten. Gleichzeitig sind die Prozesse oft jahrelang kompliziert und teuer. Der Ausgang bleibt ungewiss, da viele Klagen von der Justiz mit unterschiedlichen Begründungen abgewiesen oder eingeschränkt werden. Die Hoffnung ruht daher auf einer Kombination aus gerichtlichem Druck, politischen Reformen und gesellschaftlichem Engagement, die zusammen den Wandel hin zu einer kohlenstoffarmen Zukunft beschleunigen können.
Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass die Klimaklagen in den USA zwar erhebliche Herausforderungen gegenüberstehen, aber weiterhin wichtige Impulse für den Kampf gegen den Klimawandel setzen. Ihr Erfolg hängt davon ab, wie Gerichte die Balance zwischen bestehenden gesetzlichen Regelungen und neuen Umweltbedürfnissen finden und inwieweit Regierungen und Industrie auf das steigende gesellschaftliche Verlangen nach Klimaschutz reagieren. Das Thema Klimaklagen ist komplex, vielschichtig und bewegt sich an der Schnittstelle von Recht, Politik und Umweltwissenschaft. Für all jene, die sich für die Zukunft unseres Planeten interessieren, bleibt die Entwicklung dieser Gerichtsverfahren ein spannendes Feld mit großer Relevanz – nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern weltweit.